Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 1. Hamburg, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite

Fragen, ohne eine einzige Antwort abzuwar-
ten. Mit Mühe waren sie dahin zu bringen,
sich denselben Abend zu Bette zu legen, weil
sie die Zeit nicht erwarten konten, daß der
Tag wieder anbrechen und die Reise angetre-
ten würde.

Jezt brach die erste Morgendämmerung
an; und das ganze Haus ward laut. Vor
allen Schlafzimmern ward getrommelt; und
da half nichts, es muste Alles heraus!

Und da nun Alles, Groß und Klein, auf
den Beinen war, und die Ersten von den
Lezten durch Liebkosungen und Freudensbezei-
gungen fast aufgerieben wurden: rieb der
Vater die Augen und sagte in einem Tone,
der mit der algemeinen Stimme der Freude
einen erbärmlichen Misklang machte:

"Kinder, wenn ihr mir einen Gefallen
thun woltet, so sprächet ihr mich heute frei
von meinem Versprechen!"

"Von welchem? Von welchem? -- und
jeder Mund, der diese Frage that, blieb vor

ängst-
O 4

Fragen, ohne eine einzige Antwort abzuwar-
ten. Mit Muͤhe waren ſie dahin zu bringen,
ſich denſelben Abend zu Bette zu legen, weil
ſie die Zeit nicht erwarten konten, daß der
Tag wieder anbrechen und die Reiſe angetre-
ten wuͤrde.

Jezt brach die erſte Morgendaͤmmerung
an; und das ganze Haus ward laut. Vor
allen Schlafzimmern ward getrommelt; und
da half nichts, es muſte Alles heraus!

Und da nun Alles, Groß und Klein, auf
den Beinen war, und die Erſten von den
Lezten durch Liebkoſungen und Freudensbezei-
gungen faſt aufgerieben wurden: rieb der
Vater die Augen und ſagte in einem Tone,
der mit der algemeinen Stimme der Freude
einen erbaͤrmlichen Misklang machte:

„Kinder, wenn ihr mir einen Gefallen
thun woltet, ſo ſpraͤchet ihr mich heute frei
von meinem Verſprechen!„

„Von welchem? Von welchem? — und
jeder Mund, der dieſe Frage that, blieb vor

aͤngſt-
O 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0255" n="215"/>
Fragen, ohne eine einzige Antwort abzuwar-<lb/>
ten. Mit Mu&#x0364;he waren &#x017F;ie dahin zu bringen,<lb/>
&#x017F;ich den&#x017F;elben Abend zu Bette zu legen, weil<lb/>
&#x017F;ie die Zeit nicht erwarten konten, daß der<lb/>
Tag wieder anbrechen und die Rei&#x017F;e angetre-<lb/>
ten wu&#x0364;rde.</p><lb/>
          <p>Jezt brach die er&#x017F;te Morgenda&#x0364;mmerung<lb/>
an; und das ganze Haus ward laut. Vor<lb/>
allen Schlafzimmern ward getrommelt; und<lb/>
da half nichts, es mu&#x017F;te Alles heraus!</p><lb/>
          <p>Und da nun Alles, Groß und Klein, auf<lb/>
den Beinen war, und die Er&#x017F;ten von den<lb/>
Lezten durch Liebko&#x017F;ungen und Freudensbezei-<lb/>
gungen fa&#x017F;t aufgerieben wurden: rieb der<lb/>
Vater die Augen und &#x017F;agte in einem Tone,<lb/>
der mit der algemeinen Stimme der Freude<lb/>
einen erba&#x0364;rmlichen Misklang machte:</p><lb/>
          <p>&#x201E;Kinder, wenn ihr mir einen Gefallen<lb/>
thun woltet, &#x017F;o &#x017F;pra&#x0364;chet ihr mich heute frei<lb/>
von meinem Ver&#x017F;prechen!&#x201E;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Von welchem? Von welchem? &#x2014; und<lb/>
jeder Mund, der die&#x017F;e Frage that, blieb vor<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">O 4</fw><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">a&#x0364;ng&#x017F;t-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[215/0255] Fragen, ohne eine einzige Antwort abzuwar- ten. Mit Muͤhe waren ſie dahin zu bringen, ſich denſelben Abend zu Bette zu legen, weil ſie die Zeit nicht erwarten konten, daß der Tag wieder anbrechen und die Reiſe angetre- ten wuͤrde. Jezt brach die erſte Morgendaͤmmerung an; und das ganze Haus ward laut. Vor allen Schlafzimmern ward getrommelt; und da half nichts, es muſte Alles heraus! Und da nun Alles, Groß und Klein, auf den Beinen war, und die Erſten von den Lezten durch Liebkoſungen und Freudensbezei- gungen faſt aufgerieben wurden: rieb der Vater die Augen und ſagte in einem Tone, der mit der algemeinen Stimme der Freude einen erbaͤrmlichen Misklang machte: „Kinder, wenn ihr mir einen Gefallen thun woltet, ſo ſpraͤchet ihr mich heute frei von meinem Verſprechen!„ „Von welchem? Von welchem? — und jeder Mund, der dieſe Frage that, blieb vor aͤngſt- O 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson01_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson01_1779/255
Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 1. Hamburg, 1779, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson01_1779/255>, abgerufen am 21.11.2024.