Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783.unmöglich, sie zu unterrichten; hingegen sehr Heiteres, ruhiges Gesicht und Betragen sind Es gibt wohl Fälle, in denen einer sein halbes Eines Menschen eignes gesittetes Wesen ist Als zu König Wilhelms Zeiten das alte be- tuta-
unmoͤglich, ſie zu unterrichten; hingegen ſehr Heiteres, ruhiges Geſicht und Betragen ſind Es gibt wohl Faͤlle, in denen einer ſein halbes Eines Menſchen eignes geſittetes Weſen iſt Als zu Koͤnig Wilhelms Zeiten das alte be- tuta-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0196" n="190"/> unmoͤglich, ſie zu unterrichten; hingegen ſehr<lb/> leicht, ihnen zu misfallen.</p><lb/> <p>Heiteres, ruhiges Geſicht und Betragen ſind<lb/> bei Hofe, wie uͤberal, ſehr nuͤzlich. Thoren werden<lb/> dadurch bewogen, dich blos darum fuͤr einen gut-<lb/> herzigen Man, und Argliſtige, dich fuͤr einen Men-<lb/> ſchen ohne Falſch zu halten.</p><lb/> <p>Es gibt wohl Faͤlle, in denen einer ſein halbes<lb/> Geheimniß herausſagen muß, um das uͤbrige zu<lb/> verbergen; ſelten aber ſolche, da er es ganz ſagen<lb/> muͤßte. Da iſt nun große Geſchiklichkeit noͤthig,<lb/> um zu wiſſen, wie weit man gehen, und wo man<lb/> inne halten ſol.</p><lb/> <p>Eines Menſchen eignes geſittetes Weſen iſt<lb/> ſeine groͤßte Sicherheit vor andrer uͤbeln Sitten.<lb/> Niemand hat jemahls dem Herzoge von <hi rendition="#fr">Marl-<lb/> borough</hi> etwas unverſchaͤmtes geſagt. Niemand<lb/> ſagte jemahls Sir <hi rendition="#fr">Robert Walpolen</hi> etwas<lb/> wirklich verbindliches, ohngeachtet man ihm viele<lb/> Schmeicheleien ſagte.</p><lb/> <p>Als zu Koͤnig <hi rendition="#fr">Wilhelms</hi> Zeiten das alte be-<lb/> ſchnittene Geld zur Umpraͤgung eingefodert ward,<lb/> ſezten ſie, um das Beſchneiden zu verhuͤten, auf<lb/> den Rand der Kronen die Worte, <hi rendition="#aq">et decus et</hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">tuta-</hi></fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [190/0196]
unmoͤglich, ſie zu unterrichten; hingegen ſehr
leicht, ihnen zu misfallen.
Heiteres, ruhiges Geſicht und Betragen ſind
bei Hofe, wie uͤberal, ſehr nuͤzlich. Thoren werden
dadurch bewogen, dich blos darum fuͤr einen gut-
herzigen Man, und Argliſtige, dich fuͤr einen Men-
ſchen ohne Falſch zu halten.
Es gibt wohl Faͤlle, in denen einer ſein halbes
Geheimniß herausſagen muß, um das uͤbrige zu
verbergen; ſelten aber ſolche, da er es ganz ſagen
muͤßte. Da iſt nun große Geſchiklichkeit noͤthig,
um zu wiſſen, wie weit man gehen, und wo man
inne halten ſol.
Eines Menſchen eignes geſittetes Weſen iſt
ſeine groͤßte Sicherheit vor andrer uͤbeln Sitten.
Niemand hat jemahls dem Herzoge von Marl-
borough etwas unverſchaͤmtes geſagt. Niemand
ſagte jemahls Sir Robert Walpolen etwas
wirklich verbindliches, ohngeachtet man ihm viele
Schmeicheleien ſagte.
Als zu Koͤnig Wilhelms Zeiten das alte be-
ſchnittene Geld zur Umpraͤgung eingefodert ward,
ſezten ſie, um das Beſchneiden zu verhuͤten, auf
den Rand der Kronen die Worte, et decus et
tuta-
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