Calvi, François de: Beutelschneider/ Oder Neue/ warhaffte/ und eigentliche Beschreibung Der Diebs Historien. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1627.Beutelschneider/ oder erschrecke/ sihet sich von einen Seiten zu der andernvmb/ wie ein Mensch der halb voll ist/ er verendert das Angesicht in so vil Farben als der Mond wann er verfinstert wird: Er lauffet auff vnd ab/ sihet sich vmb vnnd suchet/ schreyet überlaut es habe jhm je- mands den Beutel gestolen: Sihet den Kauffman wol an vnter dem Gesicht vnd spricht zu jhm für al- len Menschen/ Er habe jhm den Beutel gestolen: Dann da er inn der heiligen Capellen sey gewesen vnd er seinen Beutel gesuchet habe/ sey niemands mehr vmb vnd bey jme/ als der Kauffman allein ge- wesen: Derhalben so müsse er seinen Beutel haben/ vnd da dörffe es nicht viel beweisens. Man sehe es jm an seinem Gesicht vnnd an seinen geberden an/ daß er den Beutel gestolen habe. Der Kauffman verneinet es beständig/ als ein Mein Freund/ (sagte Filemon/ der sich stelete/ du mir
Beutelſchneider/ oder erſchrecke/ ſihet ſich von einen Seiten zu der andernvmb/ wie ein Menſch der halb voll iſt/ er verendert das Angeſicht in ſo vil Farben als der Mond wann er verfinſtert wird: Er lauffet auff vnd ab/ ſihet ſich vmb vnnd ſuchet/ ſchreyet uͤberlaut es habe jhm je- mands den Beutel geſtolen: Sihet den Kauffman wol an vnter dem Geſicht vnd ſpricht zu jhm fuͤr al- len Menſchen/ Er habe jhm den Beutel geſtolen: Dann da er inn der heiligen Capellen ſey geweſen vnd er ſeinen Beutel geſuchet habe/ ſey niemands mehr vmb vnd bey jme/ als der Kauffman allein ge- weſen: Derhalben ſo muͤſſe er ſeinen Beutel haben/ vnd da doͤrffe es nicht viel beweiſens. Man ſehe es jm an ſeinem Geſicht vnnd an ſeinen geberden an/ daß er den Beutel geſtolen habe. Der Kauffman verneinet es beſtaͤndig/ als ein Mein Freund/ (ſagte Filemon/ der ſich ſtelete/ du mir
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Beutelſchneider/ oder
erſchrecke/ ſihet ſich von einen Seiten zu der andern
vmb/ wie ein Menſch der halb voll iſt/ er verendert
das Angeſicht in ſo vil Farben als der Mond wann
er verfinſtert wird: Er lauffet auff vnd ab/ ſihet ſich
vmb vnnd ſuchet/ ſchreyet uͤberlaut es habe jhm je-
mands den Beutel geſtolen: Sihet den Kauffman
wol an vnter dem Geſicht vnd ſpricht zu jhm fuͤr al-
len Menſchen/ Er habe jhm den Beutel geſtolen:
Dann da er inn der heiligen Capellen ſey geweſen
vnd er ſeinen Beutel geſuchet habe/ ſey niemands
mehr vmb vnd bey jme/ als der Kauffman allein ge-
weſen: Derhalben ſo muͤſſe er ſeinen Beutel haben/
vnd da doͤrffe es nicht viel beweiſens. Man ſehe es
jm an ſeinem Geſicht vnnd an ſeinen geberden an/
daß er den Beutel geſtolen habe.
Der Kauffman verneinet es beſtaͤndig/ als ein
Mann/ der ſich auff ſein gut Gewiſſen verlieſſe: Si-
het Filemon wol an in ſein Angeſicht/ ſagt zu jm er
ſolle wol ſehen/ was er thue/ dann er vergreiff vnnd
verſehe ſich an ime: Er ſey ein ehrlicher Mann/ vnd
wann er nit ablaſſe/ wolte er jme zu erkennen geben
daß er ſich gewaltig jrꝛe/ jme ſolches Laſter/ daran er
jederzeit ein grewel gehabt hatte/ auffzulegen.
Mein Freund/ (ſagte Filemon/ der ſich ſtelete/
als were er einer vom Adel vnd welcher auch/) Ich
bitte euch die ihr dieſe Hiſtorien leſet/ jhr wollet doch
ſelber bedencken die Boßheit vnnd das Schelmen-
ſtuͤck dieſes Menſchen) vnder ſeinem Arm ein groſ-
ſen Sack voll Brieff vnnd Schrifften truge/ als
wann er vielleicht inn der groſſen Kammer der aux
Tuornelles eine Rechtfertigung hette:) Alles was
du mir
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