Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 1. Hamburg, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite

als sie sonst wohl zu sein pflegten. Das gab
denn dem Vater Gelegenheit, sie am Ende
des Tages folgendermaßen anzureden:

"Kinder, was euch heute begegnet ist, das
wird in eurem künftigen Leben euch noch sehr
oft begegnen. Ihr werdet, bald dieses, bald
jenes irdische Glük erwarten; eure Hofnung
wird sehr gegründet scheinen und euer Ver-
langen darnach wird ungemein feurig sein.
Aber in dem Augenblikke, da ihr das ver-
meinte Glük zu ergreifen meint, wird die al-
weise götliche Vorsehung plözlich einen uner-
warteten Strich durch eure Rechnung machen,
und ihr werdet euch in eurer Hofnung jäm-
merlich betrogen finden."

"Die Ursachen, warum euer himlischer
Vater so mit euch verfahren wird, werdet
ihr so deutlich und so gewiß selten einsehen,
als ihr diesem Morgen diejenigen Ursachen
einsahet, warum wir heute nicht nach Trave-
münde gehen wolten. Denn da Gott unend-
lich weiser ist, als ich bin: so sieht er auch
immer in die entfernteste Zukunft und läßt

uns

als ſie ſonſt wohl zu ſein pflegten. Das gab
denn dem Vater Gelegenheit, ſie am Ende
des Tages folgendermaßen anzureden:

„Kinder, was euch heute begegnet iſt, das
wird in eurem kuͤnftigen Leben euch noch ſehr
oft begegnen. Ihr werdet, bald dieſes, bald
jenes irdiſche Gluͤk erwarten; eure Hofnung
wird ſehr gegruͤndet ſcheinen und euer Ver-
langen darnach wird ungemein feurig ſein.
Aber in dem Augenblikke, da ihr das ver-
meinte Gluͤk zu ergreifen meint, wird die al-
weiſe goͤtliche Vorſehung ploͤzlich einen uner-
warteten Strich durch eure Rechnung machen,
und ihr werdet euch in eurer Hofnung jaͤm-
merlich betrogen finden.„

„Die Urſachen, warum euer himliſcher
Vater ſo mit euch verfahren wird, werdet
ihr ſo deutlich und ſo gewiß ſelten einſehen,
als ihr dieſem Morgen diejenigen Urſachen
einſahet, warum wir heute nicht nach Trave-
muͤnde gehen wolten. Denn da Gott unend-
lich weiſer iſt, als ich bin: ſo ſieht er auch
immer in die entfernteſte Zukunft und laͤßt

uns
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0259" n="219"/>
als &#x017F;ie &#x017F;on&#x017F;t wohl zu &#x017F;ein pflegten. Das gab<lb/>
denn dem Vater Gelegenheit, &#x017F;ie am Ende<lb/>
des Tages folgendermaßen anzureden:</p><lb/>
          <p>&#x201E;Kinder, was euch heute begegnet i&#x017F;t, das<lb/>
wird in eurem ku&#x0364;nftigen Leben euch noch &#x017F;ehr<lb/>
oft begegnen. Ihr werdet, bald die&#x017F;es, bald<lb/>
jenes irdi&#x017F;che Glu&#x0364;k erwarten; eure Hofnung<lb/>
wird &#x017F;ehr gegru&#x0364;ndet &#x017F;cheinen und euer Ver-<lb/>
langen darnach wird ungemein feurig &#x017F;ein.<lb/>
Aber in dem Augenblikke, da ihr das ver-<lb/>
meinte Glu&#x0364;k zu ergreifen meint, wird die al-<lb/>
wei&#x017F;e go&#x0364;tliche Vor&#x017F;ehung plo&#x0364;zlich einen uner-<lb/>
warteten Strich durch eure Rechnung machen,<lb/>
und ihr werdet euch in eurer Hofnung ja&#x0364;m-<lb/>
merlich betrogen finden.&#x201E;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Die Ur&#x017F;achen, warum euer himli&#x017F;cher<lb/>
Vater &#x017F;o mit euch verfahren wird, werdet<lb/>
ihr &#x017F;o deutlich und &#x017F;o gewiß &#x017F;elten ein&#x017F;ehen,<lb/>
als ihr die&#x017F;em Morgen diejenigen Ur&#x017F;achen<lb/>
ein&#x017F;ahet, warum wir heute nicht nach Trave-<lb/>
mu&#x0364;nde gehen wolten. Denn da Gott unend-<lb/>
lich wei&#x017F;er i&#x017F;t, als ich bin: &#x017F;o &#x017F;ieht er auch<lb/>
immer in die entfernte&#x017F;te Zukunft und la&#x0364;ßt<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">uns</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[219/0259] als ſie ſonſt wohl zu ſein pflegten. Das gab denn dem Vater Gelegenheit, ſie am Ende des Tages folgendermaßen anzureden: „Kinder, was euch heute begegnet iſt, das wird in eurem kuͤnftigen Leben euch noch ſehr oft begegnen. Ihr werdet, bald dieſes, bald jenes irdiſche Gluͤk erwarten; eure Hofnung wird ſehr gegruͤndet ſcheinen und euer Ver- langen darnach wird ungemein feurig ſein. Aber in dem Augenblikke, da ihr das ver- meinte Gluͤk zu ergreifen meint, wird die al- weiſe goͤtliche Vorſehung ploͤzlich einen uner- warteten Strich durch eure Rechnung machen, und ihr werdet euch in eurer Hofnung jaͤm- merlich betrogen finden.„ „Die Urſachen, warum euer himliſcher Vater ſo mit euch verfahren wird, werdet ihr ſo deutlich und ſo gewiß ſelten einſehen, als ihr dieſem Morgen diejenigen Urſachen einſahet, warum wir heute nicht nach Trave- muͤnde gehen wolten. Denn da Gott unend- lich weiſer iſt, als ich bin: ſo ſieht er auch immer in die entfernteſte Zukunft und laͤßt uns

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson01_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson01_1779/259
Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 1. Hamburg, 1779, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson01_1779/259>, abgerufen am 21.11.2024.