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[Canitz, Friedrich Rudolph Ludwig von]: Neben-Stunden Unterschiedener Gedichte. [Hrsg. v. Joachim Lange]. Berlin, 1700.

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Seit vielen Jahren hat bey mir kein Lied geklungen/
Die Leyer ist verstimmt/ die Saiten abgesprungen/
Wer weiß was Phöbus thut/ wenn nur dein Antlitz lacht
Ob nicht ein neuer Trieb die Adern schwellen macht.
Mich dünckt ich seh euch schon ihr angenehmen Gäste/
Wie ihr gefahren kommt zu einer Bauren-Köste/
Wie in der freyen Lufft/ da alles spielt und schertzt/
Sich auch Eusebius mit seiner Justgen hertzt.
Charlotten/ Christian/ und deinen theuren Fritzen/
Die seh ich eingepackt aufs schmale Bänckgen sitzen;
Doch wo die Pape bleibt mit ihrer breiten Brust/
Und aufgethürmten Kopff/ das ist mir unbewust.
Ich dencke daß sie sich vor dismahl wird bequemen/
Wo die Bediente stehn/ ein Plätzchen einzunehmen/
Weil noch kein Handwercks-Mann zu der verdammten
Tracht/

Die Sprügel und den Raum hat hoch genug gemacht.
Eins bitt ich/ nehmt verlieb/ wenn ich nach Art der Hirten/
Euch nicht mit Ortolans und Nectar kan bewirthen/
Denn man auf meinen Tisch sonst selten etwas trägt
Das nicht mein Feld/ mein Stall/ mein Teich und Gar-
ten hegt.

Auf! bilde dir nur ein/ du solst nach Hermstorf reisen/
Und kan ich dir hernach schon nicht desgleichen weisen/
So tröste dich damit/ daß du mein werther Gast/
Nicht weniger als dort hier zu befehlen hast.
Ein ander Schreiben.
HErr Bruder ich bin froh/ daß deine werthe Schrifft
Mit dem was mich ergötzt/ so wol zusammen trifft
Daß ich es wagen darf/ da ich aus dem Gedränge
Des Hofes müßig geh/ erbauliche Gesänge
Mit dir zu stimmen an/ und daß in unserm Geist
Das alte Schrodt und Korn sich ohne Zusatz weist.
Beglücktes Vaterland das uns hat auferzogen/
Und wir noch glücklicher/ daß uns nicht hat betrogen
Das
Seit vielen Jahren hat bey mir kein Lied geklungen/
Die Leyer iſt verſtimmt/ die Saiten abgeſprungen/
Wer weiß was Phoͤbus thut/ weñ nuꝛ dein Antlitz lacht
Ob nicht ein neuer Trieb die Adern ſchwellen macht.
Mich duͤnckt ich ſeh euch ſchon ihr angenehmen Gaͤſte/
Wie ihr gefahren kommt zu einer Bauren-Koͤſte/
Wie in der freyen Lufft/ da alles ſpielt und ſchertzt/
Sich auch Euſebius mit ſeiner Juſtgen hertzt.
Charlotten/ Chriſtian/ und deinen theuren Fritzen/
Die ſeh ich eingepackt aufs ſchmale Baͤnckgen ſitzen;
Doch wo die Pape bleibt mit ihrer breiten Bruſt/
Und aufgethuͤrmten Kopff/ das iſt mir unbewuſt.
Ich dencke daß ſie ſich vor dismahl wird bequemen/
Wo die Bediente ſtehn/ ein Plaͤtzchen einzunehmen/
Weil noch kein Handwercks-Mann zu der verdam̃ten
Tracht/

Die Spruͤgel und den Raum hat hoch genug gemacht.
Eins bitt ich/ nehmt verlieb/ wenn ich nach Art der Hirten/
Euch nicht mit Ortolans und Nectar kan bewirthen/
Denn man auf meinen Tiſch ſonſt ſelten etwas traͤgt
Das nicht mein Feld/ mein Stall/ mein Teich und Gar-
ten hegt.

Auf! bilde dir nur ein/ du ſolſt nach Hermſtorf reiſen/
Und kan ich dir hernach ſchon nicht desgleichen weiſen/
So troͤſte dich damit/ daß du mein werther Gaſt/
Nicht weniger als dort hier zu befehlen haſt.
Ein ander Schreiben.
HErꝛ Bruder ich bin froh/ daß deine werthe Schrifft
Mit dem was mich ergoͤtzt/ ſo wol zuſammen trifft
Daß ich es wagen darf/ da ich aus dem Gedraͤnge
Des Hofes muͤßig geh/ erbauliche Geſaͤnge
Mit dir zu ſtimmen an/ und daß in unſerm Geiſt
Das alte Schrodt und Korn ſich ohne Zuſatz weiſt.
Begluͤcktes Vaterland das uns hat auferzogen/
Und wir noch gluͤcklicher/ daß uns nicht hat betrogen
Das
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[38/0051] Seit vielen Jahren hat bey mir kein Lied geklungen/ Die Leyer iſt verſtimmt/ die Saiten abgeſprungen/ Wer weiß was Phoͤbus thut/ weñ nuꝛ dein Antlitz lacht Ob nicht ein neuer Trieb die Adern ſchwellen macht. Mich duͤnckt ich ſeh euch ſchon ihr angenehmen Gaͤſte/ Wie ihr gefahren kommt zu einer Bauren-Koͤſte/ Wie in der freyen Lufft/ da alles ſpielt und ſchertzt/ Sich auch Euſebius mit ſeiner Juſtgen hertzt. Charlotten/ Chriſtian/ und deinen theuren Fritzen/ Die ſeh ich eingepackt aufs ſchmale Baͤnckgen ſitzen; Doch wo die Pape bleibt mit ihrer breiten Bruſt/ Und aufgethuͤrmten Kopff/ das iſt mir unbewuſt. Ich dencke daß ſie ſich vor dismahl wird bequemen/ Wo die Bediente ſtehn/ ein Plaͤtzchen einzunehmen/ Weil noch kein Handwercks-Mann zu der verdam̃ten Tracht/ Die Spruͤgel und den Raum hat hoch genug gemacht. Eins bitt ich/ nehmt verlieb/ wenn ich nach Art der Hirten/ Euch nicht mit Ortolans und Nectar kan bewirthen/ Denn man auf meinen Tiſch ſonſt ſelten etwas traͤgt Das nicht mein Feld/ mein Stall/ mein Teich und Gar- ten hegt. Auf! bilde dir nur ein/ du ſolſt nach Hermſtorf reiſen/ Und kan ich dir hernach ſchon nicht desgleichen weiſen/ So troͤſte dich damit/ daß du mein werther Gaſt/ Nicht weniger als dort hier zu befehlen haſt. Ein ander Schreiben. HErꝛ Bruder ich bin froh/ daß deine werthe Schrifft Mit dem was mich ergoͤtzt/ ſo wol zuſammen trifft Daß ich es wagen darf/ da ich aus dem Gedraͤnge Des Hofes muͤßig geh/ erbauliche Geſaͤnge Mit dir zu ſtimmen an/ und daß in unſerm Geiſt Das alte Schrodt und Korn ſich ohne Zuſatz weiſt. Begluͤcktes Vaterland das uns hat auferzogen/ Und wir noch gluͤcklicher/ daß uns nicht hat betrogen Das

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Zitationshilfe: [Canitz, Friedrich Rudolph Ludwig von]: Neben-Stunden Unterschiedener Gedichte. [Hrsg. v. Joachim Lange]. Berlin, 1700, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/canitz_gedichte_1700/51>, abgerufen am 23.11.2024.