[Calvi, François de]: Beutelschneider, oder newe warhaffte vnd eigentliche Beschreibung der Diebs Historien. [Bd. 1]. Frankfurt (Main), 1627.Diebs Historien/ das I. Buch. verlohre er allgemach die Lieb vnnd Zuneigung/welche er zu dem guten vnd zu der Tugendt hatte/ vnd ergabe sich allen Sünden vnd Lastern: Alles/ was jm seine Eltern für seine Kost vnnd Noth- durfft schicketen/ wurde so bald in zween oder drey Tagen verthan vnd vernaschet/ vnd darnach mu- ste er sich der höfflichkeit gebrauchen/ das ist/ er muste stelen: Dann das ist ein sonderlich Art ei- ner höfflichkeit/ daß einer dem andern den Hut abthut vnd abzeucht: Vnd kan man das wol sa- gen/ daß das die Beutelschneider vnd jre Spieß- gesellen sey die allerhöfflichste Leut auff der Welt/ dann sie thun nicht allein einer dem andern den Hut ab/ sondern auch zugleich den Mantel. Solches Handwerck triebe Postel ein Zeit- Der allererste/ welcher durch diesen newen an- tragen/ P iij
Diebs Hiſtorien/ das I. Buch. verlohre er allgemach die Lieb vnnd Zuneigung/welche er zu dem guten vnd zu der Tugendt hatte/ vnd ergabe ſich allen Suͤnden vnd Laſtern: Alles/ was jm ſeine Eltern fuͤr ſeine Koſt vnnd Noth- durfft ſchicketen/ wurde ſo bald in zween oder drey Tagen verthan vnd vernaſchet/ vnd darnach mu- ſte er ſich der hoͤfflichkeit gebrauchen/ das iſt/ er muſte ſtelen: Dann das iſt ein ſonderlich Art ei- ner hoͤfflichkeit/ daß einer dem andern den Hut abthut vnd abzeucht: Vnd kan man das wol ſa- gen/ daß das die Beutelſchneider vnd jre Spieß- geſellen ſey die allerhoͤfflichſte Leut auff der Welt/ dann ſie thun nicht allein einer dem andern den Hut ab/ ſondern auch zugleich den Mantel. Solches Handwerck triebe Poſtel ein Zeit- Der allererſte/ welcher durch dieſen newen an- tragen/ P iij
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0233" n="221"/><fw place="top" type="header">Diebs Hiſtorien/ das <hi rendition="#aq">I.</hi> Buch.</fw><lb/> verlohre er allgemach die Lieb vnnd Zuneigung/<lb/> welche er zu dem guten vnd zu der Tugendt hatte/<lb/> vnd ergabe ſich allen Suͤnden vnd Laſtern: Alles/<lb/> was jm ſeine Eltern fuͤr ſeine Koſt vnnd Noth-<lb/> durfft ſchicketen/ wurde ſo bald in zween oder drey<lb/> Tagen verthan vnd vernaſchet/ vnd darnach mu-<lb/> ſte er ſich der hoͤfflichkeit gebrauchen/ das iſt/ er<lb/> muſte ſtelen: Dann das iſt ein ſonderlich Art ei-<lb/> ner hoͤfflichkeit/ daß einer dem andern den Hut<lb/> abthut vnd abzeucht: Vnd kan man das wol ſa-<lb/> gen/ daß das die Beutelſchneider vnd jre Spieß-<lb/> geſellen ſey die allerhoͤfflichſte Leut auff der Welt/<lb/> dann ſie thun nicht allein einer dem andern den<lb/> Hut ab/ ſondern auch zugleich den Mantel.</p><lb/> <p>Solches Handwerck triebe Poſtel ein Zeit-<lb/> lang: Deß Nachts gieng er auß/ ſtreiffet vmbher<lb/> in der gegend de Saincte Geneſcieve/ vnnd de la<lb/> Sorbonne/ Morgends kroche er widerumb in ſei-<lb/> ne Hoͤle/ wie ein Fuchs/ der auff der Huͤnerjagt iſt<lb/> geweſen/ vnd wie ein Wolff/ der deß Nachts auff<lb/> dem Feld vmbher iſt gelauffen: Dann deß Tages-<lb/> liecht iſt jhnen ſchaͤdlich/ hergegen aber ſo ſeyn die<lb/> Finſternuß vnd Schatten deß Nachts jhnen be-<lb/> quem/ vnd zu jhren boͤſen Sachen dienlich.</p><lb/> <p>Der allererſte/ welcher durch dieſen newen an-<lb/> kommenden jungen Rauber erdappet wurde/ wa-<lb/> re eines Buchfuͤhrers (ſo auff dem Palots feyl<lb/> hat) Junge/ welcher etliche Buͤcher einem vorne-<lb/> men Herꝛn ſolte bringen: Weil er aber nicht zu<lb/> Hauß war/ muſte der Jung ſeine Buͤcher wider-<lb/> vmb mit ſich nach Hauß in die Gaß S. Jacques<lb/> <fw place="bottom" type="sig">P iij</fw><fw place="bottom" type="catch">tragen/</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [221/0233]
Diebs Hiſtorien/ das I. Buch.
verlohre er allgemach die Lieb vnnd Zuneigung/
welche er zu dem guten vnd zu der Tugendt hatte/
vnd ergabe ſich allen Suͤnden vnd Laſtern: Alles/
was jm ſeine Eltern fuͤr ſeine Koſt vnnd Noth-
durfft ſchicketen/ wurde ſo bald in zween oder drey
Tagen verthan vnd vernaſchet/ vnd darnach mu-
ſte er ſich der hoͤfflichkeit gebrauchen/ das iſt/ er
muſte ſtelen: Dann das iſt ein ſonderlich Art ei-
ner hoͤfflichkeit/ daß einer dem andern den Hut
abthut vnd abzeucht: Vnd kan man das wol ſa-
gen/ daß das die Beutelſchneider vnd jre Spieß-
geſellen ſey die allerhoͤfflichſte Leut auff der Welt/
dann ſie thun nicht allein einer dem andern den
Hut ab/ ſondern auch zugleich den Mantel.
Solches Handwerck triebe Poſtel ein Zeit-
lang: Deß Nachts gieng er auß/ ſtreiffet vmbher
in der gegend de Saincte Geneſcieve/ vnnd de la
Sorbonne/ Morgends kroche er widerumb in ſei-
ne Hoͤle/ wie ein Fuchs/ der auff der Huͤnerjagt iſt
geweſen/ vnd wie ein Wolff/ der deß Nachts auff
dem Feld vmbher iſt gelauffen: Dann deß Tages-
liecht iſt jhnen ſchaͤdlich/ hergegen aber ſo ſeyn die
Finſternuß vnd Schatten deß Nachts jhnen be-
quem/ vnd zu jhren boͤſen Sachen dienlich.
Der allererſte/ welcher durch dieſen newen an-
kommenden jungen Rauber erdappet wurde/ wa-
re eines Buchfuͤhrers (ſo auff dem Palots feyl
hat) Junge/ welcher etliche Buͤcher einem vorne-
men Herꝛn ſolte bringen: Weil er aber nicht zu
Hauß war/ muſte der Jung ſeine Buͤcher wider-
vmb mit ſich nach Hauß in die Gaß S. Jacques
tragen/
P iij
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |