[Canitz, Friedrich Rudolph Ludwig von]: Neben-Stunden Unterschiedener Gedichte. [Hrsg. v. Joachim Lange]. Berlin, 1700.6. Ihr die ihr mit Schrifft und TichtenKönnt die Sterblichkeit vernichten/ Singt die Angst die mich verzehrt/ Und der Doris ihren Werth; Daß man sie nach langen Jahren Mag bedauren/ und auch mich; Doch ihr könnt die Arbeit spahren; Wer kennt beydes so wie ich? 7. Ihrer edlen Seelen GabenHielt sie zwar nicht als vergraben; Nein/ sie waren Stadt und Land Meistens/ mir doch mehr bekandt. Manches Weib wird hoch gepriesen/ Das kaum so viel Tugend zehlt/ Als die Seligste vor diesen Aus Bescheidenheit verhehlt. 8. Daß sie wol mit GOtt gestanden/Sieht man/ da sie von den Banden Dieses Lebens wird befreyt; Seht wie Sie der Tod bedräut/ Aber selbst beginnt zu zittern! Denn sie zeigt ihm lächlend an/ Daß/ der die Natur erschüttern/ Ihren Schlaaf kaum hindern kan. 9. In dem eiteln Welt-Gedrenge/Ward sie von der grossen Menge/ Die man allenthalben spührt/ Der Verführten nicht verführt. Riemahls hatte sie erkohren Einen Gifft der Zucker hieß/ Weil ihr etwas angebohren/ Das so fort die Probe wieß. 10. Doch F 3
6. Ihr die ihr mit Schrifft und TichtenKoͤnnt die Sterblichkeit vernichten/ Singt die Angſt die mich verzehrt/ Und der Doris ihren Werth; Daß man ſie nach langen Jahren Mag bedauren/ und auch mich; Doch ihr koͤnnt die Arbeit ſpahren; Wer kennt beydes ſo wie ich? 7. Ihrer edlen Seelen GabenHielt ſie zwar nicht als vergraben; Nein/ ſie waren Stadt und Land Meiſtens/ mir doch mehr bekandt. Manches Weib wird hoch geprieſen/ Das kaum ſo viel Tugend zehlt/ Als die Seligſte vor dieſen Aus Beſcheidenheit verhehlt. 8. Daß ſie wol mit GOtt geſtanden/Sieht man/ da ſie von den Banden Dieſes Lebens wird befreyt; Seht wie Sie der Tod bedraͤut/ Aber ſelbſt beginnt zu zittern! Denn ſie zeigt ihm laͤchlend an/ Daß/ der die Natur erſchuͤttern/ Ihren Schlaaf kaum hindern kan. 9. In dem eiteln Welt-Gedrenge/Ward ſie von der groſſen Menge/ Die man allenthalben ſpuͤhrt/ Der Verfuͤhrten nicht verfuͤhrt. Riemahls hatte ſie erkohren Einen Gifft der Zucker hieß/ Weil ihr etwas angebohren/ Das ſo fort die Probe wieß. 10. Doch F 3
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6.
Ihr die ihr mit Schrifft und Tichten
Koͤnnt die Sterblichkeit vernichten/
Singt die Angſt die mich verzehrt/
Und der Doris ihren Werth;
Daß man ſie nach langen Jahren
Mag bedauren/ und auch mich;
Doch ihr koͤnnt die Arbeit ſpahren;
Wer kennt beydes ſo wie ich?
7.
Ihrer edlen Seelen Gaben
Hielt ſie zwar nicht als vergraben;
Nein/ ſie waren Stadt und Land
Meiſtens/ mir doch mehr bekandt.
Manches Weib wird hoch geprieſen/
Das kaum ſo viel Tugend zehlt/
Als die Seligſte vor dieſen
Aus Beſcheidenheit verhehlt.
8.
Daß ſie wol mit GOtt geſtanden/
Sieht man/ da ſie von den Banden
Dieſes Lebens wird befreyt;
Seht wie Sie der Tod bedraͤut/
Aber ſelbſt beginnt zu zittern!
Denn ſie zeigt ihm laͤchlend an/
Daß/ der die Natur erſchuͤttern/
Ihren Schlaaf kaum hindern kan.
9.
In dem eiteln Welt-Gedrenge/
Ward ſie von der groſſen Menge/
Die man allenthalben ſpuͤhrt/
Der Verfuͤhrten nicht verfuͤhrt.
Riemahls hatte ſie erkohren
Einen Gifft der Zucker hieß/
Weil ihr etwas angebohren/
Das ſo fort die Probe wieß.
10. Doch
F 3
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