Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

auch nothwendig. Sich das Ansehen zu geben,
als nähme man die kleinen Schwachheiten, Fehler
und Lächerlichkeiten der Geselschaft gar nicht wahr,
das ist nicht nur erlaubt, sondern auch gewisser
maßen eine Pflicht der Höflichkeit. Thust du
es, so wird man mit dir zufrieden sein; thust du
es nicht, so wird man sich gewiß von dir nicht
bessern lassen.)


(Du wirst in jeder Gruppe von Geselschaft
zwo Hauptfiguren finden, das artige Frauenzim-
mer und den artigen Herrn, die schlechterdings,
in Ansehung des Wizes, der Sprache, der Mode,
des Geschmaks, derselben Geselschaft Geseze vor-
schreiben. Bei einem mäßigen Antheile an Scharf-
sin wirst du, noch ehe du eine halbe Stunde in
der Geselschaft gewesen bist, diese beiden Haupt-
figuren leicht entdekken; sowohl aus der Ehrfurcht,
die du der ganzen Geselschaft ihnen erweisen siehest,
als auch aus der ungezwungenen, sorglosen, hei-
tern Miene, die ihnen das Bewußtsein ihrer Macht
gibt. In diesem Falle, so wie in jedem andern,
ziele allezeit auf das höchste; wende dich an diese

Haupt-

auch nothwendig. Sich das Anſehen zu geben,
als naͤhme man die kleinen Schwachheiten, Fehler
und Laͤcherlichkeiten der Geſelſchaft gar nicht wahr,
das iſt nicht nur erlaubt, ſondern auch gewiſſer
maßen eine Pflicht der Hoͤflichkeit. Thuſt du
es, ſo wird man mit dir zufrieden ſein; thuſt du
es nicht, ſo wird man ſich gewiß von dir nicht
beſſern laſſen.)


(Du wirſt in jeder Gruppe von Geſelſchaft
zwo Hauptfiguren finden, das artige Frauenzim-
mer und den artigen Herrn, die ſchlechterdings,
in Anſehung des Wizes, der Sprache, der Mode,
des Geſchmaks, derſelben Geſelſchaft Geſeze vor-
ſchreiben. Bei einem maͤßigen Antheile an Scharf-
ſin wirſt du, noch ehe du eine halbe Stunde in
der Geſelſchaft geweſen biſt, dieſe beiden Haupt-
figuren leicht entdekken; ſowohl aus der Ehrfurcht,
die du der ganzen Geſelſchaft ihnen erweiſen ſieheſt,
als auch aus der ungezwungenen, ſorgloſen, hei-
tern Miene, die ihnen das Bewußtſein ihrer Macht
gibt. In dieſem Falle, ſo wie in jedem andern,
ziele allezeit auf das hoͤchſte; wende dich an dieſe

Haupt-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0054" n="48"/>
auch nothwendig. Sich das An&#x017F;ehen zu geben,<lb/>
als na&#x0364;hme man die kleinen Schwachheiten, Fehler<lb/>
und La&#x0364;cherlichkeiten der Ge&#x017F;el&#x017F;chaft gar nicht wahr,<lb/>
das i&#x017F;t nicht nur erlaubt, &#x017F;ondern auch gewi&#x017F;&#x017F;er<lb/>
maßen eine Pflicht der Ho&#x0364;flichkeit. Thu&#x017F;t du<lb/>
es, &#x017F;o wird man mit dir zufrieden &#x017F;ein; thu&#x017F;t du<lb/>
es nicht, &#x017F;o wird man &#x017F;ich gewiß von dir nicht<lb/>
be&#x017F;&#x017F;ern la&#x017F;&#x017F;en.)</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p>(Du wir&#x017F;t in jeder Gruppe von Ge&#x017F;el&#x017F;chaft<lb/>
zwo Hauptfiguren finden, das artige Frauenzim-<lb/>
mer und den artigen Herrn, die &#x017F;chlechterdings,<lb/>
in An&#x017F;ehung des Wizes, der Sprache, der Mode,<lb/>
des Ge&#x017F;chmaks, der&#x017F;elben Ge&#x017F;el&#x017F;chaft Ge&#x017F;eze vor-<lb/>
&#x017F;chreiben. Bei einem ma&#x0364;ßigen Antheile an Scharf-<lb/>
&#x017F;in wir&#x017F;t du, noch ehe du eine halbe Stunde in<lb/>
der Ge&#x017F;el&#x017F;chaft gewe&#x017F;en bi&#x017F;t, die&#x017F;e beiden Haupt-<lb/>
figuren leicht entdekken; &#x017F;owohl aus der Ehrfurcht,<lb/>
die du der ganzen Ge&#x017F;el&#x017F;chaft ihnen erwei&#x017F;en &#x017F;iehe&#x017F;t,<lb/>
als auch aus der ungezwungenen, &#x017F;orglo&#x017F;en, hei-<lb/>
tern Miene, die ihnen das Bewußt&#x017F;ein ihrer Macht<lb/>
gibt. In die&#x017F;em Falle, &#x017F;o wie in jedem andern,<lb/>
ziele allezeit auf das ho&#x0364;ch&#x017F;te; wende dich an die&#x017F;e<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Haupt-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[48/0054] auch nothwendig. Sich das Anſehen zu geben, als naͤhme man die kleinen Schwachheiten, Fehler und Laͤcherlichkeiten der Geſelſchaft gar nicht wahr, das iſt nicht nur erlaubt, ſondern auch gewiſſer maßen eine Pflicht der Hoͤflichkeit. Thuſt du es, ſo wird man mit dir zufrieden ſein; thuſt du es nicht, ſo wird man ſich gewiß von dir nicht beſſern laſſen.) (Du wirſt in jeder Gruppe von Geſelſchaft zwo Hauptfiguren finden, das artige Frauenzim- mer und den artigen Herrn, die ſchlechterdings, in Anſehung des Wizes, der Sprache, der Mode, des Geſchmaks, derſelben Geſelſchaft Geſeze vor- ſchreiben. Bei einem maͤßigen Antheile an Scharf- ſin wirſt du, noch ehe du eine halbe Stunde in der Geſelſchaft geweſen biſt, dieſe beiden Haupt- figuren leicht entdekken; ſowohl aus der Ehrfurcht, die du der ganzen Geſelſchaft ihnen erweiſen ſieheſt, als auch aus der ungezwungenen, ſorgloſen, hei- tern Miene, die ihnen das Bewußtſein ihrer Macht gibt. In dieſem Falle, ſo wie in jedem andern, ziele allezeit auf das hoͤchſte; wende dich an dieſe Haupt-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron02_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron02_1783/54
Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron02_1783/54>, abgerufen am 28.11.2024.