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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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Osmanische Geschichte
ersuchet denselben, bey dem Kaiser einen Frieden für ihn zuwege zu bringen.
Der Mönch nimmt das Geschäffte willig auf sich, und vermag durch seine Gott-
seligkeit, welche alle Müsülmanen verehreten, oder durch seine Beredsamkeit
(darinnen derselbe, wie man saget, vortreffliche Gaben hatte) bey Murad so
viel, daß er, mit Vergessung alles ihm angethanen Unrechts, Karaman ganz
willig vergiebt und denselben wieder in seinen vorigen Stand einsetzet.

Murad schläget
den Fürsten von
Morea aufsHaupt.
17.

Als die Sachen in Asien wieder in Ordnung gebracht waren: so
stund ein neuer Feind in Europa auf, nämlich Morakrali 23, ein Bruder des
griechischen Kaisers. Dieser Mann belagerte Gjögjerdschinlikj, eine Stadt an
den Grenzen von Morea gelegen: wurde aber darüber von Kasim Pascha, dem
Begjlerbegj 24 von Rumilien, mit einem Truppe auserlesener Soldaten unver-
muthet angegriffen und in die Flucht geschlagen. Nachdem der Ueberwinder
die meisten von seinen Feinden gefangen und erschlagen hatte: so kehrete er mit
reicher Beute aus dem eroberten Lager wieder zurück.

Krieg mit denUngarn.
18.

Mittlerweile erhebet sich ein heftiger Krieg mit dem Könige von Un-
[Spaltenumbruch]

ses war zu derselben Zeit der berühmteste Hei-
lige unter den Türken, dessen Zelle in Kara-
manien noch heutiges Tages mit vieler An-
dacht von ihnen besuchet wird.
23 Morakrali] Es scheinet dieses der
Despot Demetrie gewesen zu seyn, der um
diese Zeit, wie Phranza berichtet, Statthalter
über den größten Theil von Morea war. Er
wird hier ein Bruder des griechischen Kaisers
genennet, wegen der Anverwandschaft, dar-
innen er mit demselben gestanden ist.
24 Begjlerbegj] Was dieses Wort sei-
nem Ursprunge nach bedeute, das ist bereits
oben angezeiget worden*. Hier aber ist noch
folgendes zu merken. Es werden zwar alle
Paschastellen, da die Statthalter drey Tuge2*
zu führen die Ehre haben, Begjlerbegjschaften
genennet: in vorzüglichem Verstande aber
führen noch heutiges Tages nicht mehr als
[Spaltenumbruch]
drey Paschen den Titel Begjlerbegj; nämlich
der Statthalter von Rumilien, der seinen
Sitz zu Sophia hat, der von Anadol, der
zu Kjutahi wohnet, und der von Damaskus:
vor diesem war auch dergleichen der Pascha
von Ofen. Ob auch gleich die übrigen von
ihren Schmeichlern manchmal die Benennung
Begjlerbegj bekommen: so giebt ihnen doch
der Hof keinen andern Titel, als Destur Mü-
kjerrem, das ist, Gevollmächtigter. Dieses
Wort kommt her von Tugra, das denjenigen
Zug oder Zeichen bedeutet, dadurch der kai-
serliche Name ausgedrücket wird: denn ihnen
ist es nächst dem Weßire allein erlaubet, das-
selbe zu führen und im Namen des Kaisers
in ihrem Bezirke Befehle auszufertigen. Ihr
Ansehen in dem osmanischen Reiche ist so
groß (so lange nämlich, als sie diesen Na-
men führen), daß, wann sie von der Haupt-
stadt in die Landschaft ziehen, die ihnen an-
gewiesen ist, oder wann sie von einem Lande

garn.
* 49 S. 4 Anm.
2* Roßschweife.

Osmaniſche Geſchichte
erſuchet denſelben, bey dem Kaiſer einen Frieden fuͤr ihn zuwege zu bringen.
Der Moͤnch nimmt das Geſchaͤffte willig auf ſich, und vermag durch ſeine Gott-
ſeligkeit, welche alle Muͤſuͤlmanen verehreten, oder durch ſeine Beredſamkeit
(darinnen derſelbe, wie man ſaget, vortreffliche Gaben hatte) bey Murad ſo
viel, daß er, mit Vergeſſung alles ihm angethanen Unrechts, Karaman ganz
willig vergiebt und denſelben wieder in ſeinen vorigen Stand einſetzet.

Murad ſchlaͤget
den Fuͤrſten von
Morea aufsHaupt.
17.

Als die Sachen in Aſien wieder in Ordnung gebracht waren: ſo
ſtund ein neuer Feind in Europa auf, naͤmlich Morakrali 23, ein Bruder des
griechiſchen Kaiſers. Dieſer Mann belagerte Gjoͤgjerdſchinlikj, eine Stadt an
den Grenzen von Morea gelegen: wurde aber daruͤber von Kaſim Paſcha, dem
Begjlerbegj 24 von Rumilien, mit einem Truppe auserleſener Soldaten unver-
muthet angegriffen und in die Flucht geſchlagen. Nachdem der Ueberwinder
die meiſten von ſeinen Feinden gefangen und erſchlagen hatte: ſo kehrete er mit
reicher Beute aus dem eroberten Lager wieder zuruͤck.

Krieg mit denUngarn.
18.

Mittlerweile erhebet ſich ein heftiger Krieg mit dem Koͤnige von Un-
[Spaltenumbruch]

ſes war zu derſelben Zeit der beruͤhmteſte Hei-
lige unter den Tuͤrken, deſſen Zelle in Kara-
manien noch heutiges Tages mit vieler An-
dacht von ihnen beſuchet wird.
23 Morakrali] Es ſcheinet dieſes der
Deſpot Demetrie geweſen zu ſeyn, der um
dieſe Zeit, wie Phranza berichtet, Statthalter
uͤber den groͤßten Theil von Morea war. Er
wird hier ein Bruder des griechiſchen Kaiſers
genennet, wegen der Anverwandſchaft, dar-
innen er mit demſelben geſtanden iſt.
24 Begjlerbegj] Was dieſes Wort ſei-
nem Urſprunge nach bedeute, das iſt bereits
oben angezeiget worden*. Hier aber iſt noch
folgendes zu merken. Es werden zwar alle
Paſchaſtellen, da die Statthalter drey Tuge2*
zu fuͤhren die Ehre haben, Begjlerbegjſchaften
genennet: in vorzuͤglichem Verſtande aber
fuͤhren noch heutiges Tages nicht mehr als
[Spaltenumbruch]
drey Paſchen den Titel Begjlerbegj; naͤmlich
der Statthalter von Rumilien, der ſeinen
Sitz zu Sophia hat, der von Anadol, der
zu Kjutahi wohnet, und der von Damaſkus:
vor dieſem war auch dergleichen der Paſcha
von Ofen. Ob auch gleich die uͤbrigen von
ihren Schmeichlern manchmal die Benennung
Begjlerbegj bekommen: ſo giebt ihnen doch
der Hof keinen andern Titel, als Deſtur Muͤ-
kjerrem, das iſt, Gevollmaͤchtigter. Dieſes
Wort kommt her von Tugra, das denjenigen
Zug oder Zeichen bedeutet, dadurch der kai-
ſerliche Name ausgedruͤcket wird: denn ihnen
iſt es naͤchſt dem Weßire allein erlaubet, daſ-
ſelbe zu fuͤhren und im Namen des Kaiſers
in ihrem Bezirke Befehle auszufertigen. Ihr
Anſehen in dem osmaniſchen Reiche iſt ſo
groß (ſo lange naͤmlich, als ſie dieſen Na-
men fuͤhren), daß, wann ſie von der Haupt-
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garn.
* 49 S. 4 Anm.
2* Roßſchweife.
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[122/0204] Osmaniſche Geſchichte erſuchet denſelben, bey dem Kaiſer einen Frieden fuͤr ihn zuwege zu bringen. Der Moͤnch nimmt das Geſchaͤffte willig auf ſich, und vermag durch ſeine Gott- ſeligkeit, welche alle Muͤſuͤlmanen verehreten, oder durch ſeine Beredſamkeit (darinnen derſelbe, wie man ſaget, vortreffliche Gaben hatte) bey Murad ſo viel, daß er, mit Vergeſſung alles ihm angethanen Unrechts, Karaman ganz willig vergiebt und denſelben wieder in ſeinen vorigen Stand einſetzet. 17. Als die Sachen in Aſien wieder in Ordnung gebracht waren: ſo ſtund ein neuer Feind in Europa auf, naͤmlich Morakrali ²³ , ein Bruder des griechiſchen Kaiſers. Dieſer Mann belagerte Gjoͤgjerdſchinlikj, eine Stadt an den Grenzen von Morea gelegen: wurde aber daruͤber von Kaſim Paſcha, dem Begjlerbegj ²⁴ von Rumilien, mit einem Truppe auserleſener Soldaten unver- muthet angegriffen und in die Flucht geſchlagen. Nachdem der Ueberwinder die meiſten von ſeinen Feinden gefangen und erſchlagen hatte: ſo kehrete er mit reicher Beute aus dem eroberten Lager wieder zuruͤck. 18. Mittlerweile erhebet ſich ein heftiger Krieg mit dem Koͤnige von Un- garn. ſes war zu derſelben Zeit der beruͤhmteſte Hei- lige unter den Tuͤrken, deſſen Zelle in Kara- manien noch heutiges Tages mit vieler An- dacht von ihnen beſuchet wird. ²³ Morakrali] Es ſcheinet dieſes der Deſpot Demetrie geweſen zu ſeyn, der um dieſe Zeit, wie Phranza berichtet, Statthalter uͤber den groͤßten Theil von Morea war. Er wird hier ein Bruder des griechiſchen Kaiſers genennet, wegen der Anverwandſchaft, dar- innen er mit demſelben geſtanden iſt. ²⁴ Begjlerbegj] Was dieſes Wort ſei- nem Urſprunge nach bedeute, das iſt bereits oben angezeiget worden *. Hier aber iſt noch folgendes zu merken. Es werden zwar alle Paſchaſtellen, da die Statthalter drey Tuge 2* zu fuͤhren die Ehre haben, Begjlerbegjſchaften genennet: in vorzuͤglichem Verſtande aber fuͤhren noch heutiges Tages nicht mehr als drey Paſchen den Titel Begjlerbegj; naͤmlich der Statthalter von Rumilien, der ſeinen Sitz zu Sophia hat, der von Anadol, der zu Kjutahi wohnet, und der von Damaſkus: vor dieſem war auch dergleichen der Paſcha von Ofen. Ob auch gleich die uͤbrigen von ihren Schmeichlern manchmal die Benennung Begjlerbegj bekommen: ſo giebt ihnen doch der Hof keinen andern Titel, als Deſtur Muͤ- kjerrem, das iſt, Gevollmaͤchtigter. Dieſes Wort kommt her von Tugra, das denjenigen Zug oder Zeichen bedeutet, dadurch der kai- ſerliche Name ausgedruͤcket wird: denn ihnen iſt es naͤchſt dem Weßire allein erlaubet, daſ- ſelbe zu fuͤhren und im Namen des Kaiſers in ihrem Bezirke Befehle auszufertigen. Ihr Anſehen in dem osmaniſchen Reiche iſt ſo groß (ſo lange naͤmlich, als ſie dieſen Na- men fuͤhren), daß, wann ſie von der Haupt- ſtadt in die Landſchaft ziehen, die ihnen an- gewieſen iſt, oder wann ſie von einem Lande in * 49 S. 4 Anm. 2* Roßſchweife.

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/204>, abgerufen am 29.11.2024.