Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

als der erste für sich hat: so kont' ich es nicht für
überflüssig halten, dich vor Leuten dieser Art,
fals du jemahls dergleichen auf deinem Wege an-
treffen soltest, ernstlich zu warnen. Denn, daß
sie weder zu einer vernünftigen und dauerhaften
Freundschaft, noch zu irgend einer anhaltenden
gemeinschaftlichen Wirksamkeit tüchtig sind, wohl
aber auf der andern Seite in allen ihren Ge-
schäften und Verbindungen nichts als Verwir-
rung, Unordnung und Zwiespalt erregen müssen,
wirst du aus der Beschreibung, die ich dir von
ihnen gemacht habe, schon von selbst abnehmen.

Ueberhaupt, mein Sohn, drenge dich nie
zu einem engern Verhältniß mit Virtuosen,
Sehern, schönen Geistern und Dichtern, bevor
du nicht aus langer Beobachtung, und aus
vielen übereinstimmenden Thatsachen zuverlässig
weißt, daß sie zu den seltnen Ausnahmen gehören,
deren Kopf über dem Rauchfasse des Lobes, wel-
ches ihnen thörichter Weise so nahe unter die Nase
gehalten wird, nicht schwindlicht, und deren Herz
durch die Einbildung, daß sie eine eigene, über alle
andere weit erhabene Klasse von Geistern ausma-

chen,
O 3

als der erſte fuͤr ſich hat: ſo kont’ ich es nicht fuͤr
uͤberfluͤſſig halten, dich vor Leuten dieſer Art,
fals du jemahls dergleichen auf deinem Wege an-
treffen ſolteſt, ernſtlich zu warnen. Denn, daß
ſie weder zu einer vernuͤnftigen und dauerhaften
Freundſchaft, noch zu irgend einer anhaltenden
gemeinſchaftlichen Wirkſamkeit tuͤchtig ſind, wohl
aber auf der andern Seite in allen ihren Ge-
ſchaͤften und Verbindungen nichts als Verwir-
rung, Unordnung und Zwieſpalt erregen muͤſſen,
wirſt du aus der Beſchreibung, die ich dir von
ihnen gemacht habe, ſchon von ſelbſt abnehmen.

Ueberhaupt, mein Sohn, drenge dich nie
zu einem engern Verhaͤltniß mit Virtuoſen,
Sehern, ſchoͤnen Geiſtern und Dichtern, bevor
du nicht aus langer Beobachtung, und aus
vielen uͤbereinſtimmenden Thatſachen zuverlaͤſſig
weißt, daß ſie zu den ſeltnen Ausnahmen gehoͤren,
deren Kopf uͤber dem Rauchfaſſe des Lobes, wel-
ches ihnen thoͤrichter Weiſe ſo nahe unter die Naſe
gehalten wird, nicht ſchwindlicht, und deren Herz
durch die Einbildung, daß ſie eine eigene, uͤber alle
andere weit erhabene Klaſſe von Geiſtern ausma-

chen,
O 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0243" n="213"/>
als der er&#x017F;te fu&#x0364;r &#x017F;ich hat: &#x017F;o kont&#x2019; ich es nicht fu&#x0364;r<lb/>
u&#x0364;berflu&#x0364;&#x017F;&#x017F;ig halten, dich vor Leuten die&#x017F;er Art,<lb/>
fals du jemahls dergleichen auf deinem Wege an-<lb/>
treffen &#x017F;olte&#x017F;t, ern&#x017F;tlich zu warnen. Denn, daß<lb/>
&#x017F;ie weder zu einer vernu&#x0364;nftigen und dauerhaften<lb/>
Freund&#x017F;chaft, noch zu irgend einer anhaltenden<lb/>
gemein&#x017F;chaftlichen Wirk&#x017F;amkeit tu&#x0364;chtig &#x017F;ind, wohl<lb/>
aber auf der andern Seite in allen ihren Ge-<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;ften und Verbindungen nichts als Verwir-<lb/>
rung, Unordnung und Zwie&#x017F;palt erregen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
wir&#x017F;t du aus der Be&#x017F;chreibung, die ich dir von<lb/>
ihnen gemacht habe, &#x017F;chon von &#x017F;elb&#x017F;t abnehmen.</p><lb/>
        <p>Ueberhaupt, mein Sohn, drenge dich nie<lb/>
zu einem engern Verha&#x0364;ltniß mit Virtuo&#x017F;en,<lb/>
Sehern, &#x017F;cho&#x0364;nen Gei&#x017F;tern und Dichtern, bevor<lb/>
du nicht aus langer Beobachtung, und aus<lb/>
vielen u&#x0364;berein&#x017F;timmenden That&#x017F;achen zuverla&#x0364;&#x017F;&#x017F;ig<lb/>
weißt, daß &#x017F;ie zu den &#x017F;eltnen Ausnahmen geho&#x0364;ren,<lb/>
deren Kopf u&#x0364;ber dem Rauchfa&#x017F;&#x017F;e des Lobes, wel-<lb/>
ches ihnen tho&#x0364;richter Wei&#x017F;e &#x017F;o nahe unter die Na&#x017F;e<lb/>
gehalten wird, nicht &#x017F;chwindlicht, und deren Herz<lb/>
durch die Einbildung, daß &#x017F;ie eine eigene, u&#x0364;ber alle<lb/>
andere weit erhabene Kla&#x017F;&#x017F;e von Gei&#x017F;tern ausma-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">O 3</fw><fw place="bottom" type="catch">chen,</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[213/0243] als der erſte fuͤr ſich hat: ſo kont’ ich es nicht fuͤr uͤberfluͤſſig halten, dich vor Leuten dieſer Art, fals du jemahls dergleichen auf deinem Wege an- treffen ſolteſt, ernſtlich zu warnen. Denn, daß ſie weder zu einer vernuͤnftigen und dauerhaften Freundſchaft, noch zu irgend einer anhaltenden gemeinſchaftlichen Wirkſamkeit tuͤchtig ſind, wohl aber auf der andern Seite in allen ihren Ge- ſchaͤften und Verbindungen nichts als Verwir- rung, Unordnung und Zwieſpalt erregen muͤſſen, wirſt du aus der Beſchreibung, die ich dir von ihnen gemacht habe, ſchon von ſelbſt abnehmen. Ueberhaupt, mein Sohn, drenge dich nie zu einem engern Verhaͤltniß mit Virtuoſen, Sehern, ſchoͤnen Geiſtern und Dichtern, bevor du nicht aus langer Beobachtung, und aus vielen uͤbereinſtimmenden Thatſachen zuverlaͤſſig weißt, daß ſie zu den ſeltnen Ausnahmen gehoͤren, deren Kopf uͤber dem Rauchfaſſe des Lobes, wel- ches ihnen thoͤrichter Weiſe ſo nahe unter die Naſe gehalten wird, nicht ſchwindlicht, und deren Herz durch die Einbildung, daß ſie eine eigene, uͤber alle andere weit erhabene Klaſſe von Geiſtern ausma- chen, O 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783/243
Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783/243>, abgerufen am 16.05.2024.