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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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Osmanische Geschichte
nach Adrianopel zurück. Indem er nun hier darauf denket, wie er künftighin
den Friedensgeschäfften obliegen und das Reich in guten Stand setzen wolle,
welches zu thun die bisherigen Zeiten ihm noch nicht erlaubet hatten: so wird der-
selbe aufs neue durch innerliche Unruhen gestöret. Denn sein jüngerer Bruder
Mustäfa 11, ein junger Herr, lässet sich durch die betriegerischen Anschläge der
Griechen verleiten, und auch vielleicht durch die unzeitige Begierde zu herrschen
anreizen, daß er einen Aufruhr in Asien erreget, sich der Stadt Nicäa, die
schwache Besatzung hatte, bemächtiget, und weil ihn die Griechen mit allen
Kriegsnothwendigkeiten überflüssig versahen, dieselbe stark befestigen lässet, um
zum Sitze des zukünftigen Krieges dienen zu können.

wird gefangenund umgebracht.
8.

Damit nun Murad diesen Aufruhr beyzeiten dämpfen möchte: so ging
er mit einem großen Kriegsheere nach Asien. Mustäfa Tschelebi aber getrauete
sich nicht, es mit seinem Bruder im offenen Felde zu wagen (denn er hatte au-
ßer den griechischen Soldaten nur einige wenige Räuber bey sich), sondern
sperrete sich in Nicäa ein. Allein, er war hinter den Mauren eben so wenig
sicher. Murad zog seine Truppen zusammen, schloß die Stadt genau ein und
ließ dieselbe wacker bestürmen, so daß er sie am fünf und zwanzigsten Tage nebst
seinem Bruder in seine Hände bekam. Diesen ließ er unverzüglich in seiner
Gegenwart erdrosseln.

Murad leget sich
die Tochter LaßOglis bey.
9.

Um den Verlust, den das oliosmanische Geschlecht durch diese Hin-
richtung erlitten hatte, wieder zu ersetzen, vermälte sich Murad im Jahre 827
H. 827.



J. C. 1424.mit der Tochter Laß Oglis 12, die bereits vorher mit ihm verlobet war, einer
Fürstinn, die alle Frauenzimmer zu ihrer Zeit an Schönheit übertraf und die
Helena der Servier war.

[Spaltenumbruch]
gesehen wissen, das zur Bestätigung der Ver-
heißungen ihres Gesetzgebers, und der Vor-
herverkündigung Schejch Sejdi Bechars, ge-
schehen sey. So erschrecklich sind die Men-
schen von dem Aberglauben eingenommen,
wann derselbe bey ihnen die Oberhand bekom-
men hat!
11 Bruder Mustäfa] Es ist eben der-
selbe, den Phranza (im 1 Buche, 40 Hauptst.)
Mustaphopulus und Ameras Bruder nennet,
[Spaltenumbruch]
und der, wie er saget, nach Constantinopel
gekommen sey, als Murad die Belagerung
davor aufgehoben habe. Ich kann aber nicht
begreifen, was er damit haben will, daß er
noch weiter hinzusetzet: die Türken, die aus
Asien gekommen, hätten voller Verwunderung
bezeuget, er gliche dem Stifter ihrer Religion,
Muhämmed, und man könnte es ihm schon
allein an dem Gesichte ansehen, daß er der
Kaiser wäre. Denn nicht zu erwähnen, daß
die Türken dergleichen Dinge schwerlich im
10. Das

Osmaniſche Geſchichte
nach Adrianopel zuruͤck. Indem er nun hier darauf denket, wie er kuͤnftighin
den Friedensgeſchaͤfften obliegen und das Reich in guten Stand ſetzen wolle,
welches zu thun die bisherigen Zeiten ihm noch nicht erlaubet hatten: ſo wird der-
ſelbe aufs neue durch innerliche Unruhen geſtoͤret. Denn ſein juͤngerer Bruder
Muſtaͤfa 11, ein junger Herr, laͤſſet ſich durch die betriegeriſchen Anſchlaͤge der
Griechen verleiten, und auch vielleicht durch die unzeitige Begierde zu herrſchen
anreizen, daß er einen Aufruhr in Aſien erreget, ſich der Stadt Nicaͤa, die
ſchwache Beſatzung hatte, bemaͤchtiget, und weil ihn die Griechen mit allen
Kriegsnothwendigkeiten uͤberfluͤſſig verſahen, dieſelbe ſtark befeſtigen laͤſſet, um
zum Sitze des zukuͤnftigen Krieges dienen zu koͤnnen.

wird gefangenund umgebracht.
8.

Damit nun Murad dieſen Aufruhr beyzeiten daͤmpfen moͤchte: ſo ging
er mit einem großen Kriegsheere nach Aſien. Muſtaͤfa Tſchelebi aber getrauete
ſich nicht, es mit ſeinem Bruder im offenen Felde zu wagen (denn er hatte au-
ßer den griechiſchen Soldaten nur einige wenige Raͤuber bey ſich), ſondern
ſperrete ſich in Nicaͤa ein. Allein, er war hinter den Mauren eben ſo wenig
ſicher. Murad zog ſeine Truppen zuſammen, ſchloß die Stadt genau ein und
ließ dieſelbe wacker beſtuͤrmen, ſo daß er ſie am fuͤnf und zwanzigſten Tage nebſt
ſeinem Bruder in ſeine Haͤnde bekam. Dieſen ließ er unverzuͤglich in ſeiner
Gegenwart erdroſſeln.

Murad leget ſich
die Tochter LaßOglis bey.
9.

Um den Verluſt, den das oliosmaniſche Geſchlecht durch dieſe Hin-
richtung erlitten hatte, wieder zu erſetzen, vermaͤlte ſich Murad im Jahre 827
H. 827.



J. C. 1424.mit der Tochter Laß Oglis 12, die bereits vorher mit ihm verlobet war, einer
Fuͤrſtinn, die alle Frauenzimmer zu ihrer Zeit an Schoͤnheit uͤbertraf und die
Helena der Servier war.

[Spaltenumbruch]
geſehen wiſſen, das zur Beſtaͤtigung der Ver-
heißungen ihres Geſetzgebers, und der Vor-
herverkuͤndigung Schejch Sejdi Bechars, ge-
ſchehen ſey. So erſchrecklich ſind die Men-
ſchen von dem Aberglauben eingenommen,
wann derſelbe bey ihnen die Oberhand bekom-
men hat!
11 Bruder Muſtaͤfa] Es iſt eben der-
ſelbe, den Phranza (im 1 Buche, 40 Hauptſt.)
Muſtaphopulus und Ameras Bruder nennet,
[Spaltenumbruch]
und der, wie er ſaget, nach Conſtantinopel
gekommen ſey, als Murad die Belagerung
davor aufgehoben habe. Ich kann aber nicht
begreifen, was er damit haben will, daß er
noch weiter hinzuſetzet: die Tuͤrken, die aus
Aſien gekommen, haͤtten voller Verwunderung
bezeuget, er gliche dem Stifter ihrer Religion,
Muhaͤmmed, und man koͤnnte es ihm ſchon
allein an dem Geſichte anſehen, daß er der
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[118/0200] Osmaniſche Geſchichte nach Adrianopel zuruͤck. Indem er nun hier darauf denket, wie er kuͤnftighin den Friedensgeſchaͤfften obliegen und das Reich in guten Stand ſetzen wolle, welches zu thun die bisherigen Zeiten ihm noch nicht erlaubet hatten: ſo wird der- ſelbe aufs neue durch innerliche Unruhen geſtoͤret. Denn ſein juͤngerer Bruder Muſtaͤfa ¹¹ , ein junger Herr, laͤſſet ſich durch die betriegeriſchen Anſchlaͤge der Griechen verleiten, und auch vielleicht durch die unzeitige Begierde zu herrſchen anreizen, daß er einen Aufruhr in Aſien erreget, ſich der Stadt Nicaͤa, die ſchwache Beſatzung hatte, bemaͤchtiget, und weil ihn die Griechen mit allen Kriegsnothwendigkeiten uͤberfluͤſſig verſahen, dieſelbe ſtark befeſtigen laͤſſet, um zum Sitze des zukuͤnftigen Krieges dienen zu koͤnnen. 8. Damit nun Murad dieſen Aufruhr beyzeiten daͤmpfen moͤchte: ſo ging er mit einem großen Kriegsheere nach Aſien. Muſtaͤfa Tſchelebi aber getrauete ſich nicht, es mit ſeinem Bruder im offenen Felde zu wagen (denn er hatte au- ßer den griechiſchen Soldaten nur einige wenige Raͤuber bey ſich), ſondern ſperrete ſich in Nicaͤa ein. Allein, er war hinter den Mauren eben ſo wenig ſicher. Murad zog ſeine Truppen zuſammen, ſchloß die Stadt genau ein und ließ dieſelbe wacker beſtuͤrmen, ſo daß er ſie am fuͤnf und zwanzigſten Tage nebſt ſeinem Bruder in ſeine Haͤnde bekam. Dieſen ließ er unverzuͤglich in ſeiner Gegenwart erdroſſeln. 9. Um den Verluſt, den das oliosmaniſche Geſchlecht durch dieſe Hin- richtung erlitten hatte, wieder zu erſetzen, vermaͤlte ſich Murad im Jahre 827 mit der Tochter Laß Oglis ¹² , die bereits vorher mit ihm verlobet war, einer Fuͤrſtinn, die alle Frauenzimmer zu ihrer Zeit an Schoͤnheit uͤbertraf und die Helena der Servier war. H. 827. J. C. 1424. 10. Das geſehen wiſſen, das zur Beſtaͤtigung der Ver- heißungen ihres Geſetzgebers, und der Vor- herverkuͤndigung Schejch Sejdi Bechars, ge- ſchehen ſey. So erſchrecklich ſind die Men- ſchen von dem Aberglauben eingenommen, wann derſelbe bey ihnen die Oberhand bekom- men hat! ¹¹ Bruder Muſtaͤfa] Es iſt eben der- ſelbe, den Phranza (im 1 Buche, 40 Hauptſt.) Muſtaphopulus und Ameras Bruder nennet, und der, wie er ſaget, nach Conſtantinopel gekommen ſey, als Murad die Belagerung davor aufgehoben habe. Ich kann aber nicht begreifen, was er damit haben will, daß er noch weiter hinzuſetzet: die Tuͤrken, die aus Aſien gekommen, haͤtten voller Verwunderung bezeuget, er gliche dem Stifter ihrer Religion, Muhaͤmmed, und man koͤnnte es ihm ſchon allein an dem Geſichte anſehen, daß er der Kaiſer waͤre. Denn nicht zu erwaͤhnen, daß die Tuͤrken dergleichen Dinge ſchwerlich im Stande

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/200>, abgerufen am 28.11.2024.