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Calvi, François de: Beutelschneider/ Oder Neue/ warhaffte/ und eigentliche Beschreibung Der Diebs Historien. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1627.

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Beutelschneider/ oder
wann er nicht zween Kauffmänner welche seine gu-
te Freund waren/ in der Gassen S. Sents anspre-
chen vnd zu sich hette kommen lassen/ welche so bald
gut für jhn sprachen vnd bezeugeten/ daß man jhn
wider alle Recht vnd Billigkeit da hinein hette ge-
worffen/ begereten auch/ daß die Stattknecht jn wi-
der gut machen solten/ aber das alles wolte nit statt
finden. Endlich wurde auff anhaltung vnd außspre-
chung seiner Freunden/ der beyden Kauffleute/ der
gute Mann ledig gelassen welcher zwar allen mög-
lichen fleiß anwendete/ ob er Filemon vnnd seinen
Gesellen köndte antreffen/ aber es ware alles vmb-
sonst: Dann sie pflegten alle Tag jre Kleyder jhr
Herberg/ jr Angesicht zu verendern/ ja wie der Pro-
theus vnnd Cameleon veränderten sie alle Tag jhr
Haut vnd jhre Herberg.

Sehet/ jhr Leser/ da habt jhr nun angehöret ein
sehr arglistigen Streich/ welchen Filemon einem
ehrlichen vnschuldigen Kauffmann hat bewiesen/
vnnd wie er vor aller Menschen Augen verschlage-
ner weise hatt gestolen/ was andere heimlich/ vnnd
mit grosser Forcht vnd Gefahr müssen ranben vnd
stelen.

Der ander Streich vnd Bossen/ den ich euch je-
tzunder wil erzehlen von eben der Person/ ist nicht
weniger vnverschämbt vnnd stecket eben so wol voll
Betrug/ als der vorige.

Wie der Beutels[ch]neider allenthalben jre kundt-
schafft vnd Correspondentz haben? Also begabe es
sich/ daß einer auß den vorneinbsten vnd verschla-
genesten vnter der Brüderschafft kame zu einem

vor-

Beutelſchneider/ oder
wann er nicht zween Kauffmaͤnner welche ſeine gu-
te Freund waren/ in der Gaſſen S. Sents anſpre-
chen vnd zu ſich hette kommen laſſen/ welche ſo bald
gut fuͤr jhn ſprachen vnd bezeugeten/ daß man jhn
wider alle Recht vnd Billigkeit da hinein hette ge-
worffen/ begereten auch/ daß die Stattknecht jn wi-
der gut machen ſolten/ aber das alles wolte nit ſtatt
finden. Endlich wuꝛde auff anhaltung vnd außſpꝛe-
chung ſeiner Freunden/ der beyden Kauffleute/ der
gute Mann ledig gelaſſen welcher zwar allen moͤg-
lichen fleiß anwendete/ ob er Filemon vnnd ſeinen
Geſellen koͤndte antreffen/ aber es ware alles vmb-
ſonſt: Dann ſie pflegten alle Tag jre Kleyder jhr
Herberg/ jr Angeſicht zu verendern/ ja wie der Pro-
theus vnnd Cameleon veraͤnderten ſie alle Tag jhr
Haut vnd jhre Herberg.

Sehet/ jhr Leſer/ da habt jhr nun angehoͤret ein
ſehr argliſtigen Streich/ welchen Filemon einem
ehrlichen vnſchuldigen Kauffmann hat bewieſen/
vnnd wie er vor aller Menſchen Augen verſchlage-
ner weiſe hatt geſtolen/ was andere heimlich/ vnnd
mit groſſer Forcht vnd Gefahr muͤſſen ranben vnd
ſtelen.

Der ander Streich vnd Boſſen/ den ich euch je-
tzunder wil erzehlen von eben der Perſon/ iſt nicht
weniger vnverſchaͤmbt vnnd ſtecket eben ſo wol voll
Betrug/ als der vorige.

Wie der Beutelſ[ch]neider allenthalben jre kundt-
ſchafft vnd Corꝛeſpondentz haben? Alſo begabe es
ſich/ daß einer auß den vorneinbſten vnd verſchla-
geneſten vnter der Bruͤderſchafft kame zu einem

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[270/0280] Beutelſchneider/ oder wann er nicht zween Kauffmaͤnner welche ſeine gu- te Freund waren/ in der Gaſſen S. Sents anſpre- chen vnd zu ſich hette kommen laſſen/ welche ſo bald gut fuͤr jhn ſprachen vnd bezeugeten/ daß man jhn wider alle Recht vnd Billigkeit da hinein hette ge- worffen/ begereten auch/ daß die Stattknecht jn wi- der gut machen ſolten/ aber das alles wolte nit ſtatt finden. Endlich wuꝛde auff anhaltung vnd außſpꝛe- chung ſeiner Freunden/ der beyden Kauffleute/ der gute Mann ledig gelaſſen welcher zwar allen moͤg- lichen fleiß anwendete/ ob er Filemon vnnd ſeinen Geſellen koͤndte antreffen/ aber es ware alles vmb- ſonſt: Dann ſie pflegten alle Tag jre Kleyder jhr Herberg/ jr Angeſicht zu verendern/ ja wie der Pro- theus vnnd Cameleon veraͤnderten ſie alle Tag jhr Haut vnd jhre Herberg. Sehet/ jhr Leſer/ da habt jhr nun angehoͤret ein ſehr argliſtigen Streich/ welchen Filemon einem ehrlichen vnſchuldigen Kauffmann hat bewieſen/ vnnd wie er vor aller Menſchen Augen verſchlage- ner weiſe hatt geſtolen/ was andere heimlich/ vnnd mit groſſer Forcht vnd Gefahr muͤſſen ranben vnd ſtelen. Der ander Streich vnd Boſſen/ den ich euch je- tzunder wil erzehlen von eben der Perſon/ iſt nicht weniger vnverſchaͤmbt vnnd ſtecket eben ſo wol voll Betrug/ als der vorige. Wie der Beutelſchneider allenthalben jre kundt- ſchafft vnd Corꝛeſpondentz haben? Alſo begabe es ſich/ daß einer auß den vorneinbſten vnd verſchla- geneſten vnter der Bruͤderſchafft kame zu einem vor-

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Zitationshilfe: Calvi, François de: Beutelschneider/ Oder Neue/ warhaffte/ und eigentliche Beschreibung Der Diebs Historien. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1627, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/calvi_beutelschneider02_1627/280>, abgerufen am 24.11.2024.