Buri, Maximilian von: Ueber Causalität und deren Verantwortung. Leipzig, 1873.der Nothstand ist, dafür wird der geeignete Maßstab, unter Eine principielle Verschiedenheit besteht sodann auch der Nothſtand iſt, dafür wird der geeignete Maßſtab, unter Eine principielle Verſchiedenheit beſteht ſodann auch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0093" n="89"/> der Nothſtand iſt, dafür wird der geeignete Maßſtab, unter<lb/> Berückſichtigung der Jndividualität, nur in der Feſtſtellung<lb/> gefunden werden können, wie andere ſtandhafte Menſchen<lb/> unter gleichen Verhältniſſen gehandelt haben würden. — Daß<lb/> ferner 2) wenn auch bei Gefährdung des Lebens jede zur<lb/> Abwendung der Gefahr erforderliche Handlung ſtraflos vor-<lb/> genommen werden darf, es hingegen bei Gefährdung des<lb/> Leibes eine, freilich nicht beſtimmt ausgeſprochene, geſetzliche<lb/> Vorausſetzung iſt (ſ. Motive), daß eine gewiſſe Gleichmäßigkeit<lb/> zwiſchen dem drohenden Uebel und demjenigen, welches einem<lb/> unſchuldigen Dritten zugefügt werden ſoll, beſtehen muß. Un-<lb/> richtig aber erſcheint es, daß das Geſetz bei der Gefahr für den<lb/> Leib eine ſehr erhebliche ſolche Gefahr im Auge habe, eine<lb/> geringere Gefahr mithin überhaupt nicht zu einem Eingriff in<lb/> fremde Rechtskreiſe — etwa zur Zerſtörung einer fremden Sache<lb/> von unbedeutendem Werthe — berechtigen könne. Auch hier<lb/> muß die Regel des Lebens von entſcheidendem Einfluß ſein<lb/> Daß endlich 3) der Eingriff in fremde Rechtskreiſe ſtraflos<lb/> nur geſtattet iſt, wenn Gefahr für Leib oder Leben bevor-<lb/> ſteht. Läßt man aber einmal zu, daß im Falle der Colliſion<lb/> von Rechten, das geringere Recht ſtraflos verletzt werden<lb/> dürfe, ſo iſt nicht einzuſehen, warum dieſer Satz, etwa im<lb/> Falle der Colliſion des Rechts auf Ehre mit Vermögens-<lb/> rechten, oder von Vermögensrechten unter ſich, keine An-<lb/> wendung finden ſoll. Will man etwa Denjenigen für ſtrafbar<lb/> finden, welcher, um eine Million zu retten, einen fremden<lb/> Gartenzaun eingerannt hat? Auch hier aber könnte über<lb/> das Maß einer ſolchen Berechtigung nur die Regel des<lb/> Lebens entſcheiden.</p><lb/> <p>Eine principielle Verſchiedenheit beſteht ſodann auch<lb/> nicht zwiſchen §§. 52, 54 und §. 53. Man ſagt zwar 1) die<lb/> Ausübung der durch §§. 52, 54 eingeräumten Befugniſſe<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [89/0093]
der Nothſtand iſt, dafür wird der geeignete Maßſtab, unter
Berückſichtigung der Jndividualität, nur in der Feſtſtellung
gefunden werden können, wie andere ſtandhafte Menſchen
unter gleichen Verhältniſſen gehandelt haben würden. — Daß
ferner 2) wenn auch bei Gefährdung des Lebens jede zur
Abwendung der Gefahr erforderliche Handlung ſtraflos vor-
genommen werden darf, es hingegen bei Gefährdung des
Leibes eine, freilich nicht beſtimmt ausgeſprochene, geſetzliche
Vorausſetzung iſt (ſ. Motive), daß eine gewiſſe Gleichmäßigkeit
zwiſchen dem drohenden Uebel und demjenigen, welches einem
unſchuldigen Dritten zugefügt werden ſoll, beſtehen muß. Un-
richtig aber erſcheint es, daß das Geſetz bei der Gefahr für den
Leib eine ſehr erhebliche ſolche Gefahr im Auge habe, eine
geringere Gefahr mithin überhaupt nicht zu einem Eingriff in
fremde Rechtskreiſe — etwa zur Zerſtörung einer fremden Sache
von unbedeutendem Werthe — berechtigen könne. Auch hier
muß die Regel des Lebens von entſcheidendem Einfluß ſein
Daß endlich 3) der Eingriff in fremde Rechtskreiſe ſtraflos
nur geſtattet iſt, wenn Gefahr für Leib oder Leben bevor-
ſteht. Läßt man aber einmal zu, daß im Falle der Colliſion
von Rechten, das geringere Recht ſtraflos verletzt werden
dürfe, ſo iſt nicht einzuſehen, warum dieſer Satz, etwa im
Falle der Colliſion des Rechts auf Ehre mit Vermögens-
rechten, oder von Vermögensrechten unter ſich, keine An-
wendung finden ſoll. Will man etwa Denjenigen für ſtrafbar
finden, welcher, um eine Million zu retten, einen fremden
Gartenzaun eingerannt hat? Auch hier aber könnte über
das Maß einer ſolchen Berechtigung nur die Regel des
Lebens entſcheiden.
Eine principielle Verſchiedenheit beſteht ſodann auch
nicht zwiſchen §§. 52, 54 und §. 53. Man ſagt zwar 1) die
Ausübung der durch §§. 52, 54 eingeräumten Befugniſſe
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