Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Calvi, François de: Beutelschneider/ Oder Neue/ warhaffte/ und eigentliche Beschreibung Der Diebs Historien. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1627.

Bild:
<< vorherige Seite

Diebs Historien das II. Buch.
nur seinen kurtzen Diebsdegen vnnd seine Diebs-
schern vnter einem Rock kan verbergen. Heist das
nicht seiner selber vergessen? heist das nicht/ sich
einbilden/ es sey kein Gott mehr im Himmel/ der sol-
ches Laster/ solchen betrug straffen werde/ der doch
sonsten vns nach vnserm Verdienst straffet/ vnd
vns vergilt nach dem wir gearbeitet haben.

Aber ich bitte euch last vns doch ein wenig zu se-
hen/ was dieser betrüglicher Vorschlag vor ein en-
de gewinnen werde? Nach dem Maillard den Kir-
chenkelch von dem Thorhüter in der Franciscaner
Kloster hat holen lassen/ führet er seinen Kerles/
verstehe den Goldschmid/ in die Kirche: (da er wu-
ste daß dieser Herr Vatter/ mit welchem er den vori-
gen tag hatte geredet/ pflegte zu sitzen vnd Beicht
anzuhören. Als er jn aber im Beichtstul nit findet/
gehet er zu der Sacrifley/ da er dann mit einem vom
Adel ware vnd sich schickete/ die Messe zu halten.

Maillard nimbt der zeit wol in acht/ läst sich
mit dem vermeinten Priester/ vnd dem Goldt-
schmidt sehen/ gehet zu dem Mönche vnd saget jm
heimlich in ein Ohr/ daß/ nemlich der Goldschmidt/
auff den er deutete/ sey sein Bruder/ vom welchem
er jm den vorigen tag geredet hette: Darauff gehet
der Geistliche (der im geringsten nicht dachte an
einen solchen betrug/ welcher darhinder stacke vnd
welcher durch die gegenwart des andern vermein-
ten Priesters desto mehr in seiner ersten meinung
gestärcket wurde) zu dem Goldschmidt vnd saget
zu jhm also: Mein Freund/ habt ein wenig gedult/
biß daß ich die Meß habe gehalten: Nach der Meß

vnd
C v

Diebs Hiſtorien das II. Buch.
nur ſeinen kurtzen Diebsdegen vnnd ſeine Diebs-
ſchern vnter einem Rock kan verbergen. Heiſt das
nicht ſeiner ſelber vergeſſen? heiſt das nicht/ ſich
einbilden/ es ſey kein Gott mehr im Him̃el/ der ſol-
ches Laſter/ ſolchen betrug ſtraffen werde/ der doch
ſonſten vns nach vnſerm Verdienſt ſtraffet/ vnd
vns vergilt nach dem wir gearbeitet haben.

Aber ich bitte euch laſt vns doch ein wenig zu ſe-
hen/ was dieſer betruͤglicher Vorſchlag vor ein en-
de gewinnen werde? Nach dem Maillard den Kir-
chenkelch von dem Thorhuͤter in der Franciſcaner
Kloſter hat holen laſſen/ fuͤhret er ſeinen Kerles/
verſtehe den Goldſchmid/ in die Kirche: (da er wu-
ſte daß dieſer Herꝛ Vatter/ mit welchem er den vori-
gen tag hatte geredet/ pflegte zu ſitzen vnd Beicht
anzuhoͤren. Als er jn aber im Beichtſtul nit findet/
gehet er zu der Sacrifley/ da er dañ mit einem vom
Adel ware vnd ſich ſchickete/ die Meſſe zu halten.

Maillard nimbt der zeit wol in acht/ laͤſt ſich
mit dem vermeinten Prieſter/ vnd dem Goldt-
ſchmidt ſehen/ gehet zu dem Moͤnche vnd ſaget jm
heimlich in ein Ohr/ daß/ nemlich der Goldſchmidt/
auff den er deutete/ ſey ſein Bruder/ vom welchem
er jm den vorigen tag geredet hette: Darauff gehet
der Geiſtliche (der im geringſten nicht dachte an
einen ſolchen betrug/ welcher darhinder ſtacke vnd
welcher durch die gegenwart des andern vermein-
ten Prieſters deſto mehr in ſeiner erſten meinung
geſtaͤrcket wurde) zu dem Goldſchmidt vnd ſaget
zu jhm alſo: Mein Freund/ habt ein wenig gedult/
biß daß ich die Meß habe gehalten: Nach der Meß

vnd
C v
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0051" n="41"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Diebs Hi&#x017F;torien das <hi rendition="#aq">II.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>
nur &#x017F;einen kurtzen Diebsdegen vnnd &#x017F;eine Diebs-<lb/>
&#x017F;chern vnter einem Rock kan verbergen. Hei&#x017F;t das<lb/>
nicht &#x017F;einer &#x017F;elber verge&#x017F;&#x017F;en? hei&#x017F;t das nicht/ &#x017F;ich<lb/>
einbilden/ es &#x017F;ey kein Gott mehr im Him&#x0303;el/ der &#x017F;ol-<lb/>
ches La&#x017F;ter/ &#x017F;olchen betrug &#x017F;traffen werde/ der doch<lb/>
&#x017F;on&#x017F;ten vns nach vn&#x017F;erm Verdien&#x017F;t &#x017F;traffet/ vnd<lb/>
vns vergilt nach dem wir gearbeitet haben.</p><lb/>
          <p>Aber ich bitte euch la&#x017F;t vns doch ein wenig zu &#x017F;e-<lb/>
hen/ was die&#x017F;er betru&#x0364;glicher Vor&#x017F;chlag vor ein en-<lb/>
de gewinnen werde? Nach dem Maillard den Kir-<lb/>
chenkelch von dem Thorhu&#x0364;ter in der Franci&#x017F;caner<lb/>
Klo&#x017F;ter hat holen la&#x017F;&#x017F;en/ fu&#x0364;hret er &#x017F;einen Kerles/<lb/>
ver&#x017F;tehe den Gold&#x017F;chmid/ in die Kirche: (da er wu-<lb/>
&#x017F;te <choice><orig>dz</orig><reg>daß</reg></choice> die&#x017F;er Her&#xA75B; Vatter/ mit welchem er den vori-<lb/>
gen tag hatte geredet/ pflegte zu &#x017F;itzen vnd Beicht<lb/>
anzuho&#x0364;ren. Als er jn aber im Beicht&#x017F;tul nit findet/<lb/>
gehet er zu der Sacrifley/ da er dan&#x0303; mit einem vom<lb/>
Adel ware vnd &#x017F;ich &#x017F;chickete/ die Me&#x017F;&#x017F;e zu halten.</p><lb/>
          <p>Maillard nimbt der zeit wol in acht/ la&#x0364;&#x017F;t &#x017F;ich<lb/>
mit dem vermeinten Prie&#x017F;ter/ vnd dem Goldt-<lb/>
&#x017F;chmidt &#x017F;ehen/ gehet zu dem Mo&#x0364;nche vnd &#x017F;aget jm<lb/>
heimlich in ein Ohr/ <choice><orig>dz</orig><reg>daß</reg></choice>/ nemlich der Gold&#x017F;chmidt/<lb/>
auff den er deutete/ &#x017F;ey &#x017F;ein Bruder/ vom welchem<lb/>
er jm den vorigen tag geredet hette: Darauff gehet<lb/>
der Gei&#x017F;tliche (der im gering&#x017F;ten nicht dachte an<lb/>
einen &#x017F;olchen betrug/ welcher darhinder &#x017F;tacke vnd<lb/>
welcher durch die gegenwart des andern vermein-<lb/>
ten Prie&#x017F;ters de&#x017F;to mehr in &#x017F;einer er&#x017F;ten meinung<lb/>
ge&#x017F;ta&#x0364;rcket wurde) zu dem Gold&#x017F;chmidt vnd &#x017F;aget<lb/>
zu jhm al&#x017F;o: Mein Freund/ habt ein wenig gedult/<lb/>
biß daß ich die Meß habe gehalten: Nach der Meß<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">C v</fw><fw place="bottom" type="catch">vnd</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[41/0051] Diebs Hiſtorien das II. Buch. nur ſeinen kurtzen Diebsdegen vnnd ſeine Diebs- ſchern vnter einem Rock kan verbergen. Heiſt das nicht ſeiner ſelber vergeſſen? heiſt das nicht/ ſich einbilden/ es ſey kein Gott mehr im Him̃el/ der ſol- ches Laſter/ ſolchen betrug ſtraffen werde/ der doch ſonſten vns nach vnſerm Verdienſt ſtraffet/ vnd vns vergilt nach dem wir gearbeitet haben. Aber ich bitte euch laſt vns doch ein wenig zu ſe- hen/ was dieſer betruͤglicher Vorſchlag vor ein en- de gewinnen werde? Nach dem Maillard den Kir- chenkelch von dem Thorhuͤter in der Franciſcaner Kloſter hat holen laſſen/ fuͤhret er ſeinen Kerles/ verſtehe den Goldſchmid/ in die Kirche: (da er wu- ſte dz dieſer Herꝛ Vatter/ mit welchem er den vori- gen tag hatte geredet/ pflegte zu ſitzen vnd Beicht anzuhoͤren. Als er jn aber im Beichtſtul nit findet/ gehet er zu der Sacrifley/ da er dañ mit einem vom Adel ware vnd ſich ſchickete/ die Meſſe zu halten. Maillard nimbt der zeit wol in acht/ laͤſt ſich mit dem vermeinten Prieſter/ vnd dem Goldt- ſchmidt ſehen/ gehet zu dem Moͤnche vnd ſaget jm heimlich in ein Ohr/ dz/ nemlich der Goldſchmidt/ auff den er deutete/ ſey ſein Bruder/ vom welchem er jm den vorigen tag geredet hette: Darauff gehet der Geiſtliche (der im geringſten nicht dachte an einen ſolchen betrug/ welcher darhinder ſtacke vnd welcher durch die gegenwart des andern vermein- ten Prieſters deſto mehr in ſeiner erſten meinung geſtaͤrcket wurde) zu dem Goldſchmidt vnd ſaget zu jhm alſo: Mein Freund/ habt ein wenig gedult/ biß daß ich die Meß habe gehalten: Nach der Meß vnd C v

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/calvi_beutelschneider02_1627
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/calvi_beutelschneider02_1627/51
Zitationshilfe: Calvi, François de: Beutelschneider/ Oder Neue/ warhaffte/ und eigentliche Beschreibung Der Diebs Historien. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1627, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/calvi_beutelschneider02_1627/51>, abgerufen am 18.05.2024.