Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Candidus, Karl: Der deutsche Christus. Fünfzehn Canzonen. Leipzig, 1844.

Bild:
<< vorherige Seite
So sei mir denn gegrüßt, zum Trutz Verächtern,
O Zeichen das uns Opferweihe lehret,
Bis einst aus Männerernst und Frauenthränen
Des Volkes Seele reingewaschen kehret
Und Heil erblüht den künftigen Geschlechtern!
Du Menschheitswappen, wie auch alles Wähnen
Und mißverstand'ne Sehnen
Der Sterblichen dich mag entgeistet haben,
Sei mir gegrüßt, wo ich dich immer schaue,
Gegrüßt, wie ich vertraue,
O Kreuz, all deinen süßen Himmelslaben!
Wie bist du streng und dunkelst ernste Schauer!
Wie bist du mild und lichtest jede Trauer!
Wie tief das Leid war, also hoch wird Lust sein,
Und wie die Klage war, wird sein Frohlocken
Wenn Gottes Reich mit festlichem Gesumme
Dereinst verkünden aller Lande Glocken.
Still sagt dann Jedem seliges Bewußtsein
Daß heilumflutet letztes Weh verstumme.
Denn gleich ist ja die Summe
Die Gott uns wog der Schmerzen und der Wonnen
Und enden muß die sühnende Geschichte
In höchster Hulden Lichte
Wie sie mit tiefem Falle hat begonnen.
Laß mich, o Kreuz! in deines Kelches Schrecken
Der Heilvollendung Maß und Umfang schmecken.
So ſei mir denn gegrüßt, zum Trutz Verächtern,
O Zeichen das uns Opferweihe lehret,
Bis einſt aus Männerernſt und Frauenthränen
Des Volkes Seele reingewaſchen kehret
Und Heil erblüht den künftigen Geſchlechtern!
Du Menſchheitswappen, wie auch alles Wähnen
Und mißverſtand'ne Sehnen
Der Sterblichen dich mag entgeiſtet haben,
Sei mir gegrüßt, wo ich dich immer ſchaue,
Gegrüßt, wie ich vertraue,
O Kreuz, all deinen ſüßen Himmelslaben!
Wie biſt du ſtreng und dunkelſt ernſte Schauer!
Wie biſt du mild und lichteſt jede Trauer!
Wie tief das Leid war, alſo hoch wird Luſt ſein,
Und wie die Klage war, wird ſein Frohlocken
Wenn Gottes Reich mit feſtlichem Geſumme
Dereinſt verkünden aller Lande Glocken.
Still ſagt dann Jedem ſeliges Bewußtſein
Daß heilumflutet letztes Weh verſtumme.
Denn gleich iſt ja die Summe
Die Gott uns wog der Schmerzen und der Wonnen
Und enden muß die ſühnende Geſchichte
In höchſter Hulden Lichte
Wie ſie mit tiefem Falle hat begonnen.
Laß mich, o Kreuz! in deines Kelches Schrecken
Der Heilvollendung Maß und Umfang ſchmecken.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0071" n="57"/>
            <lg n="8">
              <l>So &#x017F;ei mir denn gegrüßt, zum Trutz Verächtern,</l><lb/>
              <l>O Zeichen das uns Opferweihe lehret,</l><lb/>
              <l>Bis ein&#x017F;t aus Männerern&#x017F;t und Frauenthränen</l><lb/>
              <l>Des Volkes Seele reingewa&#x017F;chen kehret</l><lb/>
              <l>Und Heil erblüht den künftigen Ge&#x017F;chlechtern!</l><lb/>
              <l>Du Men&#x017F;chheitswappen, wie auch alles Wähnen</l><lb/>
              <l>Und mißver&#x017F;tand'ne Sehnen</l><lb/>
              <l>Der Sterblichen dich mag entgei&#x017F;tet haben,</l><lb/>
              <l>Sei mir gegrüßt, wo ich dich immer &#x017F;chaue,</l><lb/>
              <l>Gegrüßt, wie ich vertraue,</l><lb/>
              <l>O Kreuz, all deinen &#x017F;üßen Himmelslaben!</l><lb/>
              <l>Wie bi&#x017F;t du &#x017F;treng und dunkel&#x017F;t ern&#x017F;te Schauer!</l><lb/>
              <l>Wie bi&#x017F;t du mild und lichte&#x017F;t jede Trauer!</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="9">
              <l>Wie tief das Leid war, al&#x017F;o hoch wird Lu&#x017F;t &#x017F;ein,</l><lb/>
              <l>Und wie die Klage war, wird &#x017F;ein Frohlocken</l><lb/>
              <l>Wenn Gottes Reich mit fe&#x017F;tlichem Ge&#x017F;umme</l><lb/>
              <l>Derein&#x017F;t verkünden aller Lande Glocken.</l><lb/>
              <l>Still &#x017F;agt dann Jedem &#x017F;eliges Bewußt&#x017F;ein</l><lb/>
              <l>Daß heilumflutet letztes Weh ver&#x017F;tumme.</l><lb/>
              <l>Denn gleich i&#x017F;t ja die Summe</l><lb/>
              <l>Die Gott uns wog der Schmerzen und der Wonnen</l><lb/>
              <l>Und enden muß die &#x017F;ühnende Ge&#x017F;chichte</l><lb/>
              <l>In höch&#x017F;ter Hulden Lichte</l><lb/>
              <l>Wie &#x017F;ie mit tiefem Falle hat begonnen.</l><lb/>
              <l>Laß mich, o Kreuz! in deines Kelches Schrecken</l><lb/>
              <l>Der Heilvollendung Maß und Umfang &#x017F;chmecken.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[57/0071] So ſei mir denn gegrüßt, zum Trutz Verächtern, O Zeichen das uns Opferweihe lehret, Bis einſt aus Männerernſt und Frauenthränen Des Volkes Seele reingewaſchen kehret Und Heil erblüht den künftigen Geſchlechtern! Du Menſchheitswappen, wie auch alles Wähnen Und mißverſtand'ne Sehnen Der Sterblichen dich mag entgeiſtet haben, Sei mir gegrüßt, wo ich dich immer ſchaue, Gegrüßt, wie ich vertraue, O Kreuz, all deinen ſüßen Himmelslaben! Wie biſt du ſtreng und dunkelſt ernſte Schauer! Wie biſt du mild und lichteſt jede Trauer! Wie tief das Leid war, alſo hoch wird Luſt ſein, Und wie die Klage war, wird ſein Frohlocken Wenn Gottes Reich mit feſtlichem Geſumme Dereinſt verkünden aller Lande Glocken. Still ſagt dann Jedem ſeliges Bewußtſein Daß heilumflutet letztes Weh verſtumme. Denn gleich iſt ja die Summe Die Gott uns wog der Schmerzen und der Wonnen Und enden muß die ſühnende Geſchichte In höchſter Hulden Lichte Wie ſie mit tiefem Falle hat begonnen. Laß mich, o Kreuz! in deines Kelches Schrecken Der Heilvollendung Maß und Umfang ſchmecken.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/candidus_christus_1854
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/candidus_christus_1854/71
Zitationshilfe: Candidus, Karl: Der deutsche Christus. Fünfzehn Canzonen. Leipzig, 1844, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/candidus_christus_1854/71>, abgerufen am 21.11.2024.