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Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783.

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Das klingt nun scheinbar, ist aber in der
That falsch. Handwerke zwar, als Feldbau,
Manufacturen, u. s. f. werden herunter kommen,
wenn wegen der Beschaffenheit der Regierungs-
art der Gewin und das Eigenthum unsicher sind.
Warum aber die unumschränkte Regierung das
Genie eines Meßkünstlers, Sternkundigen, Dich-
ters oder Redners fesseln solte, das habe ich, ge-
stehe ich gern, niemahls entdekken können. *)
Sie kan zwar Dichtern und Rednern die Freiheit
entziehen, gewisse Materien auf die Art, wie sie
wünschen würden, auszuführen; läßt ihnen aber
noch Materien genug zur Uebung des Genies übrig,
wenn sie anders welches haben. Kan wohl ein
Schriftsteller sich mit Vernunft beschweren, er
wäre gefesselt, wenn es ihm nicht frei steht, got-
teslästerliche, unzüchtige oder aufrührische Dinge
herauszugeben? Das alles ist ja in den freiesten

Regie-
*) Dieses nun wohl freilich nicht; aber auch
nicht den forschenden Untersuchungsgeist in
religiösen, philosophischen und solchen Ma-
terien, welche die Rechte der Menschheit
betreffen? C.
K 5

Das klingt nun ſcheinbar, iſt aber in der
That falſch. Handwerke zwar, als Feldbau,
Manufacturen, u. ſ. f. werden herunter kommen,
wenn wegen der Beſchaffenheit der Regierungs-
art der Gewin und das Eigenthum unſicher ſind.
Warum aber die unumſchraͤnkte Regierung das
Genie eines Meßkuͤnſtlers, Sternkundigen, Dich-
ters oder Redners feſſeln ſolte, das habe ich, ge-
ſtehe ich gern, niemahls entdekken koͤnnen. *)
Sie kan zwar Dichtern und Rednern die Freiheit
entziehen, gewiſſe Materien auf die Art, wie ſie
wuͤnſchen wuͤrden, auszufuͤhren; laͤßt ihnen aber
noch Materien genug zur Uebung des Genies uͤbrig,
wenn ſie anders welches haben. Kan wohl ein
Schriftſteller ſich mit Vernunft beſchweren, er
waͤre gefeſſelt, wenn es ihm nicht frei ſteht, got-
teslaͤſterliche, unzuͤchtige oder aufruͤhriſche Dinge
herauszugeben? Das alles iſt ja in den freieſten

Regie-
*) Dieſes nun wohl freilich nicht; aber auch
nicht den forſchenden Unterſuchungsgeiſt in
religioͤſen, philoſophiſchen und ſolchen Ma-
terien, welche die Rechte der Menſchheit
betreffen? C.
K 5
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[153/0159] Das klingt nun ſcheinbar, iſt aber in der That falſch. Handwerke zwar, als Feldbau, Manufacturen, u. ſ. f. werden herunter kommen, wenn wegen der Beſchaffenheit der Regierungs- art der Gewin und das Eigenthum unſicher ſind. Warum aber die unumſchraͤnkte Regierung das Genie eines Meßkuͤnſtlers, Sternkundigen, Dich- ters oder Redners feſſeln ſolte, das habe ich, ge- ſtehe ich gern, niemahls entdekken koͤnnen. *) Sie kan zwar Dichtern und Rednern die Freiheit entziehen, gewiſſe Materien auf die Art, wie ſie wuͤnſchen wuͤrden, auszufuͤhren; laͤßt ihnen aber noch Materien genug zur Uebung des Genies uͤbrig, wenn ſie anders welches haben. Kan wohl ein Schriftſteller ſich mit Vernunft beſchweren, er waͤre gefeſſelt, wenn es ihm nicht frei ſteht, got- teslaͤſterliche, unzuͤchtige oder aufruͤhriſche Dinge herauszugeben? Das alles iſt ja in den freieſten Regie- *) Dieſes nun wohl freilich nicht; aber auch nicht den forſchenden Unterſuchungsgeiſt in religioͤſen, philoſophiſchen und ſolchen Ma- terien, welche die Rechte der Menſchheit betreffen? C. K 5

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Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron02_1783/159>, abgerufen am 11.12.2024.