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Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783.

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Die vielen guten französischen Schriftsteller,
als Corneille, Racine, Boileau, la Fontaine,
die dem goldnen römischen Zeitalter den Preis
streitig zu machen schienen, blühten unter der
unumschränkten Herschaft Ludwigs des vier-
zehnten
*). Selbst die berühmten Schrift-
steller zu Augusts Zeiten erlangten ihren Ruf
nicht eher, als nachdem bereits dieser grausame,
unwürdige Kaiser dem römischen Volke die Fesseln
angelegt hatte.

Die Wiederherstellung der Wissenschaften war
auch nicht einer freien Regierung zuzuschreiben,
sondern der Aufmunterung und dem Schuze des
Pabstes Leo des zehnten, und Franz des
ersten
von Frankreich. Der lezte war so un-
umschränkt, als ein Pabst, der erste ein so wil-
kührlicher Fürst, als nur jemahls einer regiert hat.

Versteh mich nicht unrecht, als wolt' ich,
indem ich blos ein Vorurtheil tadle, der wilkühr-

lichen
*) Aber unter eben dieser Regierung blüheten
auch Aberglaube und Fanatismus, mit allen
ihren Folgen von Dumheit, Verfolgungs-
sucht und Grausamkeit. C.

Die vielen guten franzoͤſiſchen Schriftſteller,
als Corneille, Racine, Boileau, la Fontaine,
die dem goldnen roͤmiſchen Zeitalter den Preis
ſtreitig zu machen ſchienen, bluͤhten unter der
unumſchraͤnkten Herſchaft Ludwigs des vier-
zehnten
*). Selbſt die beruͤhmten Schrift-
ſteller zu Auguſts Zeiten erlangten ihren Ruf
nicht eher, als nachdem bereits dieſer grauſame,
unwuͤrdige Kaiſer dem roͤmiſchen Volke die Feſſeln
angelegt hatte.

Die Wiederherſtellung der Wiſſenſchaften war
auch nicht einer freien Regierung zuzuſchreiben,
ſondern der Aufmunterung und dem Schuze des
Pabſtes Leo des zehnten, und Franz des
erſten
von Frankreich. Der lezte war ſo un-
umſchraͤnkt, als ein Pabſt, der erſte ein ſo wil-
kuͤhrlicher Fuͤrſt, als nur jemahls einer regiert hat.

Verſteh mich nicht unrecht, als wolt’ ich,
indem ich blos ein Vorurtheil tadle, der wilkuͤhr-

lichen
*) Aber unter eben dieſer Regierung bluͤheten
auch Aberglaube und Fanatismus, mit allen
ihren Folgen von Dumheit, Verfolgungs-
ſucht und Grauſamkeit. C.
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[155/0161] Die vielen guten franzoͤſiſchen Schriftſteller, als Corneille, Racine, Boileau, la Fontaine, die dem goldnen roͤmiſchen Zeitalter den Preis ſtreitig zu machen ſchienen, bluͤhten unter der unumſchraͤnkten Herſchaft Ludwigs des vier- zehnten *). Selbſt die beruͤhmten Schrift- ſteller zu Auguſts Zeiten erlangten ihren Ruf nicht eher, als nachdem bereits dieſer grauſame, unwuͤrdige Kaiſer dem roͤmiſchen Volke die Feſſeln angelegt hatte. Die Wiederherſtellung der Wiſſenſchaften war auch nicht einer freien Regierung zuzuſchreiben, ſondern der Aufmunterung und dem Schuze des Pabſtes Leo des zehnten, und Franz des erſten von Frankreich. Der lezte war ſo un- umſchraͤnkt, als ein Pabſt, der erſte ein ſo wil- kuͤhrlicher Fuͤrſt, als nur jemahls einer regiert hat. Verſteh mich nicht unrecht, als wolt’ ich, indem ich blos ein Vorurtheil tadle, der wilkuͤhr- lichen *) Aber unter eben dieſer Regierung bluͤheten auch Aberglaube und Fanatismus, mit allen ihren Folgen von Dumheit, Verfolgungs- ſucht und Grauſamkeit. C.

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Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron02_1783/161>, abgerufen am 11.12.2024.