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Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783.

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schenzeit, da ihn weder Karten noch Würfel
beschäftigten, das Leben selbst unschmakhaft und
unerträglich ward.

Die Flasche ist das nie ermangelnde Hülfs-
mittel solcher, die von der Langenweile genöthiget
werden, die Künste der Verschwendung des schäz-
barsten von allen Gütern, der Zeit, zu studiren.
Die Würfel zu schütteln und den Pokal zu bekrän-
zen, das war nunmehr Georgens ganze Beschäf-
tigung. Die erstern schwächten sein Vermögen;
der leztere richtete seine Gesundheit zu Grunde.

Doch ich würde kein Ende finden, wenn ich
die vielen Abwechslungen von Glük und Unglük,
von Erhebung und Niedersenkung, denen der
Unglükliche ausgesezt war, herzählen wolte. Es
sei genug, dir zu sagen, daß der beklagenswürdige
Jüngling ein mehr als hinreichendes Vermögen
verspielte, das ihm im Alter Mittel verschaft haben
würde, in Frieden der Ruhe zu genießen; daß
er eine Leibesbeschaffenheit und Selenkräfte zu
Grunde richtete, die ihn zum schäzbaren Mitgliede
des Staats hätten machen können; daß er ohne
Achtung lebte, und unbedauert starb.



Ich

ſchenzeit, da ihn weder Karten noch Wuͤrfel
beſchaͤftigten, das Leben ſelbſt unſchmakhaft und
unertraͤglich ward.

Die Flaſche iſt das nie ermangelnde Huͤlfs-
mittel ſolcher, die von der Langenweile genoͤthiget
werden, die Kuͤnſte der Verſchwendung des ſchaͤz-
barſten von allen Guͤtern, der Zeit, zu ſtudiren.
Die Wuͤrfel zu ſchuͤtteln und den Pokal zu bekraͤn-
zen, das war nunmehr Georgens ganze Beſchaͤf-
tigung. Die erſtern ſchwaͤchten ſein Vermoͤgen;
der leztere richtete ſeine Geſundheit zu Grunde.

Doch ich wuͤrde kein Ende finden, wenn ich
die vielen Abwechslungen von Gluͤk und Ungluͤk,
von Erhebung und Niederſenkung, denen der
Ungluͤkliche ausgeſezt war, herzaͤhlen wolte. Es
ſei genug, dir zu ſagen, daß der beklagenswuͤrdige
Juͤngling ein mehr als hinreichendes Vermoͤgen
verſpielte, das ihm im Alter Mittel verſchaft haben
wuͤrde, in Frieden der Ruhe zu genießen; daß
er eine Leibesbeſchaffenheit und Selenkraͤfte zu
Grunde richtete, die ihn zum ſchaͤzbaren Mitgliede
des Staats haͤtten machen koͤnnen; daß er ohne
Achtung lebte, und unbedauert ſtarb.



Ich
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[182/0188] ſchenzeit, da ihn weder Karten noch Wuͤrfel beſchaͤftigten, das Leben ſelbſt unſchmakhaft und unertraͤglich ward. Die Flaſche iſt das nie ermangelnde Huͤlfs- mittel ſolcher, die von der Langenweile genoͤthiget werden, die Kuͤnſte der Verſchwendung des ſchaͤz- barſten von allen Guͤtern, der Zeit, zu ſtudiren. Die Wuͤrfel zu ſchuͤtteln und den Pokal zu bekraͤn- zen, das war nunmehr Georgens ganze Beſchaͤf- tigung. Die erſtern ſchwaͤchten ſein Vermoͤgen; der leztere richtete ſeine Geſundheit zu Grunde. Doch ich wuͤrde kein Ende finden, wenn ich die vielen Abwechslungen von Gluͤk und Ungluͤk, von Erhebung und Niederſenkung, denen der Ungluͤkliche ausgeſezt war, herzaͤhlen wolte. Es ſei genug, dir zu ſagen, daß der beklagenswuͤrdige Juͤngling ein mehr als hinreichendes Vermoͤgen verſpielte, das ihm im Alter Mittel verſchaft haben wuͤrde, in Frieden der Ruhe zu genießen; daß er eine Leibesbeſchaffenheit und Selenkraͤfte zu Grunde richtete, die ihn zum ſchaͤzbaren Mitgliede des Staats haͤtten machen koͤnnen; daß er ohne Achtung lebte, und unbedauert ſtarb. Ich

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Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron02_1783/188>, abgerufen am 11.12.2024.