Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

Bild:
<< vorherige Seite

Osmanische Geschichte
Sache eingeben wollte, ihn als einen Zeugen, der keinen Glauben verdiente,
zu verwerfen. Als der Sultan sich über dieses seltsame Verfahren wunderte
und nach der Ursache fragte: so bekam er von dem Müfti zur Antwort; er
halte zwar sein Zeugniß, als kaiserlich, für wahr und unverwerflich: aber vor
Gerichte achte er es nicht für gültig, weil es von einem Manne komme, der
niemals gewohnt gewesen sey, sich mit den übrigen Müsülmanen 8 bey dem all-
gemeinen Gebete einzufinden. Murad bezeigte hierauf wegen des Vorgegan-
genen seine Reue, und gab Befehl, zur Aussöhnung für diesen Fehler zu Adria-
nopel gegen dem kaiserlichen Palaste über einen großen Dschami zu bauen, der
bis auf den heutigen Tag von ihm den Namen Muradije 9 behält.

[Spaltenumbruch]
"rer Wissenschaft; Erben der prophetischen
"und apostolischen Lehren; Auflöser der
"Glaubensfragen; Eröffner der Stücke des
"rechten Glaubens; Schlüssel zu den Schät-
"zen der Wahrheit; Lichte der zweifelhaf-
"ten verblümten Stellen, gestärket durch
"die Gnade des obersten Helfers und Ge-
"setzgebers aller Menschen. Der allerhöch-
"ste Gott wolle deine Tugenden auf immer
"fortdauren lassen!" So groß aber ehe-
dem die innerliche Ehrerbietigkeit gegen den
Müfti gewesen ist: so ist dieselbe doch heutiges
Tages nicht viel mehr, als ein äußerlicher
Schein. Wenn er eine Erklärung vom Ge-
setze machet oder eine Stimme giebt, die dem
Willen des Sultans entgegen ist: so wird er
gleich abgesetzet und ein anderer an seiner statt
bestellet, der mehr Gefälligkeit hat. Im
Falle, daß man den Müfti einer Verrätherey
oder eines andern schweren Verbrechens über-
weisen kann: so wird er in einen Mörser ge-
stecket, der zu dem Ende in dem Gefängnisse
der sieben Thürme zu Constantinopel aufbe-
halten wird, und darinnen zu Tode gestoßen.]
8 Müsülmanen] Dieses ist ein ver-
derbtes Wort von Müsliman, Misliman
[Spaltenumbruch]
oder Müslüman; dergleichen auch ist Müsür-
man, daraus noch weiter Büsürman ist ge-
macht worden. Es heißet einen Menschen
von reinem und unverfälschtem Glauben,
oder, wie wir uns ausdrücken, einen Recht-
glaubigen (Orthodox). Von dem Worte
Iman (Glaube) nennen sich alle die Anhän-
ger des muhämmedischen Gottesdienstes,
welche die Kirchengebräuche und Gewohnhei-
ten auf die Art beobachten, wie sie von den
großen türkischen Heiligen, Imam Aeßäm
und Imam Schafii, sind vorgeschrieben wor-
den. Diejenigen, die einige neue Gebräuche
annehmen, oder solche, welche von diesen
unterschieden sind, heißen Meßheb, Sektirer,
oder Kjafir*, Ketzer; imgleichen Unglaubige
(wie die Persianer) und Rafißi, welcher Na-
me noch etwas Schlimmeres, als einen Un-
glaubigen, bedeutet. Daher sagen die türki-
schen Müsülmanen, die göttliche Barmher-
zigkeit könne sich zwar wohl auf die Unglau-
bigen erstrecken, nämlich auf die Christen und
Juden: keinesweges aber auf die Rafißi;
und dieser ihre Sünden seyen siebenzigmal
gehässiger in den Augen Gottes, als die Sün-
den der andern2*.
4. Das
* in der mehrern Zahl, Kjüffar.
2* Islam heißet bey den Türken die Unterwürfigkeit gegen
Gott

Osmaniſche Geſchichte
Sache eingeben wollte, ihn als einen Zeugen, der keinen Glauben verdiente,
zu verwerfen. Als der Sultan ſich uͤber dieſes ſeltſame Verfahren wunderte
und nach der Urſache fragte: ſo bekam er von dem Muͤfti zur Antwort; er
halte zwar ſein Zeugniß, als kaiſerlich, fuͤr wahr und unverwerflich: aber vor
Gerichte achte er es nicht fuͤr guͤltig, weil es von einem Manne komme, der
niemals gewohnt geweſen ſey, ſich mit den uͤbrigen Muͤſuͤlmanen 8 bey dem all-
gemeinen Gebete einzufinden. Murad bezeigte hierauf wegen des Vorgegan-
genen ſeine Reue, und gab Befehl, zur Ausſoͤhnung fuͤr dieſen Fehler zu Adria-
nopel gegen dem kaiſerlichen Palaſte uͤber einen großen Dſchami zu bauen, der
bis auf den heutigen Tag von ihm den Namen Muradije 9 behaͤlt.

[Spaltenumbruch]
“rer Wiſſenſchaft; Erben der prophetiſchen
“und apoſtoliſchen Lehren; Aufloͤſer der
“Glaubensfragen; Eroͤffner der Stuͤcke des
“rechten Glaubens; Schluͤſſel zu den Schaͤt-
“zen der Wahrheit; Lichte der zweifelhaf-
“ten verbluͤmten Stellen, geſtaͤrket durch
“die Gnade des oberſten Helfers und Ge-
“ſetzgebers aller Menſchen. Der allerhoͤch-
“ſte Gott wolle deine Tugenden auf immer
“fortdauren laſſen!„ So groß aber ehe-
dem die innerliche Ehrerbietigkeit gegen den
Muͤfti geweſen iſt: ſo iſt dieſelbe doch heutiges
Tages nicht viel mehr, als ein aͤußerlicher
Schein. Wenn er eine Erklaͤrung vom Ge-
ſetze machet oder eine Stimme giebt, die dem
Willen des Sultans entgegen iſt: ſo wird er
gleich abgeſetzet und ein anderer an ſeiner ſtatt
beſtellet, der mehr Gefaͤlligkeit hat. Im
Falle, daß man den Muͤfti einer Verraͤtherey
oder eines andern ſchweren Verbrechens uͤber-
weiſen kann: ſo wird er in einen Moͤrſer ge-
ſtecket, der zu dem Ende in dem Gefaͤngniſſe
der ſieben Thuͤrme zu Conſtantinopel aufbe-
halten wird, und darinnen zu Tode geſtoßen.]
8 Muͤſuͤlmanen] Dieſes iſt ein ver-
derbtes Wort von Muͤsliman, Misliman
[Spaltenumbruch]
oder Muͤsluͤman; dergleichen auch iſt Muͤſuͤr-
man, daraus noch weiter Buͤſuͤrman iſt ge-
macht worden. Es heißet einen Menſchen
von reinem und unverfaͤlſchtem Glauben,
oder, wie wir uns ausdruͤcken, einen Recht-
glaubigen (Orthodox). Von dem Worte
Iman (Glaube) nennen ſich alle die Anhaͤn-
ger des muhaͤmmediſchen Gottesdienſtes,
welche die Kirchengebraͤuche und Gewohnhei-
ten auf die Art beobachten, wie ſie von den
großen tuͤrkiſchen Heiligen, Imam Aeßaͤm
und Imam Schafii, ſind vorgeſchrieben wor-
den. Diejenigen, die einige neue Gebraͤuche
annehmen, oder ſolche, welche von dieſen
unterſchieden ſind, heißen Meßheb, Sektirer,
oder Kjafir*, Ketzer; imgleichen Unglaubige
(wie die Perſianer) und Rafißi, welcher Na-
me noch etwas Schlimmeres, als einen Un-
glaubigen, bedeutet. Daher ſagen die tuͤrki-
ſchen Muͤſuͤlmanen, die goͤttliche Barmher-
zigkeit koͤnne ſich zwar wohl auf die Unglau-
bigen erſtrecken, naͤmlich auf die Chriſten und
Juden: keinesweges aber auf die Rafißi;
und dieſer ihre Suͤnden ſeyen ſiebenzigmal
gehaͤſſiger in den Augen Gottes, als die Suͤn-
den der andern2*.
4. Das
* in der mehrern Zahl, Kjuͤffar.
2* Islam heißet bey den Tuͤrken die Unterwuͤrfigkeit gegen
Gott
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0128" n="52"/><fw place="top" type="header">Osmani&#x017F;che Ge&#x017F;chichte</fw><lb/>
Sache eingeben wollte, ihn als einen Zeugen, der keinen Glauben verdiente,<lb/>
zu verwerfen. Als der Sultan &#x017F;ich u&#x0364;ber die&#x017F;es &#x017F;elt&#x017F;ame Verfahren wunderte<lb/>
und nach der Ur&#x017F;ache fragte: &#x017F;o bekam er von dem Mu&#x0364;fti zur Antwort; er<lb/>
halte zwar &#x017F;ein Zeugniß, als kai&#x017F;erlich, fu&#x0364;r wahr und unverwerflich: aber vor<lb/>
Gerichte achte er es nicht fu&#x0364;r gu&#x0364;ltig, weil es von einem Manne komme, der<lb/>
niemals gewohnt gewe&#x017F;en &#x017F;ey, &#x017F;ich mit den u&#x0364;brigen Mu&#x0364;&#x017F;u&#x0364;lmanen <note place="end" n="8"/> bey dem all-<lb/>
gemeinen Gebete einzufinden. Murad bezeigte hierauf wegen des Vorgegan-<lb/>
genen &#x017F;eine Reue, und gab Befehl, zur Aus&#x017F;o&#x0364;hnung fu&#x0364;r die&#x017F;en Fehler zu Adria-<lb/>
nopel gegen dem kai&#x017F;erlichen Pala&#x017F;te u&#x0364;ber einen großen D&#x017F;chami zu bauen, der<lb/>
bis auf den heutigen Tag von ihm den Namen Muradije <note place="end" n="9"/> beha&#x0364;lt.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">4. Das</fw><lb/>
            <cb n="1"/><lb/>
            <note xml:id="J128" prev="#J127" place="end">&#x201C;rer Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft; Erben der propheti&#x017F;chen<lb/>
&#x201C;und apo&#x017F;toli&#x017F;chen Lehren; Auflo&#x0364;&#x017F;er der<lb/>
&#x201C;Glaubensfragen; Ero&#x0364;ffner der Stu&#x0364;cke des<lb/>
&#x201C;rechten Glaubens; Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el zu den Scha&#x0364;t-<lb/>
&#x201C;zen der Wahrheit; Lichte der zweifelhaf-<lb/>
&#x201C;ten verblu&#x0364;mten Stellen, ge&#x017F;ta&#x0364;rket durch<lb/>
&#x201C;die Gnade des ober&#x017F;ten Helfers und Ge-<lb/>
&#x201C;&#x017F;etzgebers aller Men&#x017F;chen. Der allerho&#x0364;ch-<lb/>
&#x201C;&#x017F;te Gott wolle deine Tugenden auf immer<lb/>
&#x201C;fortdauren la&#x017F;&#x017F;en!&#x201E; So groß aber ehe-<lb/>
dem die innerliche Ehrerbietigkeit gegen den<lb/>
Mu&#x0364;fti gewe&#x017F;en i&#x017F;t: &#x017F;o i&#x017F;t die&#x017F;elbe doch heutiges<lb/>
Tages nicht viel mehr, als ein a&#x0364;ußerlicher<lb/>
Schein. Wenn er eine Erkla&#x0364;rung vom Ge-<lb/>
&#x017F;etze machet oder eine Stimme giebt, die dem<lb/>
Willen des Sultans entgegen i&#x017F;t: &#x017F;o wird er<lb/>
gleich abge&#x017F;etzet und ein anderer an &#x017F;einer &#x017F;tatt<lb/>
be&#x017F;tellet, der mehr Gefa&#x0364;lligkeit hat. Im<lb/>
Falle, daß man den Mu&#x0364;fti einer Verra&#x0364;therey<lb/>
oder eines andern &#x017F;chweren Verbrechens u&#x0364;ber-<lb/>
wei&#x017F;en kann: &#x017F;o wird er in einen Mo&#x0364;r&#x017F;er ge-<lb/>
&#x017F;tecket, der zu dem Ende in dem Gefa&#x0364;ngni&#x017F;&#x017F;e<lb/>
der &#x017F;ieben Thu&#x0364;rme zu Con&#x017F;tantinopel aufbe-<lb/>
halten wird, und darinnen zu Tode ge&#x017F;toßen.]</note><lb/>
            <note place="end" n="8">Mu&#x0364;&#x017F;u&#x0364;lmanen] Die&#x017F;es i&#x017F;t ein ver-<lb/>
derbtes Wort von Mu&#x0364;sliman, Misliman<lb/><cb n="2"/><lb/>
oder Mu&#x0364;slu&#x0364;man; dergleichen auch i&#x017F;t Mu&#x0364;&#x017F;u&#x0364;r-<lb/>
man, daraus noch weiter Bu&#x0364;&#x017F;u&#x0364;rman i&#x017F;t ge-<lb/>
macht worden. Es heißet einen Men&#x017F;chen<lb/>
von reinem und unverfa&#x0364;l&#x017F;chtem Glauben,<lb/>
oder, wie wir uns ausdru&#x0364;cken, einen Recht-<lb/>
glaubigen (<hi rendition="#aq">Orthodox</hi>). Von dem Worte<lb/>
Iman (Glaube) nennen &#x017F;ich alle die Anha&#x0364;n-<lb/>
ger des muha&#x0364;mmedi&#x017F;chen Gottesdien&#x017F;tes,<lb/>
welche die Kirchengebra&#x0364;uche und Gewohnhei-<lb/>
ten auf die Art beobachten, wie &#x017F;ie von den<lb/>
großen tu&#x0364;rki&#x017F;chen Heiligen, Imam Aeßa&#x0364;m<lb/>
und Imam Schafii, &#x017F;ind vorge&#x017F;chrieben wor-<lb/>
den. Diejenigen, die einige neue Gebra&#x0364;uche<lb/>
annehmen, oder &#x017F;olche, welche von die&#x017F;en<lb/>
unter&#x017F;chieden &#x017F;ind, heißen Meßheb, Sektirer,<lb/>
oder Kjafir<note place="foot" n="*">in der mehrern Zahl, Kju&#x0364;ffar.</note>, Ketzer; imgleichen Unglaubige<lb/>
(wie die Per&#x017F;ianer) und Rafißi, welcher Na-<lb/>
me noch etwas Schlimmeres, als einen Un-<lb/>
glaubigen, bedeutet. Daher &#x017F;agen die tu&#x0364;rki-<lb/>
&#x017F;chen Mu&#x0364;&#x017F;u&#x0364;lmanen, die go&#x0364;ttliche Barmher-<lb/>
zigkeit ko&#x0364;nne &#x017F;ich zwar wohl auf die Unglau-<lb/>
bigen er&#x017F;trecken, na&#x0364;mlich auf die Chri&#x017F;ten und<lb/>
Juden: keinesweges aber auf die Rafißi;<lb/>
und die&#x017F;er ihre Su&#x0364;nden &#x017F;eyen &#x017F;iebenzigmal<lb/>
geha&#x0364;&#x017F;&#x017F;iger in den Augen Gottes, als die Su&#x0364;n-<lb/>
den der andern<p><note xml:id="seg2pn_1_1" next="#seg2pn_1_2" place="foot" n="2*">Islam heißet bey den Tu&#x0364;rken die Unterwu&#x0364;rfigkeit gegen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Gott</fw></note></p>.</note>
          </div><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[52/0128] Osmaniſche Geſchichte Sache eingeben wollte, ihn als einen Zeugen, der keinen Glauben verdiente, zu verwerfen. Als der Sultan ſich uͤber dieſes ſeltſame Verfahren wunderte und nach der Urſache fragte: ſo bekam er von dem Muͤfti zur Antwort; er halte zwar ſein Zeugniß, als kaiſerlich, fuͤr wahr und unverwerflich: aber vor Gerichte achte er es nicht fuͤr guͤltig, weil es von einem Manne komme, der niemals gewohnt geweſen ſey, ſich mit den uͤbrigen Muͤſuͤlmanen ⁸ bey dem all- gemeinen Gebete einzufinden. Murad bezeigte hierauf wegen des Vorgegan- genen ſeine Reue, und gab Befehl, zur Ausſoͤhnung fuͤr dieſen Fehler zu Adria- nopel gegen dem kaiſerlichen Palaſte uͤber einen großen Dſchami zu bauen, der bis auf den heutigen Tag von ihm den Namen Muradije ⁹ behaͤlt. 4. Das “rer Wiſſenſchaft; Erben der prophetiſchen “und apoſtoliſchen Lehren; Aufloͤſer der “Glaubensfragen; Eroͤffner der Stuͤcke des “rechten Glaubens; Schluͤſſel zu den Schaͤt- “zen der Wahrheit; Lichte der zweifelhaf- “ten verbluͤmten Stellen, geſtaͤrket durch “die Gnade des oberſten Helfers und Ge- “ſetzgebers aller Menſchen. Der allerhoͤch- “ſte Gott wolle deine Tugenden auf immer “fortdauren laſſen!„ So groß aber ehe- dem die innerliche Ehrerbietigkeit gegen den Muͤfti geweſen iſt: ſo iſt dieſelbe doch heutiges Tages nicht viel mehr, als ein aͤußerlicher Schein. Wenn er eine Erklaͤrung vom Ge- ſetze machet oder eine Stimme giebt, die dem Willen des Sultans entgegen iſt: ſo wird er gleich abgeſetzet und ein anderer an ſeiner ſtatt beſtellet, der mehr Gefaͤlligkeit hat. Im Falle, daß man den Muͤfti einer Verraͤtherey oder eines andern ſchweren Verbrechens uͤber- weiſen kann: ſo wird er in einen Moͤrſer ge- ſtecket, der zu dem Ende in dem Gefaͤngniſſe der ſieben Thuͤrme zu Conſtantinopel aufbe- halten wird, und darinnen zu Tode geſtoßen.] ⁸ Muͤſuͤlmanen] Dieſes iſt ein ver- derbtes Wort von Muͤsliman, Misliman oder Muͤsluͤman; dergleichen auch iſt Muͤſuͤr- man, daraus noch weiter Buͤſuͤrman iſt ge- macht worden. Es heißet einen Menſchen von reinem und unverfaͤlſchtem Glauben, oder, wie wir uns ausdruͤcken, einen Recht- glaubigen (Orthodox). Von dem Worte Iman (Glaube) nennen ſich alle die Anhaͤn- ger des muhaͤmmediſchen Gottesdienſtes, welche die Kirchengebraͤuche und Gewohnhei- ten auf die Art beobachten, wie ſie von den großen tuͤrkiſchen Heiligen, Imam Aeßaͤm und Imam Schafii, ſind vorgeſchrieben wor- den. Diejenigen, die einige neue Gebraͤuche annehmen, oder ſolche, welche von dieſen unterſchieden ſind, heißen Meßheb, Sektirer, oder Kjafir *, Ketzer; imgleichen Unglaubige (wie die Perſianer) und Rafißi, welcher Na- me noch etwas Schlimmeres, als einen Un- glaubigen, bedeutet. Daher ſagen die tuͤrki- ſchen Muͤſuͤlmanen, die goͤttliche Barmher- zigkeit koͤnne ſich zwar wohl auf die Unglau- bigen erſtrecken, naͤmlich auf die Chriſten und Juden: keinesweges aber auf die Rafißi; und dieſer ihre Suͤnden ſeyen ſiebenzigmal gehaͤſſiger in den Augen Gottes, als die Suͤn- den der andern 2* . * in der mehrern Zahl, Kjuͤffar. 2* Islam heißet bey den Tuͤrken die Unterwuͤrfigkeit gegen Gott

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/128
Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/128>, abgerufen am 21.11.2024.