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Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783.

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teresse auf gleiche Weise verflochten ist, und
welches also gemeinschaftlich betrieben sein
wil; berathschlage dich mit ihm über die
Art, wie ihr es betreiben wolt; bringe
verschiedene Mittel zur Erreichung eurer
Absicht, wovon das eine edler, als das
andere ist, wovon das eine dieser, das an-
dere jener Leidenschaft vor den Kopf stößt,
in Vorschlag; und siehe dan zu, wohin
seine Sele sich neigt, und bei welchem sie
zurükfährt
. Dis wird dir auf einmahl den
Schlüssel zu seinem Karakter geben. Denn jezt,
da eure beiderseitigen Vortheile in einander ge-
schlungen sind, und es nun darauf ankomt, ge-
meinschaftliche Sache zu machen, wird er auf
einen Augenblik vergessen, daß ihr zwei verschie-
dene Personen seid, und in diesem kritischen Au-
genblikke wird er reden und handeln, als wenn
er allein wäre. Das ist aber der Augenblik, in
welchem man Augen und Ohren brauchen muß,
seinen Man schnel durchzusehen, und durchzuhö-
ren: denn eine Minute darnach wird seine Sele
vielleicht schon wieder Schildwache stehen, und die

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tereſſe auf gleiche Weiſe verflochten iſt, und
welches alſo gemeinſchaftlich betrieben ſein
wil; berathſchlage dich mit ihm uͤber die
Art, wie ihr es betreiben wolt; bringe
verſchiedene Mittel zur Erreichung eurer
Abſicht, wovon das eine edler, als das
andere iſt, wovon das eine dieſer, das an-
dere jener Leidenſchaft vor den Kopf ſtoͤßt,
in Vorſchlag; und ſiehe dan zu, wohin
ſeine Sele ſich neigt, und bei welchem ſie
zuruͤkfaͤhrt
. Dis wird dir auf einmahl den
Schluͤſſel zu ſeinem Karakter geben. Denn jezt,
da eure beiderſeitigen Vortheile in einander ge-
ſchlungen ſind, und es nun darauf ankomt, ge-
meinſchaftliche Sache zu machen, wird er auf
einen Augenblik vergeſſen, daß ihr zwei verſchie-
dene Perſonen ſeid, und in dieſem kritiſchen Au-
genblikke wird er reden und handeln, als wenn
er allein waͤre. Das iſt aber der Augenblik, in
welchem man Augen und Ohren brauchen muß,
ſeinen Man ſchnel durchzuſehen, und durchzuhoͤ-
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[149/0179] tereſſe auf gleiche Weiſe verflochten iſt, und welches alſo gemeinſchaftlich betrieben ſein wil; berathſchlage dich mit ihm uͤber die Art, wie ihr es betreiben wolt; bringe verſchiedene Mittel zur Erreichung eurer Abſicht, wovon das eine edler, als das andere iſt, wovon das eine dieſer, das an- dere jener Leidenſchaft vor den Kopf ſtoͤßt, in Vorſchlag; und ſiehe dan zu, wohin ſeine Sele ſich neigt, und bei welchem ſie zuruͤkfaͤhrt. Dis wird dir auf einmahl den Schluͤſſel zu ſeinem Karakter geben. Denn jezt, da eure beiderſeitigen Vortheile in einander ge- ſchlungen ſind, und es nun darauf ankomt, ge- meinſchaftliche Sache zu machen, wird er auf einen Augenblik vergeſſen, daß ihr zwei verſchie- dene Perſonen ſeid, und in dieſem kritiſchen Au- genblikke wird er reden und handeln, als wenn er allein waͤre. Das iſt aber der Augenblik, in welchem man Augen und Ohren brauchen muß, ſeinen Man ſchnel durchzuſehen, und durchzuhoͤ- ren: denn eine Minute darnach wird ſeine Sele vielleicht ſchon wieder Schildwache ſtehen, und die Thuͤr K 3

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Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783/179>, abgerufen am 17.05.2024.