Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.4. Bajeßid der I ches Heer östlicher Tatarn, und überfiel damit die asiatischen Landschaften, diesowol den Persern als den Türken unterworfen waren. 12. Paläologus hatte in seiner Noth Gesandten an Temurlenkj geschicket,und schläget das 13. In der That scheinet dieses mit eine Ursache gewesen zu seyn, darumfänget mit Ba- des Malers, so daß er ihm das Leben schenkte und seine Freyheit wieder gab. 17 von ihm] Wahrhaftig eine bewun- [Spaltenumbruch]
dernswürdige Großmuth von einem Barbar! Seine Antwort wäre werth, daß man sie mit göldenen Buchstaben der Nachkommenschaft anpriese. Paläologus bietet ihm seine Stadt und Reich an. Temurlenkj nimmt beydes in seinen Schutz; schläget aber das Reich aus, mit dieser großmüthigen Antwort: "es "würde unrecht seyn, ein so altes Reich zu "verändern, und ein so großes und durch- "lauchtiges Haus, dessen Ruhm sogar bis "zu den Tatarn gekommen sey, unter das "Joch einer fremden Regierung zu zwin- "gen." Diese Größe des Gemüths war es, die ihn veranlassete, solche blutigen Schlachten zu halten und solche mächtigen Kriegesheere aufzurichten, die in Vergleichung mit Darius und Xerxes Heeren diesen gleich kommen, wo nicht gar dieselben übertreffen werden. 18 Ahmed Halamir] Er war einer von den persischen Satrapen, deren ich schon so oft erwähnet habe. Der Name Halamir be- deutet in der arabischen Sprache so viel, als einen gegenwärtigen oder immerwährenden Herrn. Die persischen sowol als die türki- schen Geschichtschreiber sind darinnen einig, daß von desselben Zeiten an der Sitz des per- sischen Reiches von Bägdad nach Rewan, und von da nach Isfähan sey verleget wor- den. Das heutige Bägdad der Türken oder Babylon lieget nicht an dem östlichen Ufer des Euphrats, da, außer dem einstimmigen Zeugnisse der Geschichtschreiber, so viele Reste den Sitz des alten Babylons anzeigen: son- dern gegen über an der westlichen Seite, die nach Europa zu siehet. In Ostindien ist noch itzo ein kleiner Thurm zu sehen, den die Tür- ken Kusch Kjabukjisi oder den Vögelthurm* nennen. stund, * das Vogelnest. K 2
4. Bajeßid der I ches Heer oͤſtlicher Tatarn, und uͤberfiel damit die aſiatiſchen Landſchaften, dieſowol den Perſern als den Tuͤrken unterworfen waren. 12. Palaͤologus hatte in ſeiner Noth Geſandten an Temurlenkj geſchicket,und ſchlaͤget das 13. In der That ſcheinet dieſes mit eine Urſache geweſen zu ſeyn, darumfaͤnget mit Ba- des Malers, ſo daß er ihm das Leben ſchenkte und ſeine Freyheit wieder gab. 17 von ihm] Wahrhaftig eine bewun- [Spaltenumbruch]
dernswuͤrdige Großmuth von einem Barbar! Seine Antwort waͤre werth, daß man ſie mit goͤldenen Buchſtaben der Nachkommenſchaft anprieſe. Palaͤologus bietet ihm ſeine Stadt und Reich an. Temurlenkj nimmt beydes in ſeinen Schutz; ſchlaͤget aber das Reich aus, mit dieſer großmuͤthigen Antwort: “es “wuͤrde unrecht ſeyn, ein ſo altes Reich zu “veraͤndern, und ein ſo großes und durch- “lauchtiges Haus, deſſen Ruhm ſogar bis “zu den Tatarn gekommen ſey, unter das “Joch einer fremden Regierung zu zwin- “gen.„ Dieſe Groͤße des Gemuͤths war es, die ihn veranlaſſete, ſolche blutigen Schlachten zu halten und ſolche maͤchtigen Kriegesheere aufzurichten, die in Vergleichung mit Darius und Xerxes Heeren dieſen gleich kommen, wo nicht gar dieſelben uͤbertreffen werden. 18 Ahmed Halamir] Er war einer von den perſiſchen Satrapen, deren ich ſchon ſo oft erwaͤhnet habe. Der Name Halamir be- deutet in der arabiſchen Sprache ſo viel, als einen gegenwaͤrtigen oder immerwaͤhrenden Herrn. Die perſiſchen ſowol als die tuͤrki- ſchen Geſchichtſchreiber ſind darinnen einig, daß von deſſelben Zeiten an der Sitz des per- ſiſchen Reiches von Baͤgdad nach Rewan, und von da nach Isfaͤhan ſey verleget wor- den. Das heutige Baͤgdad der Tuͤrken oder Babylon lieget nicht an dem oͤſtlichen Ufer des Euphrats, da, außer dem einſtimmigen Zeugniſſe der Geſchichtſchreiber, ſo viele Reſte den Sitz des alten Babylons anzeigen: ſon- dern gegen uͤber an der weſtlichen Seite, die nach Europa zu ſiehet. In Oſtindien iſt noch itzo ein kleiner Thurm zu ſehen, den die Tuͤr- ken Kuſch Kjabukjiſi oder den Voͤgelthurm* nennen. ſtund, * das Vogelneſt. K 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0153" n="75"/><fw place="top" type="header">4. Bajeßid der <hi rendition="#aq">I</hi></fw><lb/> ches Heer oͤſtlicher Tatarn, und uͤberfiel damit die aſiatiſchen Landſchaften, die<lb/> ſowol den Perſern als den Tuͤrken unterworfen waren.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>12.</head> <p>Palaͤologus hatte in ſeiner Noth Geſandten an Temurlenkj geſchicket,<note place="right">und ſchlaͤget das<lb/> Anerbieten von<lb/> Conſtantinopel<lb/> aus:</note><lb/> die demſelben die Gewalt, die er von Bajeßid erlitte, vorſtelleten und ihn um<lb/> Huͤlfe anriefen: dagegen der Kaiſer verſprach, ſein Reich von ihm <note place="end" n="17"/> zu Lehen<lb/> zu nehmen. Temurlenkj ſoll darauf zur Antwort ertheilet haben: er wolle<lb/> zwar denſelben vertheidigen und gegen ſeine Feinde beſchuͤtzen; mache ſich aber<lb/> ein Gewiſſen daraus, das Eigenthum eines andern zu begehren. Eine Groß-<lb/> muͤthigkeit, die keine ihres gleichen hat, ob ſie ſich gleich bey einem Barbar<lb/> befand!</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>13.</head> <p>In der That ſcheinet dieſes mit eine Urſache geweſen zu ſeyn, darum<note place="right">faͤnget mit Ba-<lb/> jeßid Krieg an,<lb/> und warum?</note><lb/> Temurlenkj ſeine Gedanken und Waffen gegen Bajeßid richtete. Die Tuͤrken<lb/> ſelbſt erzaͤhlen die Sache auf dieſe Weiſe. Im Jahre der Hidſchret 890 wurde<note place="right">H. 890.<lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> J. C. 1397.</note><lb/> Ahmed Halamir <note place="end" n="18"/>, Chan von Baͤgdad, das unter dem Sultan von Aegypten<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſtund,</fw><lb/><cb n="1"/><lb/><note xml:id="C153" prev="#C152" place="end">des Malers, ſo daß er ihm das Leben ſchenkte<lb/> und ſeine Freyheit wieder gab.</note><lb/><note place="end" n="17">von ihm] Wahrhaftig eine bewun-<lb/> dernswuͤrdige Großmuth von einem Barbar!<lb/> Seine Antwort waͤre werth, daß man ſie mit<lb/> goͤldenen Buchſtaben der Nachkommenſchaft<lb/> anprieſe. Palaͤologus bietet ihm ſeine Stadt<lb/> und Reich an. Temurlenkj nimmt beydes<lb/> in ſeinen Schutz; ſchlaͤget aber das Reich aus,<lb/> mit dieſer großmuͤthigen Antwort: “es<lb/> “wuͤrde unrecht ſeyn, ein ſo altes Reich zu<lb/> “veraͤndern, und ein ſo großes und durch-<lb/> “lauchtiges Haus, deſſen Ruhm ſogar bis<lb/> “zu den Tatarn gekommen ſey, unter das<lb/> “Joch einer fremden Regierung zu zwin-<lb/> “gen.„ Dieſe Groͤße des Gemuͤths war<lb/> es, die ihn veranlaſſete, ſolche blutigen<lb/> Schlachten zu halten und ſolche maͤchtigen<lb/> Kriegesheere aufzurichten, die in Vergleichung<lb/> mit Darius und Xerxes Heeren dieſen gleich<lb/> kommen, wo nicht gar dieſelben uͤbertreffen<lb/> werden.</note><lb/><cb n="2"/><lb/><note place="end" n="18">Ahmed Halamir] Er war einer von<lb/> den perſiſchen Satrapen, deren ich ſchon ſo<lb/> oft erwaͤhnet habe. Der Name Halamir be-<lb/> deutet in der arabiſchen Sprache ſo viel, als<lb/> einen gegenwaͤrtigen oder immerwaͤhrenden<lb/> Herrn. Die perſiſchen ſowol als die tuͤrki-<lb/> ſchen Geſchichtſchreiber ſind darinnen einig,<lb/> daß von deſſelben Zeiten an der Sitz des per-<lb/> ſiſchen Reiches von Baͤgdad nach Rewan,<lb/> und von da nach Isfaͤhan ſey verleget wor-<lb/> den. Das heutige Baͤgdad der Tuͤrken oder<lb/> Babylon lieget nicht an dem oͤſtlichen Ufer<lb/> des Euphrats, da, außer dem einſtimmigen<lb/> Zeugniſſe der Geſchichtſchreiber, ſo viele Reſte<lb/> den Sitz des alten Babylons anzeigen: ſon-<lb/> dern gegen uͤber an der weſtlichen Seite, die<lb/> nach Europa zu ſiehet. In Oſtindien iſt noch<lb/> itzo ein kleiner Thurm zu ſehen, den die Tuͤr-<lb/> ken Kuſch Kjabukjiſi oder den Voͤgelthurm<note place="foot" n="*">das Vogelneſt.</note><lb/> nennen.</note><lb/> <fw place="bottom" type="sig">K 2</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [75/0153]
4. Bajeßid der I
ches Heer oͤſtlicher Tatarn, und uͤberfiel damit die aſiatiſchen Landſchaften, die
ſowol den Perſern als den Tuͤrken unterworfen waren.
12. Palaͤologus hatte in ſeiner Noth Geſandten an Temurlenkj geſchicket,
die demſelben die Gewalt, die er von Bajeßid erlitte, vorſtelleten und ihn um
Huͤlfe anriefen: dagegen der Kaiſer verſprach, ſein Reich von ihm
¹⁷
zu Lehen
zu nehmen. Temurlenkj ſoll darauf zur Antwort ertheilet haben: er wolle
zwar denſelben vertheidigen und gegen ſeine Feinde beſchuͤtzen; mache ſich aber
ein Gewiſſen daraus, das Eigenthum eines andern zu begehren. Eine Groß-
muͤthigkeit, die keine ihres gleichen hat, ob ſie ſich gleich bey einem Barbar
befand!
und ſchlaͤget das
Anerbieten von
Conſtantinopel
aus:
13. In der That ſcheinet dieſes mit eine Urſache geweſen zu ſeyn, darum
Temurlenkj ſeine Gedanken und Waffen gegen Bajeßid richtete. Die Tuͤrken
ſelbſt erzaͤhlen die Sache auf dieſe Weiſe. Im Jahre der Hidſchret 890 wurde
Ahmed Halamir
¹⁸
, Chan von Baͤgdad, das unter dem Sultan von Aegypten
ſtund,
des Malers, ſo daß er ihm das Leben ſchenkte
und ſeine Freyheit wieder gab.
¹⁷ von ihm] Wahrhaftig eine bewun-
dernswuͤrdige Großmuth von einem Barbar!
Seine Antwort waͤre werth, daß man ſie mit
goͤldenen Buchſtaben der Nachkommenſchaft
anprieſe. Palaͤologus bietet ihm ſeine Stadt
und Reich an. Temurlenkj nimmt beydes
in ſeinen Schutz; ſchlaͤget aber das Reich aus,
mit dieſer großmuͤthigen Antwort: “es
“wuͤrde unrecht ſeyn, ein ſo altes Reich zu
“veraͤndern, und ein ſo großes und durch-
“lauchtiges Haus, deſſen Ruhm ſogar bis
“zu den Tatarn gekommen ſey, unter das
“Joch einer fremden Regierung zu zwin-
“gen.„ Dieſe Groͤße des Gemuͤths war
es, die ihn veranlaſſete, ſolche blutigen
Schlachten zu halten und ſolche maͤchtigen
Kriegesheere aufzurichten, die in Vergleichung
mit Darius und Xerxes Heeren dieſen gleich
kommen, wo nicht gar dieſelben uͤbertreffen
werden.
¹⁸ Ahmed Halamir] Er war einer von
den perſiſchen Satrapen, deren ich ſchon ſo
oft erwaͤhnet habe. Der Name Halamir be-
deutet in der arabiſchen Sprache ſo viel, als
einen gegenwaͤrtigen oder immerwaͤhrenden
Herrn. Die perſiſchen ſowol als die tuͤrki-
ſchen Geſchichtſchreiber ſind darinnen einig,
daß von deſſelben Zeiten an der Sitz des per-
ſiſchen Reiches von Baͤgdad nach Rewan,
und von da nach Isfaͤhan ſey verleget wor-
den. Das heutige Baͤgdad der Tuͤrken oder
Babylon lieget nicht an dem oͤſtlichen Ufer
des Euphrats, da, außer dem einſtimmigen
Zeugniſſe der Geſchichtſchreiber, ſo viele Reſte
den Sitz des alten Babylons anzeigen: ſon-
dern gegen uͤber an der weſtlichen Seite, die
nach Europa zu ſiehet. In Oſtindien iſt noch
itzo ein kleiner Thurm zu ſehen, den die Tuͤr-
ken Kuſch Kjabukjiſi oder den Voͤgelthurm *
nennen.
faͤnget mit Ba-
jeßid Krieg an,
und warum?
H. 890.
J. C. 1397.
* das Vogelneſt.
K 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |