und boshaft. Fliehe diese, aber laß dich gern zu jenen herab, und verschmähe ihre Liebe nicht; denn sie sind es wehrt, daß man ihnen Freude zu machen suche, und unsere Herablassung macht sie ihnen in hohem Grade; aber auch um dein selbstwillen nicht: denn wenn du irgend etwas Gutes wirken wilst, wozu körperliche Mühe, Aufmerksamkeit auf Kleinigkeiten und große Ge- duld, nur nicht vorzügliche Geistesfähigkeiten, er- fodert werden: so wisse, daß diese simpeln Leute grade die brauchbarsten und bereitwilligsten Werk- zeuge sein werden, deren du dich bedienen kanst. Ich kan mit Wahrheit sagen, daß ich Leuten dieser Art sowohl in Ansehung solcher Dienste, die mein eigenes Wohlergehn betrafen, als auch in Ansehung des guten Fortgangs meiner Wirksam- keit auf andere, mehr zu verdanken habe, als den meisten wizigen und klugen Köpfen, welche mich ihrer Freundschaft würdigten.
Jene dienen uns gern, und von ganzem Her- zen, und ohne Rüksicht auf sich selbst zu nehmen: diese hingegen haben insgemein erst so manche Bedenklichkeit! Müssen erst so manchen Blik auf
sich
und boshaft. Fliehe dieſe, aber laß dich gern zu jenen herab, und verſchmaͤhe ihre Liebe nicht; denn ſie ſind es wehrt, daß man ihnen Freude zu machen ſuche, und unſere Herablaſſung macht ſie ihnen in hohem Grade; aber auch um dein ſelbſtwillen nicht: denn wenn du irgend etwas Gutes wirken wilſt, wozu koͤrperliche Muͤhe, Aufmerkſamkeit auf Kleinigkeiten und große Ge- duld, nur nicht vorzuͤgliche Geiſtesfaͤhigkeiten, er- fodert werden: ſo wiſſe, daß dieſe ſimpeln Leute grade die brauchbarſten und bereitwilligſten Werk- zeuge ſein werden, deren du dich bedienen kanſt. Ich kan mit Wahrheit ſagen, daß ich Leuten dieſer Art ſowohl in Anſehung ſolcher Dienſte, die mein eigenes Wohlergehn betrafen, als auch in Anſehung des guten Fortgangs meiner Wirkſam- keit auf andere, mehr zu verdanken habe, als den meiſten wizigen und klugen Koͤpfen, welche mich ihrer Freundſchaft wuͤrdigten.
Jene dienen uns gern, und von ganzem Her- zen, und ohne Ruͤkſicht auf ſich ſelbſt zu nehmen: dieſe hingegen haben insgemein erſt ſo manche Bedenklichkeit! Muͤſſen erſt ſo manchen Blik auf
ſich
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und boshaft. Fliehe dieſe, aber laß dich gern
zu jenen herab, und verſchmaͤhe ihre Liebe nicht;
denn ſie ſind es wehrt, daß man ihnen Freude
zu machen ſuche, und unſere Herablaſſung macht
ſie ihnen in hohem Grade; aber auch um dein
ſelbſtwillen nicht: denn wenn du irgend etwas
Gutes wirken wilſt, wozu koͤrperliche Muͤhe,
Aufmerkſamkeit auf Kleinigkeiten und große Ge-
duld, nur nicht vorzuͤgliche Geiſtesfaͤhigkeiten, er-
fodert werden: ſo wiſſe, daß dieſe ſimpeln Leute
grade die brauchbarſten und bereitwilligſten Werk-
zeuge ſein werden, deren du dich bedienen kanſt.
Ich kan mit Wahrheit ſagen, daß ich Leuten dieſer
Art ſowohl in Anſehung ſolcher Dienſte, die
mein eigenes Wohlergehn betrafen, als auch in
Anſehung des guten Fortgangs meiner Wirkſam-
keit auf andere, mehr zu verdanken habe, als den
meiſten wizigen und klugen Koͤpfen, welche mich
ihrer Freundſchaft wuͤrdigten.
Jene dienen uns gern, und von ganzem Her-
zen, und ohne Ruͤkſicht auf ſich ſelbſt zu nehmen:
dieſe hingegen haben insgemein erſt ſo manche
Bedenklichkeit! Muͤſſen erſt ſo manchen Blik auf
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Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783/253>, abgerufen am 22.11.2024.
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