einen halben Tag müßig oder schwelgerisch hinzu- bringen. Zur Erinnerung an ihr ehemaliges Einsiedler-Leben sezten sie einen Tag in jeder Wo- che fest, an dem sie ihre vormahlige Lebensart, so gut es gehen wolte, zu erneuern suchten. Eintracht, Nachsicht mit den Fehlern anderer Menschen, Dienstfertigkeit, und Menschenliebe waren ihnen jezt so gewohnte Tugenden gewor- den, daß sie gar nicht begriffen, wie man ohne dieselben leben konte. Vornehmlich zeichneten sie sich durch eine reine, ungeheuchelte und thä- tige Frömmigkeit aus. So oft sie den Nahmen Gottes aussprachen, strahlte Freude und Liebe aus ihren Augen; und ein Schauder überfiel sie, wenn sie diesen heiligen Nahmen je zuweilen mit Leichtsin und Gedankenlosigkeit von andern aus- sprechen hörten. Auch krönte der Seegen des Himmels alles, was sie vornahmen, sichtbar- lich. Sie erlebten in Friede, Gesundheit und nüzlicher Geschäftigkeit ein hohes Alter, und die späteste Nachkommenschaft wird das Andenken zweier Männer ehren, die ihren Mitmenschen ein Beispiel gaben, wie man es machen müsse
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einen halben Tag muͤßig oder ſchwelgeriſch hinzu- bringen. Zur Erinnerung an ihr ehemaliges Einſiedler-Leben ſezten ſie einen Tag in jeder Wo- che feſt, an dem ſie ihre vormahlige Lebensart, ſo gut es gehen wolte, zu erneuern ſuchten. Eintracht, Nachſicht mit den Fehlern anderer Menſchen, Dienſtfertigkeit, und Menſchenliebe waren ihnen jezt ſo gewohnte Tugenden gewor- den, daß ſie gar nicht begriffen, wie man ohne dieſelben leben konte. Vornehmlich zeichneten ſie ſich durch eine reine, ungeheuchelte und thaͤ- tige Froͤmmigkeit aus. So oft ſie den Nahmen Gottes ausſprachen, ſtrahlte Freude und Liebe aus ihren Augen; und ein Schauder uͤberfiel ſie, wenn ſie dieſen heiligen Nahmen je zuweilen mit Leichtſin und Gedankenloſigkeit von andern aus- ſprechen hoͤrten. Auch kroͤnte der Seegen des Himmels alles, was ſie vornahmen, ſichtbar- lich. Sie erlebten in Friede, Geſundheit und nuͤzlicher Geſchaͤftigkeit ein hohes Alter, und die ſpaͤteſte Nachkommenſchaft wird das Andenken zweier Maͤnner ehren, die ihren Mitmenſchen ein Beiſpiel gaben, wie man es machen muͤſſe
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einen halben Tag muͤßig oder ſchwelgeriſch hinzu-
bringen. Zur Erinnerung an ihr ehemaliges
Einſiedler-Leben ſezten ſie einen Tag in jeder Wo-
che feſt, an dem ſie ihre vormahlige Lebensart,
ſo gut es gehen wolte, zu erneuern ſuchten.
Eintracht, Nachſicht mit den Fehlern anderer
Menſchen, Dienſtfertigkeit, und Menſchenliebe
waren ihnen jezt ſo gewohnte Tugenden gewor-
den, daß ſie gar nicht begriffen, wie man ohne
dieſelben leben konte. Vornehmlich zeichneten
ſie ſich durch eine reine, ungeheuchelte und thaͤ-
tige Froͤmmigkeit aus. So oft ſie den Nahmen
Gottes ausſprachen, ſtrahlte Freude und Liebe
aus ihren Augen; und ein Schauder uͤberfiel ſie,
wenn ſie dieſen heiligen Nahmen je zuweilen mit
Leichtſin und Gedankenloſigkeit von andern aus-
ſprechen hoͤrten. Auch kroͤnte der Seegen des
Himmels alles, was ſie vornahmen, ſichtbar-
lich. Sie erlebten in Friede, Geſundheit und
nuͤzlicher Geſchaͤftigkeit ein hohes Alter, und die
ſpaͤteſte Nachkommenſchaft wird das Andenken
zweier Maͤnner ehren, die ihren Mitmenſchen
ein Beiſpiel gaben, wie man es machen muͤſſe
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Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 2. Hamburg, 1780, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson02_1780/371>, abgerufen am 24.11.2024.
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