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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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Osmanische Geschichte
seine Veranstaltung oder günstiges Glück wurde das osmanische Reich nicht
allein verbessert, sondern auch schwere Kriege mit großem Ruhme geführet und
weitläuftige Königreiche erobert. Er verwendete einen großen Theil seiner
Einkünfte auf solche Gebäude, welche zu der Ehre Gottes 62 aufgeführet wur-
den. Er ließ die Stadtmauren, die durch ein Erdbeben an vielen Orten ein-
gefallen waren, ausbessern, und bauete auf dem Kupferschmiedsmarkte 63 einen
ansehnlichen Dschami von unvergleichlicher Baukunst, auch noch einen andern
zu Amasia, der zwar nicht so groß, aber eben so schön und herrlich war. Der
vielen Medrese und Imarete, die er an verschiedenen Orten aufführen lassen,
nicht zu erwähnen. Außer diesen Gebäuden, die zum Gottesdienste bestimmet
waren, bauete er auch nicht weit von Osmandschik über den Fluß Kißil Ir-
mak 64 eine marmorsteinerne Brücke von neunzehen Bögen, und in der Land-
schaft Sarichan über den Fluß Gjößsuji 65, noch eine andere mit einer gleichen
Anzahl Bögen, von gehauenen Steinen.

Sonderbares
Beyspiel seinerGottseligkeit.
33.

Ehe ich aber weiter fortschreite, muß ich noch ein sonderbares Bey-
spiel seiner Gottseligkeit anführen, das von den Türken sehr gerühmet wird.
Man sagt, es habe derselbe seine ganze Lebenszeit hindurch denjenigen Staub,
[Spaltenumbruch]

62 zu der Ehre Gottes] Alles, was
von Gebäuden Gott gewidmet wird, davon
saget man insgemein, daß es zu der Ehre
Gottes gebauet werde: Häk Joline, oder
auf arabisch, fi Sebilüllah, oder fi Tärikül-
lah, in dem Wege Gottes*.
63 Kupferschmiedsmarkte] Er lieget
nicht weit von dem alten Palaste, und wurde
vor Alters [fremdsprachliches Material - Zeichen fehlt] genennet.
64 Kißil Irmak] der rothe Strom.
65 Gjößsuji] Augenwasser, und in
figürlichem Verstande, Threnen: gleichwie
[Spaltenumbruch]
Gjöß Jaschi, die Feuchtigkeit oder Quelle der
Augen.
66 Hädis] Dieses heißet eigentlich das
Orakel eines falschen Propheten, das, nach
der Türken Meinung, mit einem prophetischen
Geiste ausgesprochen wird. Denn sie theilen
die Weißagungen im Kuron ein, in göttliche
oder solche, welche Muhämmed von dem
Erzengel wörtlich vorgesaget worden, und
diese nennen sie Hädisül-Kudus2*: und in
prophetische, welche Muhämmed aus einem
göttlichen Geiste vorgebracht habe, bey ihnen
Hädisün-Nebewi genennet.

der
* Sie gebrauchen diese Redensart von allem dem, was zum Dienste Gottes, um der Religion willen,
oder zum gemeinen Besten, geschiehet.
2* heilige Aussprüche.

Osmaniſche Geſchichte
ſeine Veranſtaltung oder guͤnſtiges Gluͤck wurde das osmaniſche Reich nicht
allein verbeſſert, ſondern auch ſchwere Kriege mit großem Ruhme gefuͤhret und
weitlaͤuftige Koͤnigreiche erobert. Er verwendete einen großen Theil ſeiner
Einkuͤnfte auf ſolche Gebaͤude, welche zu der Ehre Gottes 62 aufgefuͤhret wur-
den. Er ließ die Stadtmauren, die durch ein Erdbeben an vielen Orten ein-
gefallen waren, ausbeſſern, und bauete auf dem Kupferſchmiedsmarkte 63 einen
anſehnlichen Dſchami von unvergleichlicher Baukunſt, auch noch einen andern
zu Amaſia, der zwar nicht ſo groß, aber eben ſo ſchoͤn und herrlich war. Der
vielen Medreſe und Imarete, die er an verſchiedenen Orten auffuͤhren laſſen,
nicht zu erwaͤhnen. Außer dieſen Gebaͤuden, die zum Gottesdienſte beſtimmet
waren, bauete er auch nicht weit von Osmandſchik uͤber den Fluß Kißil Ir-
mak 64 eine marmorſteinerne Bruͤcke von neunzehen Boͤgen, und in der Land-
ſchaft Sarichan uͤber den Fluß Gjoͤßſuji 65, noch eine andere mit einer gleichen
Anzahl Boͤgen, von gehauenen Steinen.

Sonderbares
Beyſpiel ſeinerGottſeligkeit.
33.

Ehe ich aber weiter fortſchreite, muß ich noch ein ſonderbares Bey-
ſpiel ſeiner Gottſeligkeit anfuͤhren, das von den Tuͤrken ſehr geruͤhmet wird.
Man ſagt, es habe derſelbe ſeine ganze Lebenszeit hindurch denjenigen Staub,
[Spaltenumbruch]

62 zu der Ehre Gottes] Alles, was
von Gebaͤuden Gott gewidmet wird, davon
ſaget man insgemein, daß es zu der Ehre
Gottes gebauet werde: Haͤk Joline, oder
auf arabiſch, fi Sebiluͤllah, oder fi Taͤrikuͤl-
lah, in dem Wege Gottes*.
63 Kupferſchmiedsmarkte] Er lieget
nicht weit von dem alten Palaſte, und wurde
vor Alters [fremdsprachliches Material – Zeichen fehlt] genennet.
64 Kißil Irmak] der rothe Strom.
65 Gjoͤßſuji] Augenwaſſer, und in
figuͤrlichem Verſtande, Threnen: gleichwie
[Spaltenumbruch]
Gjoͤß Jaſchi, die Feuchtigkeit oder Quelle der
Augen.
66 Haͤdis] Dieſes heißet eigentlich das
Orakel eines falſchen Propheten, das, nach
der Tuͤrken Meinung, mit einem prophetiſchen
Geiſte ausgeſprochen wird. Denn ſie theilen
die Weißagungen im Kuron ein, in goͤttliche
oder ſolche, welche Muhaͤmmed von dem
Erzengel woͤrtlich vorgeſaget worden, und
dieſe nennen ſie Haͤdiſuͤl-Kudus2*: und in
prophetiſche, welche Muhaͤmmed aus einem
goͤttlichen Geiſte vorgebracht habe, bey ihnen
Haͤdiſuͤn-Nebewi genennet.

der
* Sie gebrauchen dieſe Redensart von allem dem, was zum Dienſte Gottes, um der Religion willen,
oder zum gemeinen Beſten, geſchiehet.
2* heilige Ausſpruͤche.
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[210/0296] Osmaniſche Geſchichte ſeine Veranſtaltung oder guͤnſtiges Gluͤck wurde das osmaniſche Reich nicht allein verbeſſert, ſondern auch ſchwere Kriege mit großem Ruhme gefuͤhret und weitlaͤuftige Koͤnigreiche erobert. Er verwendete einen großen Theil ſeiner Einkuͤnfte auf ſolche Gebaͤude, welche zu der Ehre Gottes ⁶² aufgefuͤhret wur- den. Er ließ die Stadtmauren, die durch ein Erdbeben an vielen Orten ein- gefallen waren, ausbeſſern, und bauete auf dem Kupferſchmiedsmarkte ⁶³ einen anſehnlichen Dſchami von unvergleichlicher Baukunſt, auch noch einen andern zu Amaſia, der zwar nicht ſo groß, aber eben ſo ſchoͤn und herrlich war. Der vielen Medreſe und Imarete, die er an verſchiedenen Orten auffuͤhren laſſen, nicht zu erwaͤhnen. Außer dieſen Gebaͤuden, die zum Gottesdienſte beſtimmet waren, bauete er auch nicht weit von Osmandſchik uͤber den Fluß Kißil Ir- mak ⁶⁴ eine marmorſteinerne Bruͤcke von neunzehen Boͤgen, und in der Land- ſchaft Sarichan uͤber den Fluß Gjoͤßſuji ⁶⁵ , noch eine andere mit einer gleichen Anzahl Boͤgen, von gehauenen Steinen. 33. Ehe ich aber weiter fortſchreite, muß ich noch ein ſonderbares Bey- ſpiel ſeiner Gottſeligkeit anfuͤhren, das von den Tuͤrken ſehr geruͤhmet wird. Man ſagt, es habe derſelbe ſeine ganze Lebenszeit hindurch denjenigen Staub, der ⁶² zu der Ehre Gottes] Alles, was von Gebaͤuden Gott gewidmet wird, davon ſaget man insgemein, daß es zu der Ehre Gottes gebauet werde: Haͤk Joline, oder auf arabiſch, fi Sebiluͤllah, oder fi Taͤrikuͤl- lah, in dem Wege Gottes *. ⁶³ Kupferſchmiedsmarkte] Er lieget nicht weit von dem alten Palaſte, und wurde vor Alters _ genennet. ⁶⁴ Kißil Irmak] der rothe Strom. ⁶⁵ Gjoͤßſuji] Augenwaſſer, und in figuͤrlichem Verſtande, Threnen: gleichwie Gjoͤß Jaſchi, die Feuchtigkeit oder Quelle der Augen. ⁶⁶ Haͤdis] Dieſes heißet eigentlich das Orakel eines falſchen Propheten, das, nach der Tuͤrken Meinung, mit einem prophetiſchen Geiſte ausgeſprochen wird. Denn ſie theilen die Weißagungen im Kuron ein, in goͤttliche oder ſolche, welche Muhaͤmmed von dem Erzengel woͤrtlich vorgeſaget worden, und dieſe nennen ſie Haͤdiſuͤl-Kudus 2*: und in prophetiſche, welche Muhaͤmmed aus einem goͤttlichen Geiſte vorgebracht habe, bey ihnen Haͤdiſuͤn-Nebewi genennet. * Sie gebrauchen dieſe Redensart von allem dem, was zum Dienſte Gottes, um der Religion willen, oder zum gemeinen Beſten, geſchiehet. 2* heilige Ausſpruͤche.

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/296>, abgerufen am 22.11.2024.