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[Calvi, François de]: Beutelschneider, oder newe warhaffte vnd eigentliche Beschreibung der Diebs Historien. [Bd. 1]. Frankfurt (Main), 1627.

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Diebs Historien/ das I, Buch
gener Kopff/ wie er/ ware keinem Menschen je-
mals vorkommen: heut hatte er fünfftzig Kronen/
morgen hat er gar nichts.

Vnd das allerwunderlichste an jhm/ war die-
ses/ daß er sich so gleißnerisch kondte stellen/ daß
man jn für den allerheiligsten Menschen der Welt
hette versehen: Dann er gieng fleissig vmb mit
den Geistlichen/ allzeit stellet er sich/ als wann er
heimlich bey sich selber betete/ vnnd da war kein
Kirch/ die er nicht besuchte: Vnd daß ich euch sa-
ge/ was er für eine Andacht in seinem Gebet ge-
habt habe/ so kan ich euch dessen wol versichern/
daß sie in grund vnd boden nichts döchte/ dann er
gedachte an nichts anders/ als wie er den allerer-
sten/ der jm an einer Gassenecken möchte auffstos-
sen/ bestelen vnd berauben köndte.

Bißweiln kamen die jenige/ welchen er schul-
dig ware/ begerten jhr Gelt/ vnnd setzten jhm hart
zu/ aber er schickete sie wider mit einer solchen vn-
verschämpten Manier nach Hauß/ daß sie zum
zweytenmal nicht wider dorfften kommen: Was
vexiret jhr mich viel sagt er/ vmb ewer Gelt: Mein
Gelt ist noch nicht kommen/ oder muß mir auff
der Kurschen gestohlen seyn worden: Habt jhr
sorge ich werde euch entlauffen/ oder darvon zie-
hen vnd nicht bezahlen: Begehret jhr es/ ich wil
euch für tausent Kronen Pfand geben.

Also narret vnd betroge er jederman mit seinen
Worten/ also daß er den Teuffel allzeit mit dem
Schwantz zoge/ vnd lebete zu Hoff/ wie ein grosser
Herr: Allenthalben machte er Kundtschafft mit

jeni-
K

Diebs Hiſtorien/ das I, Buch
gener Kopff/ wie er/ ware keinem Menſchen je-
mals vorkommen: heut hatte er fuͤnfftzig Kronen/
morgen hat er gar nichts.

Vnd das allerwunderlichſte an jhm/ war die-
ſes/ daß er ſich ſo gleißneriſch kondte ſtellen/ daß
man jn fuͤr den alleꝛheiligſten Menſchen der Welt
hette verſehen: Dann er gieng fleiſſig vmb mit
den Geiſtlichen/ allzeit ſtellet er ſich/ als wann er
heimlich bey ſich ſelber betete/ vnnd da war kein
Kirch/ die er nicht beſuchte: Vnd daß ich euch ſa-
ge/ was er fuͤr eine Andacht in ſeinem Gebet ge-
habt habe/ ſo kan ich euch deſſen wol verſichern/
daß ſie in grund vnd boden nichts doͤchte/ dann er
gedachte an nichts anders/ als wie er den allerer-
ſten/ der jm an einer Gaſſenecken moͤchte auffſtoſ-
ſen/ beſtelen vnd berauben koͤndte.

Bißweiln kamen die jenige/ welchen er ſchul-
dig ware/ begerten jhr Gelt/ vnnd ſetzten jhm hart
zu/ aber er ſchickete ſie wider mit einer ſolchen vn-
verſchaͤmpten Manier nach Hauß/ daß ſie zum
zweytenmal nicht wider dorfften kommen: Was
vexiret jhr mich viel ſagt er/ vmb ewer Gelt: Mein
Gelt iſt noch nicht kommen/ oder muß mir auff
der Kurſchen geſtohlen ſeyn worden: Habt jhr
ſorge ich werde euch entlauffen/ oder darvon zie-
hen vnd nicht bezahlen: Begehret jhr es/ ich wil
euch fuͤr tauſent Kronen Pfand geben.

Alſo narꝛet vnd betroge er jederman mit ſeinē
Worten/ alſo daß er den Teuffel allzeit mit dem
Schwantz zoge/ vnd lebete zu Hoff/ wie ein groſſer
Herꝛ: Allenthalben machte er Kundtſchafft mit

jeni-
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[137/0149] Diebs Hiſtorien/ das I, Buch gener Kopff/ wie er/ ware keinem Menſchen je- mals vorkommen: heut hatte er fuͤnfftzig Kronen/ morgen hat er gar nichts. Vnd das allerwunderlichſte an jhm/ war die- ſes/ daß er ſich ſo gleißneriſch kondte ſtellen/ daß man jn fuͤr den alleꝛheiligſten Menſchen der Welt hette verſehen: Dann er gieng fleiſſig vmb mit den Geiſtlichen/ allzeit ſtellet er ſich/ als wann er heimlich bey ſich ſelber betete/ vnnd da war kein Kirch/ die er nicht beſuchte: Vnd daß ich euch ſa- ge/ was er fuͤr eine Andacht in ſeinem Gebet ge- habt habe/ ſo kan ich euch deſſen wol verſichern/ daß ſie in grund vnd boden nichts doͤchte/ dann er gedachte an nichts anders/ als wie er den allerer- ſten/ der jm an einer Gaſſenecken moͤchte auffſtoſ- ſen/ beſtelen vnd berauben koͤndte. Bißweiln kamen die jenige/ welchen er ſchul- dig ware/ begerten jhr Gelt/ vnnd ſetzten jhm hart zu/ aber er ſchickete ſie wider mit einer ſolchen vn- verſchaͤmpten Manier nach Hauß/ daß ſie zum zweytenmal nicht wider dorfften kommen: Was vexiret jhr mich viel ſagt er/ vmb ewer Gelt: Mein Gelt iſt noch nicht kommen/ oder muß mir auff der Kurſchen geſtohlen ſeyn worden: Habt jhr ſorge ich werde euch entlauffen/ oder darvon zie- hen vnd nicht bezahlen: Begehret jhr es/ ich wil euch fuͤr tauſent Kronen Pfand geben. Alſo narꝛet vnd betroge er jederman mit ſeinē Worten/ alſo daß er den Teuffel allzeit mit dem Schwantz zoge/ vnd lebete zu Hoff/ wie ein groſſer Herꝛ: Allenthalben machte er Kundtſchafft mit jeni- K

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Zitationshilfe: [Calvi, François de]: Beutelschneider, oder newe warhaffte vnd eigentliche Beschreibung der Diebs Historien. [Bd. 1]. Frankfurt (Main), 1627, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/calvi_beutelschneider01_1627/149>, abgerufen am 23.05.2024.