Burk, Johann Albrecht: Gebet- und Lieder-Buch zum Privat-Gebrauch für Kinder und für junge Christen reiferen Alters. Tübingen, 1775.Eltern und Lehrer. Kind Mühe anwenden muß, die Worte in derrechten Ordnung herzusagen, und wo es fehlen sollte, Verweis oder Schläge zu fürchten hat, gerade alsdenn wird es am wenigsten im Stan- de seyn, das Herz zu GOtt zu erheben und mit Andacht zu ihm zu beten. -- Freilich müssen die Kinder auch dazu angehalten wer- den, daß sie bald einige Kinder-Gebete aus- wendig lernen; aber das muß mit gehöriger Vorsichtigkeit geschehen. Einem Kind, das noch nicht fertig lesen kann, müssen die Gebets- Formeln durch öfteres, deutliches und richtig abgesetztes Vorsagen ins Gedächtniß gebracht werden: und ein Kind, das nicht so viel Fä- higkeit hat, ein Gebet schnell zu fassen, lasset lieber so lange aus dem Buch selbsten beten, bis es einige Gebete auswendig kann, als daß Ihr es zum Auswendig-Lernen der Gebete nöthigen solltet. Dörfen die Erwachsene das Gebetbuch vor sich nehmen, -- warum denn nicht auch Kinder? Nicht zu gedenken, daß das eigene Lesen die Verständlichkeit sehr fördert. Der dritte Misbrauch wäre dieser, den a 4
Eltern und Lehrer. Kind Muͤhe anwenden muß, die Worte in derrechten Ordnung herzuſagen, und wo es fehlen ſollte, Verweis oder Schlaͤge zu fuͤrchten hat, gerade alsdenn wird es am wenigſten im Stan- de ſeyn, das Herz zu GOtt zu erheben und mit Andacht zu ihm zu beten. — Freilich muͤſſen die Kinder auch dazu angehalten wer- den, daß ſie bald einige Kinder-Gebete aus- wendig lernen; aber das muß mit gehoͤriger Vorſichtigkeit geſchehen. Einem Kind, das noch nicht fertig leſen kann, muͤſſen die Gebets- Formeln durch oͤfteres, deutliches und richtig abgeſetztes Vorſagen ins Gedaͤchtniß gebracht werden: und ein Kind, das nicht ſo viel Faͤ- higkeit hat, ein Gebet ſchnell zu faſſen, laſſet lieber ſo lange aus dem Buch ſelbſten beten, bis es einige Gebete auswendig kann, als daß Ihr es zum Auswendig-Lernen der Gebete noͤthigen ſolltet. Doͤrfen die Erwachſene das Gebetbuch vor ſich nehmen, — warum denn nicht auch Kinder? Nicht zu gedenken, daß das eigene Leſen die Verſtaͤndlichkeit ſehr foͤrdert. Der dritte Misbrauch waͤre dieſer, den a 4
<TEI> <text> <front> <div n="1"> <p><pb facs="#f0011" n="VII"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">Eltern und Lehrer.</hi></fw><lb/> Kind Muͤhe anwenden muß, die Worte in der<lb/> rechten Ordnung herzuſagen, und wo es fehlen<lb/> ſollte, Verweis oder Schlaͤge zu fuͤrchten hat,<lb/> gerade alsdenn wird es am wenigſten im Stan-<lb/> de ſeyn, das Herz zu GOtt zu erheben und<lb/> mit Andacht zu ihm zu beten. — Freilich<lb/> muͤſſen die Kinder auch dazu angehalten wer-<lb/> den, daß ſie bald einige Kinder-Gebete aus-<lb/> wendig lernen; aber das muß mit gehoͤriger<lb/> Vorſichtigkeit geſchehen. Einem Kind, das<lb/> noch nicht fertig leſen kann, muͤſſen die Gebets-<lb/> Formeln durch oͤfteres, deutliches und richtig<lb/> abgeſetztes Vorſagen ins Gedaͤchtniß gebracht<lb/> werden: und ein Kind, das nicht ſo viel Faͤ-<lb/> higkeit hat, ein Gebet ſchnell zu faſſen, laſſet<lb/> lieber ſo lange aus dem Buch ſelbſten beten,<lb/> bis es einige Gebete auswendig kann, als daß<lb/> Ihr es zum Auswendig-Lernen <hi rendition="#fr">der Gebete</hi><lb/> noͤthigen ſolltet. Doͤrfen die Erwachſene das<lb/> Gebetbuch vor ſich nehmen, — warum denn<lb/> nicht auch Kinder? Nicht zu gedenken, daß<lb/> das <hi rendition="#fr">eigene Leſen</hi> die Verſtaͤndlichkeit ſehr<lb/> foͤrdert.</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Der dritte Misbrauch</hi> waͤre dieſer,<lb/> wenn Ihr den Kindern diß Buch in die Haͤnde<lb/> geben und es voͤllig ihrem Gutbefinden uͤber-<lb/> laſſen wolltet, was fuͤr Gebete ſie auswendig<lb/> lernen moͤgen: es iſt zu vermuthen, ſie wuͤr-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">a 4</fw><fw place="bottom" type="catch">den</fw><lb/><note>ſahe, wie ſchwer es haͤlt, eingewurzelte boͤſe<lb/> Gewohnheiten auszurotten, ſo habe ich mich<lb/> bemuͤhet, meine Meynung hier noch deut-<lb/> licher als zuvor zu eroͤfnen.</note><lb/></p> </div> </front> </text> </TEI> [VII/0011]
Eltern und Lehrer.
Kind Muͤhe anwenden muß, die Worte in der
rechten Ordnung herzuſagen, und wo es fehlen
ſollte, Verweis oder Schlaͤge zu fuͤrchten hat,
gerade alsdenn wird es am wenigſten im Stan-
de ſeyn, das Herz zu GOtt zu erheben und
mit Andacht zu ihm zu beten. — Freilich
muͤſſen die Kinder auch dazu angehalten wer-
den, daß ſie bald einige Kinder-Gebete aus-
wendig lernen; aber das muß mit gehoͤriger
Vorſichtigkeit geſchehen. Einem Kind, das
noch nicht fertig leſen kann, muͤſſen die Gebets-
Formeln durch oͤfteres, deutliches und richtig
abgeſetztes Vorſagen ins Gedaͤchtniß gebracht
werden: und ein Kind, das nicht ſo viel Faͤ-
higkeit hat, ein Gebet ſchnell zu faſſen, laſſet
lieber ſo lange aus dem Buch ſelbſten beten,
bis es einige Gebete auswendig kann, als daß
Ihr es zum Auswendig-Lernen der Gebete
noͤthigen ſolltet. Doͤrfen die Erwachſene das
Gebetbuch vor ſich nehmen, — warum denn
nicht auch Kinder? Nicht zu gedenken, daß
das eigene Leſen die Verſtaͤndlichkeit ſehr
foͤrdert.
Der dritte Misbrauch waͤre dieſer,
wenn Ihr den Kindern diß Buch in die Haͤnde
geben und es voͤllig ihrem Gutbefinden uͤber-
laſſen wolltet, was fuͤr Gebete ſie auswendig
lernen moͤgen: es iſt zu vermuthen, ſie wuͤr-
den
ſahe, wie ſchwer es haͤlt, eingewurzelte boͤſe
Gewohnheiten auszurotten, ſo habe ich mich
bemuͤhet, meine Meynung hier noch deut-
licher als zuvor zu eroͤfnen.
a 4
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Matthias Boenig, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Li Xang: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
(2023-05-24T12:24:22Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |