Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 2. Hamburg, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite

daß ein plözlicher Windstoß Schuld daran wäre.
Aber das half nichts; es schoß vielmehr der Kahn
noch eben so schnel durch die Fluth, als vorher:
und nun sahen sie zu ihrem Schrekken, daß sie
sich mitten auf einem reissenden Meerstrome
befänden.

Frizchen. J, sind denn in dem Meere
auch Ströme?

Vater. O ja, Frizchen! Weil der Grund
des Meeres eben so ungleich, als die Oberfläche
des festen Landes, ist; weil es da eben so, wie hier
zu Lande, Berge, Hügel und Thäler gibt: so
kriegt das Wasser nach den niedrigern Gegenden
hin einen stärkern Schuß, und daher entstehen
dan mitten im Meere eben solche große Ströme,
als unsere Elbe ist, und die pflegen gemeiniglich
sehr reissend zu sein. Da ist es dan oft sehr ge-
fährlich für die Schiffe, besonders für die klei-
nen, wenn sie auf einen solchen Meerstrom ge-
rathen; weil sie nicht im Stande sind, wieder
davon zu kommen, und oft wohl funfzig und
mehr Meilen weit ins weite Meer verschlagen
werden.

Got-

daß ein ploͤzlicher Windſtoß Schuld daran waͤre.
Aber das half nichts; es ſchoß vielmehr der Kahn
noch eben ſo ſchnel durch die Fluth, als vorher:
und nun ſahen ſie zu ihrem Schrekken, daß ſie
ſich mitten auf einem reiſſenden Meerſtrome
befaͤnden.

Frizchen. J, ſind denn in dem Meere
auch Stroͤme?

Vater. O ja, Frizchen! Weil der Grund
des Meeres eben ſo ungleich, als die Oberflaͤche
des feſten Landes, iſt; weil es da eben ſo, wie hier
zu Lande, Berge, Huͤgel und Thaͤler gibt: ſo
kriegt das Waſſer nach den niedrigern Gegenden
hin einen ſtaͤrkern Schuß, und daher entſtehen
dan mitten im Meere eben ſolche große Stroͤme,
als unſere Elbe iſt, und die pflegen gemeiniglich
ſehr reiſſend zu ſein. Da iſt es dan oft ſehr ge-
faͤhrlich fuͤr die Schiffe, beſonders fuͤr die klei-
nen, wenn ſie auf einen ſolchen Meerſtrom ge-
rathen; weil ſie nicht im Stande ſind, wieder
davon zu kommen, und oft wohl funfzig und
mehr Meilen weit ins weite Meer verſchlagen
werden.

Got-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0163" n="157"/>
daß ein plo&#x0364;zlicher Wind&#x017F;toß Schuld daran wa&#x0364;re.<lb/>
Aber das half nichts; es &#x017F;choß vielmehr der Kahn<lb/>
noch eben &#x017F;o &#x017F;chnel durch die Fluth, als vorher:<lb/>
und nun &#x017F;ahen &#x017F;ie zu ihrem Schrekken, daß &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich mitten auf einem rei&#x017F;&#x017F;enden <hi rendition="#fr">Meer&#x017F;trome</hi><lb/>
befa&#x0364;nden.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Frizchen.</hi> J, &#x017F;ind denn in dem Meere<lb/>
auch Stro&#x0364;me?</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Vater.</hi> O ja, Frizchen! Weil der Grund<lb/>
des Meeres eben &#x017F;o ungleich, als die Oberfla&#x0364;che<lb/>
des fe&#x017F;ten Landes, i&#x017F;t; weil es da eben &#x017F;o, wie hier<lb/>
zu Lande, Berge, Hu&#x0364;gel und Tha&#x0364;ler gibt: &#x017F;o<lb/>
kriegt das Wa&#x017F;&#x017F;er nach den niedrigern Gegenden<lb/>
hin einen &#x017F;ta&#x0364;rkern Schuß, und daher ent&#x017F;tehen<lb/>
dan mitten im Meere eben &#x017F;olche große Stro&#x0364;me,<lb/>
als un&#x017F;ere Elbe i&#x017F;t, und die pflegen gemeiniglich<lb/>
&#x017F;ehr rei&#x017F;&#x017F;end zu &#x017F;ein. Da i&#x017F;t es dan oft &#x017F;ehr ge-<lb/>
fa&#x0364;hrlich fu&#x0364;r die Schiffe, be&#x017F;onders fu&#x0364;r die klei-<lb/>
nen, wenn &#x017F;ie auf einen &#x017F;olchen Meer&#x017F;trom ge-<lb/>
rathen; weil &#x017F;ie nicht im Stande &#x017F;ind, wieder<lb/>
davon zu kommen, und oft wohl funfzig und<lb/>
mehr Meilen weit ins weite Meer ver&#x017F;chlagen<lb/>
werden.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Got-</hi> </fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[157/0163] daß ein ploͤzlicher Windſtoß Schuld daran waͤre. Aber das half nichts; es ſchoß vielmehr der Kahn noch eben ſo ſchnel durch die Fluth, als vorher: und nun ſahen ſie zu ihrem Schrekken, daß ſie ſich mitten auf einem reiſſenden Meerſtrome befaͤnden. Frizchen. J, ſind denn in dem Meere auch Stroͤme? Vater. O ja, Frizchen! Weil der Grund des Meeres eben ſo ungleich, als die Oberflaͤche des feſten Landes, iſt; weil es da eben ſo, wie hier zu Lande, Berge, Huͤgel und Thaͤler gibt: ſo kriegt das Waſſer nach den niedrigern Gegenden hin einen ſtaͤrkern Schuß, und daher entſtehen dan mitten im Meere eben ſolche große Stroͤme, als unſere Elbe iſt, und die pflegen gemeiniglich ſehr reiſſend zu ſein. Da iſt es dan oft ſehr ge- faͤhrlich fuͤr die Schiffe, beſonders fuͤr die klei- nen, wenn ſie auf einen ſolchen Meerſtrom ge- rathen; weil ſie nicht im Stande ſind, wieder davon zu kommen, und oft wohl funfzig und mehr Meilen weit ins weite Meer verſchlagen werden. Got-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson02_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson02_1780/163
Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 2. Hamburg, 1780, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson02_1780/163>, abgerufen am 23.11.2024.