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[Canitz, Friedrich Rudolph Ludwig von]: Neben-Stunden Unterschiedener Gedichte. [Hrsg. v. Joachim Lange]. Berlin, 1700.

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Warum vergönnest du/ daß sich die Lüsten regen?
Ist Satan/ Welt und Fleisch denn mächtiger als du?
Ach GOtt! so qvälen mich zum öfftern die Gedancken;
Noch mehr verwirret mich der Schrift gelehrten Streit/
Wenn sie sich nach der Kunst um deine Worte zancken;
Wenn dieser Gnade bringt/ und jener Sterben dreut.
Es scheint als hätten sie mit dir im Rath gesessen/
Und da mit dir zugleich das Urtheil abgefaßt/
Weil sie sich unterstehn nach ihrer Schnur zu messen/
Was du Unendlicher in dir verborgen hast.
Bald wil die blasse Furcht mich in den Abgrund stürtzen/
Bald grübelt die Vernunfft/ doch kan ihr frecher Tand
Und mein Gewissen nichts als Zweifels-Knoten schürtzen
So gar daß Sicherheit offt nimmet überhand.
Zuletzt erhohl' ich mich und flieh' in deine Wunden/
Mein Heyland/ die dir nicht ümsonst geschlagen sind!
Im übrigen sey dir dein Rath-Schluß ungebunden/
Ich unterwerffe mich dir Vater als dein Kind
Hilf daß ich wandeln mag/ als wenn durch frommes Leben
Ich könt' erwerben hier die Schätze jener Welt;
Doch wollest du dabey mir solchen Glauben geben/
Der mein Verdienst für nichts/ und dich für alles hält.
GOtt verläßt die Seinen nicht.
1.
SOll mich die Hand des HErren ewig drücken?
Verfolgt Er mich als einen Feind?
Soll ich forthin sonst keinen Stern erblicken/
Als der mich schreckt/ und mir zum Falle scheint?
Soll denn mein Kelch nach nichts als Galle schmecken/
Und eine stete Nacht des Traurens mich bedencken?
2.
Sonst donnert Er allein mit seinem Wetter/
Das voller Tod und Flammen ist/
Auf das Geschlecht der unbekehrten Spötter/
Und schonet den der Ihm die Ruthe küßt;
Sonst
Warum vergoͤnneſt du/ daß ſich die Luͤſten regen?
Iſt Satan/ Welt und Fleiſch denn maͤchtiger als du?
Ach GOtt! ſo qvaͤlen mich zum oͤfftern die Gedancken;
Noch mehr verwirret mich der Schrift gelehrtẽ Streit/
Wenn ſie ſich nach der Kunſt um deine Worte zancken;
Wenn dieſer Gnade bringt/ und jener Sterben dreut.
Es ſcheint als haͤtten ſie mit dir im Rath geſeſſen/
Und da mit dir zugleich das Urtheil abgefaßt/
Weil ſie ſich unterſtehn nach ihrer Schnur zu meſſen/
Was du Unendlicher in dir verborgen haſt.
Bald wil die blaſſe Furcht mich in den Abgrund ſtuͤrtzen/
Bald gruͤbelt die Vernunfft/ doch kan ihr frecher Tand
Und mein Gewiſſen nichts als Zweifels-Knoten ſchuͤꝛtzẽ
So gar daß Sicherheit offt nimmet uͤberhand.
Zuletzt erhohl’ ich mich und flieh’ in deine Wunden/
Mein Heyland/ die dir nicht uͤmſonſt geſchlagen ſind!
Im uͤbrigen ſey dir dein Rath-Schluß ungebunden/
Ich unterwerffe mich dir Vater als dein Kind
Hilf daß ich wandeln mag/ als wenn durch from̃es Leben
Ich koͤnt’ erwerben hier die Schaͤtze jener Welt;
Doch wolleſt du dabey mir ſolchen Glauben geben/
Der mein Verdienſt fuͤr nichts/ und dich fuͤr alles haͤlt.
GOtt verlaͤßt die Seinen nicht.
1.
SOll mich die Hand des HErren ewig druͤcken?
Verfolgt Er mich als einen Feind?
Soll ich forthin ſonſt keinen Stern erblicken/
Als der mich ſchreckt/ und mir zum Falle ſcheint?
Soll denn mein Kelch nach nichts als Galle ſchmecken/
Und eine ſtete Nacht des Traurens mich bedencken?
2.
Sonſt donnert Er allein mit ſeinem Wetter/
Das voller Tod und Flammen iſt/
Auf das Geſchlecht der unbekehrten Spoͤtter/
Und ſchonet den der Ihm die Ruthe kuͤßt;
Sonſt
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[12/0025] Warum vergoͤnneſt du/ daß ſich die Luͤſten regen? Iſt Satan/ Welt und Fleiſch denn maͤchtiger als du? Ach GOtt! ſo qvaͤlen mich zum oͤfftern die Gedancken; Noch mehr verwirret mich der Schrift gelehrtẽ Streit/ Wenn ſie ſich nach der Kunſt um deine Worte zancken; Wenn dieſer Gnade bringt/ und jener Sterben dreut. Es ſcheint als haͤtten ſie mit dir im Rath geſeſſen/ Und da mit dir zugleich das Urtheil abgefaßt/ Weil ſie ſich unterſtehn nach ihrer Schnur zu meſſen/ Was du Unendlicher in dir verborgen haſt. Bald wil die blaſſe Furcht mich in den Abgrund ſtuͤrtzen/ Bald gruͤbelt die Vernunfft/ doch kan ihr frecher Tand Und mein Gewiſſen nichts als Zweifels-Knoten ſchuͤꝛtzẽ So gar daß Sicherheit offt nimmet uͤberhand. Zuletzt erhohl’ ich mich und flieh’ in deine Wunden/ Mein Heyland/ die dir nicht uͤmſonſt geſchlagen ſind! Im uͤbrigen ſey dir dein Rath-Schluß ungebunden/ Ich unterwerffe mich dir Vater als dein Kind Hilf daß ich wandeln mag/ als wenn durch from̃es Leben Ich koͤnt’ erwerben hier die Schaͤtze jener Welt; Doch wolleſt du dabey mir ſolchen Glauben geben/ Der mein Verdienſt fuͤr nichts/ und dich fuͤr alles haͤlt. GOtt verlaͤßt die Seinen nicht. 1. SOll mich die Hand des HErren ewig druͤcken? Verfolgt Er mich als einen Feind? Soll ich forthin ſonſt keinen Stern erblicken/ Als der mich ſchreckt/ und mir zum Falle ſcheint? Soll denn mein Kelch nach nichts als Galle ſchmecken/ Und eine ſtete Nacht des Traurens mich bedencken? 2. Sonſt donnert Er allein mit ſeinem Wetter/ Das voller Tod und Flammen iſt/ Auf das Geſchlecht der unbekehrten Spoͤtter/ Und ſchonet den der Ihm die Ruthe kuͤßt; Sonſt

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Zitationshilfe: [Canitz, Friedrich Rudolph Ludwig von]: Neben-Stunden Unterschiedener Gedichte. [Hrsg. v. Joachim Lange]. Berlin, 1700, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/canitz_gedichte_1700/25>, abgerufen am 23.11.2024.