Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Butschky, Samuel von: Die Hochdeutsche Kantzeley. Breslau u. a., [1652].

Bild:
<< vorherige Seite

Trostschreiben/ wegen seines Sohnes Tod.
nerkeil/ zu unserem endlichen Untergange/
zubefödern: Denn/ wie Er gerecht; also
beschieet auch nichts ohne habende Ursache:
Sich aber über solche grundmäßige Ursa-
then zubeklagen/ giebet Zeugnüs/ daß wier
der Vernunft ermangeln. Wessen sollen
wier sich aber entschlüssen? Die Geduld
zuerfassen ist zwar das allerhöchste und be-
wehrteste Mittel; aber auch das aller-
schmertzhafteste/ zu unseren Wunden: den
empfundenen Schmertzen durch Weinen
zu ersättigen/ gebühret zwar unserem Un-
muhte etwas Trost; allein dieses ist auch
ein Mittel/ andere dadurch zuerregen. Auf
welchen Ohrt und Seiten/ kan/ und sol
mau sich aber lenken? Jch/ meines teils/
achte darvor/ daß/ wann wier die Bitter-
keit unseres Gemühtes/ und Hertzen/ durch
die Wasserleitung unserer Augen/ ausle-
[r]en/ und durch heftige Klagen/ unseren Un-
muht zerstören/ sey das beste und bewehrte-
ste Mittel und Artzney: iedoch in gewisser
Hofnung/ es werde letzlich die Zeit/ die gan-
tze Heilung volständig zu machen/ ihre be-
hülfliche Hand darzu mit anlegen/ und sich
gebrauchen lassen. Und dieses geschiehet
zwar/ mein liebster Herr/ nicht seine Zäh-
ren/ und aufsteigende Seuftzer zubestärken:
Sie werden zwar zuentschuldigen/ und Jh-
me zu Trost/ (wofern solche behörlicher/
und gebührlicher massen/ hierinnen keinen

uber-

Troſtſchreiben/ wegen ſeines Sohnes Tod.
nerkeil/ zu unſerem endlichen Untergange/
zubefoͤdern: Denn/ wie Er gerecht; alſo
beſchieet auch nichts ohne habende Urſache:
Sich aber uͤber ſolche grundmaͤßige Urſa-
then zubeklagen/ giebet Zeugnuͤs/ daß wier
der Vernunft ermangeln. Weſſen ſollen
wier ſich aber entſchluͤſſen? Die Geduld
zuerfaſſen iſt zwar das allerhoͤchſte und be-
wehrteſte Mittel; aber auch das aller-
ſchmertzhafteſte/ zu unſeren Wunden: den
empfundenen Schmertzen durch Weinen
zu erſaͤttigen/ gebuͤhret zwar unſerem Un-
muhte etwas Troſt; allein dieſes iſt auch
ein Mittel/ andere dadurch zuerrégen. Auf
welchen Ohrt und Seiten/ kan/ und ſol
mau ſich aber lenken? Jch/ meines teils/
achte darvor/ daß/ wann wier die Bitter-
keit unſeres Gemuͤhtes/ und Hertzen/ durch
die Waſſerleitung unſerer Augen/ auslé-
[r]en/ und durch heftige Klágen/ unſeren Un-
muht zerſtoͤren/ ſey das beſte und bewehrte-
ſte Mittel und Artzney: iedoch in gewiſſer
Hofnung/ es werde letzlich die Zeit/ die gan-
tze Heilung volſtaͤndig zu machen/ ihre be-
huͤlfliche Hand darzu mit anlégen/ und ſich
gebrauchen laſſen. Und dieſes geſchiehet
zwar/ mein liebſter Herr/ nicht ſeine Zaͤh-
ren/ und aufſteigende Seuftzer zubeſtaͤrken:
Sie werden zwar zuentſchuldigen/ und Jh-
me zu Troſt/ (wofern ſolche behoͤrlicher/
und gebuͤhrlicher maſſen/ hierinnen keinen

ůber-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0106" n="104"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Tro&#x017F;t&#x017F;chreiben/ wegen &#x017F;eines Sohnes Tod.</hi></fw><lb/>
nerkeil/ zu un&#x017F;erem endlichen Untergange/<lb/>
zubefo&#x0364;dern: Denn/ wie Er gerecht; al&#x017F;o<lb/>
be&#x017F;chieet auch nichts ohne habende Ur&#x017F;ache:<lb/>
Sich aber u&#x0364;ber &#x017F;olche grundma&#x0364;ßige Ur&#x017F;a-<lb/>
then zubeklagen/ giebet Zeugnu&#x0364;s/ daß wier<lb/>
der Vernunft ermangeln. We&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ollen<lb/>
wier &#x017F;ich aber ent&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en? Die Geduld<lb/>
zuerfa&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t zwar das allerho&#x0364;ch&#x017F;te und be-<lb/>
wehrte&#x017F;te Mittel; aber auch das aller-<lb/>
&#x017F;chmertzhafte&#x017F;te/ zu un&#x017F;eren Wunden: den<lb/>
empfundenen Schmertzen durch Weinen<lb/>
zu er&#x017F;a&#x0364;ttigen/ gebu&#x0364;hret zwar un&#x017F;erem Un-<lb/>
muhte etwas Tro&#x017F;t; allein die&#x017F;es i&#x017F;t auch<lb/>
ein Mittel/ andere dadurch zuerr<hi rendition="#aq">é</hi>gen. Auf<lb/>
welchen Ohrt und Seiten/ kan/ und &#x017F;ol<lb/>
mau &#x017F;ich aber lenken? Jch/ meines teils/<lb/>
achte darvor/ daß/ wann wier die Bitter-<lb/>
keit un&#x017F;eres Gemu&#x0364;htes/ und Hertzen/ durch<lb/>
die Wa&#x017F;&#x017F;erleitung un&#x017F;erer Augen/ ausl<hi rendition="#aq">é</hi>-<lb/><supplied>r</supplied>en/ und durch heftige Kl<hi rendition="#aq">á</hi>gen/ un&#x017F;eren Un-<lb/>
muht zer&#x017F;to&#x0364;ren/ &#x017F;ey das be&#x017F;te und bewehrte-<lb/>
&#x017F;te Mittel und Artzney: iedoch in gewi&#x017F;&#x017F;er<lb/>
Hofnung/ es werde letzlich die Zeit/ die gan-<lb/>
tze Heilung vol&#x017F;ta&#x0364;ndig zu machen/ ihre be-<lb/>
hu&#x0364;lfliche Hand darzu mit anl<hi rendition="#aq">é</hi>gen/ und &#x017F;ich<lb/>
gebrauchen la&#x017F;&#x017F;en. Und die&#x017F;es ge&#x017F;chiehet<lb/>
zwar/ mein lieb&#x017F;ter Herr/ nicht &#x017F;eine Za&#x0364;h-<lb/>
ren/ und auf&#x017F;teigende Seuftzer zube&#x017F;ta&#x0364;rken:<lb/>
Sie werden zwar zuent&#x017F;chuldigen/ und Jh-<lb/>
me zu Tro&#x017F;t/ (wofern &#x017F;olche beho&#x0364;rlicher/<lb/>
und gebu&#x0364;hrlicher ma&#x017F;&#x017F;en/ hierinnen keinen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x016F;ber-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[104/0106] Troſtſchreiben/ wegen ſeines Sohnes Tod. nerkeil/ zu unſerem endlichen Untergange/ zubefoͤdern: Denn/ wie Er gerecht; alſo beſchieet auch nichts ohne habende Urſache: Sich aber uͤber ſolche grundmaͤßige Urſa- then zubeklagen/ giebet Zeugnuͤs/ daß wier der Vernunft ermangeln. Weſſen ſollen wier ſich aber entſchluͤſſen? Die Geduld zuerfaſſen iſt zwar das allerhoͤchſte und be- wehrteſte Mittel; aber auch das aller- ſchmertzhafteſte/ zu unſeren Wunden: den empfundenen Schmertzen durch Weinen zu erſaͤttigen/ gebuͤhret zwar unſerem Un- muhte etwas Troſt; allein dieſes iſt auch ein Mittel/ andere dadurch zuerrégen. Auf welchen Ohrt und Seiten/ kan/ und ſol mau ſich aber lenken? Jch/ meines teils/ achte darvor/ daß/ wann wier die Bitter- keit unſeres Gemuͤhtes/ und Hertzen/ durch die Waſſerleitung unſerer Augen/ auslé- ren/ und durch heftige Klágen/ unſeren Un- muht zerſtoͤren/ ſey das beſte und bewehrte- ſte Mittel und Artzney: iedoch in gewiſſer Hofnung/ es werde letzlich die Zeit/ die gan- tze Heilung volſtaͤndig zu machen/ ihre be- huͤlfliche Hand darzu mit anlégen/ und ſich gebrauchen laſſen. Und dieſes geſchiehet zwar/ mein liebſter Herr/ nicht ſeine Zaͤh- ren/ und aufſteigende Seuftzer zubeſtaͤrken: Sie werden zwar zuentſchuldigen/ und Jh- me zu Troſt/ (wofern ſolche behoͤrlicher/ und gebuͤhrlicher maſſen/ hierinnen keinen ůber-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/butschky_kantzeley_1649
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/butschky_kantzeley_1649/106
Zitationshilfe: Butschky, Samuel von: Die Hochdeutsche Kantzeley. Breslau u. a., [1652], S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/butschky_kantzeley_1649/106>, abgerufen am 21.11.2024.