der aufgebauet werden sollte; und weil in dasigen Gegenden kein Holz anzu- treffen war: so schenkte er ihnen das Zimmerholz von einer Brücke, die er zuvor über die Donau hatte schlagen lassen.
Chäjrüddin schläget zwo christliche Flo-ten.
37.
Mittlerweile stößet Chäjrüddin, bey seiner Rückkunft von dem Kö- nigreiche Jemen, nicht weit von Krete, unvermuthet auf eine feindliche Flote, die aus drey hundert Schiffen bestund, und wirft dieselbe, nach einem hitzigen und hartnäckigen Treffen, gänzlich über einen Haufen, bekommt viele von ihren Schiffen, und schießet die meisten von den übrigen in den Grund. Tags dar- auf trifft er noch eine andere feindliche Flote, die aus mancherley Völker Schif- fen zusammengesetzet war, und von Andrevirius 73 geführet wurde, in dem Hafen von Prevesa an, und gehet beherzt auf dieselbe los. Die Feinde, die den Vor- theil von dem Platze genossen, hielten sich anfangs sehr tapfer, und verursachten, daß der Sieg lange zweifelhaft war: endlich aber machten sich die Christen, als sie merkten, daß sie übermächtiget waren, in der Nacht fort; waren aber gezwungen, dem türkischen Admiral einige von ihren Schiffen, als eine Beloh- nung für seine Mühe, zu überlassen. Allein, da derselbe nach diesen Siegen allzusicher war, und nach Constantinopel zurück kehrete: so belagerte Andrevi- rius, der nunmehr außer Gefahr war, die Stadt Nova, bekam dieselbe ein, und ließ alle muhämmedischen Einwohner daselbst niederhauen; um diejenigen, die wegen seines letztern Verlustes misvergnügt waren, zu befriedigen. Wiewol, die Eroberung Andrevirius war von keiner langen Dauer. Denn Chäjrüddin H. 946. J. C. 1539.griff im folgenden Jahre Nova mit einer frischen Flote an; und nachdem er diese verlorne Stadt wieder erobert hatte: so ließ er, zur Rache für seine Lan- desleute, alle Christen daselbst, ohne Unterschied des Alters oder Geschlechts, umbringen.
[Spaltenumbruch]
und vor Alters Lykostomon, genennet. Es lie- get an dem breitesten Ausflusse der Donau, gegen Norden, durch den allein die Schiffe in das schwarze Meer gehen müssen, nicht weit von Akkjirman. Diese Städte gehöreten vor diesem alle beyde zu der Moldau: itzo aber gehören sie zu Budschak, das die Moldauer Bessarabien nennen.
[Spaltenumbruch]
73 Andrevirius] Dieses scheinet der Name eines gewissen christlichen Feldherrn zu seyn, der von den Türken verderbet wor- den. Wer es aber gewesen ist, das habe ich nicht ausfündig machen können*.
74 König in Deutschland] Dieses ist nicht Carl der V, der damals Kaiser in Deutsch-
38. Im
* [Derjenige, den unser Verfasser hier Andrevirius nennet, war der berühmte Andreas Doria (von Jo- vius Auria genennet), der zu der hier gedachten Zeit in Diensten des Kaisers von Deutschland gewe- sen ist.]
Osmaniſche Geſchichte
der aufgebauet werden ſollte; und weil in daſigen Gegenden kein Holz anzu- treffen war: ſo ſchenkte er ihnen das Zimmerholz von einer Bruͤcke, die er zuvor uͤber die Donau hatte ſchlagen laſſen.
Chaͤjruͤddin ſchlaͤget zwo chriſtliche Flo-ten.
37.
Mittlerweile ſtoͤßet Chaͤjruͤddin, bey ſeiner Ruͤckkunft von dem Koͤ- nigreiche Jemen, nicht weit von Krete, unvermuthet auf eine feindliche Flote, die aus drey hundert Schiffen beſtund, und wirft dieſelbe, nach einem hitzigen und hartnaͤckigen Treffen, gaͤnzlich uͤber einen Haufen, bekommt viele von ihren Schiffen, und ſchießet die meiſten von den uͤbrigen in den Grund. Tags dar- auf trifft er noch eine andere feindliche Flote, die aus mancherley Voͤlker Schif- fen zuſammengeſetzet war, und von Andrevirius 73 gefuͤhret wurde, in dem Hafen von Preveſa an, und gehet beherzt auf dieſelbe los. Die Feinde, die den Vor- theil von dem Platze genoſſen, hielten ſich anfangs ſehr tapfer, und verurſachten, daß der Sieg lange zweifelhaft war: endlich aber machten ſich die Chriſten, als ſie merkten, daß ſie uͤbermaͤchtiget waren, in der Nacht fort; waren aber gezwungen, dem tuͤrkiſchen Admiral einige von ihren Schiffen, als eine Beloh- nung fuͤr ſeine Muͤhe, zu uͤberlaſſen. Allein, da derſelbe nach dieſen Siegen allzuſicher war, und nach Conſtantinopel zuruͤck kehrete: ſo belagerte Andrevi- rius, der nunmehr außer Gefahr war, die Stadt Nova, bekam dieſelbe ein, und ließ alle muhaͤmmediſchen Einwohner daſelbſt niederhauen; um diejenigen, die wegen ſeines letztern Verluſtes misvergnuͤgt waren, zu befriedigen. Wiewol, die Eroberung Andrevirius war von keiner langen Dauer. Denn Chaͤjruͤddin H. 946. J. C. 1539.griff im folgenden Jahre Nova mit einer friſchen Flote an; und nachdem er dieſe verlorne Stadt wieder erobert hatte: ſo ließ er, zur Rache fuͤr ſeine Lan- desleute, alle Chriſten daſelbſt, ohne Unterſchied des Alters oder Geſchlechts, umbringen.
[Spaltenumbruch]
und vor Alters Lykoſtomon, genennet. Es lie- get an dem breiteſten Ausfluſſe der Donau, gegen Norden, durch den allein die Schiffe in das ſchwarze Meer gehen muͤſſen, nicht weit von Akkjirman. Dieſe Staͤdte gehoͤreten vor dieſem alle beyde zu der Moldau: itzo aber gehoͤren ſie zu Budſchak, das die Moldauer Beſſarabien nennen.
[Spaltenumbruch]
73 Andrevirius] Dieſes ſcheinet der Name eines gewiſſen chriſtlichen Feldherrn zu ſeyn, der von den Tuͤrken verderbet wor- den. Wer es aber geweſen iſt, das habe ich nicht ausfuͤndig machen koͤnnen*.
74 Koͤnig in Deutſchland] Dieſes iſt nicht Carl der V‚ der damals Kaiſer in Deutſch-
38. Im
* [Derjenige, den unſer Verfaſſer hier Andrevirius nennet, war der beruͤhmte Andreas Doria (von Jo- vius Auria genennet), der zu der hier gedachten Zeit in Dienſten des Kaiſers von Deutſchland gewe- ſen iſt.]
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Osmaniſche Geſchichte
der aufgebauet werden ſollte; und weil in daſigen Gegenden kein Holz anzu-
treffen war: ſo ſchenkte er ihnen das Zimmerholz von einer Bruͤcke, die er zuvor
uͤber die Donau hatte ſchlagen laſſen.
37. Mittlerweile ſtoͤßet Chaͤjruͤddin, bey ſeiner Ruͤckkunft von dem Koͤ-
nigreiche Jemen, nicht weit von Krete, unvermuthet auf eine feindliche Flote,
die aus drey hundert Schiffen beſtund, und wirft dieſelbe, nach einem hitzigen
und hartnaͤckigen Treffen, gaͤnzlich uͤber einen Haufen, bekommt viele von ihren
Schiffen, und ſchießet die meiſten von den uͤbrigen in den Grund. Tags dar-
auf trifft er noch eine andere feindliche Flote, die aus mancherley Voͤlker Schif-
fen zuſammengeſetzet war, und von Andrevirius
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gefuͤhret wurde, in dem Hafen
von Preveſa an, und gehet beherzt auf dieſelbe los. Die Feinde, die den Vor-
theil von dem Platze genoſſen, hielten ſich anfangs ſehr tapfer, und verurſachten,
daß der Sieg lange zweifelhaft war: endlich aber machten ſich die Chriſten,
als ſie merkten, daß ſie uͤbermaͤchtiget waren, in der Nacht fort; waren aber
gezwungen, dem tuͤrkiſchen Admiral einige von ihren Schiffen, als eine Beloh-
nung fuͤr ſeine Muͤhe, zu uͤberlaſſen. Allein, da derſelbe nach dieſen Siegen
allzuſicher war, und nach Conſtantinopel zuruͤck kehrete: ſo belagerte Andrevi-
rius, der nunmehr außer Gefahr war, die Stadt Nova, bekam dieſelbe ein,
und ließ alle muhaͤmmediſchen Einwohner daſelbſt niederhauen; um diejenigen,
die wegen ſeines letztern Verluſtes misvergnuͤgt waren, zu befriedigen. Wiewol,
die Eroberung Andrevirius war von keiner langen Dauer. Denn Chaͤjruͤddin
griff im folgenden Jahre Nova mit einer friſchen Flote an; und nachdem er
dieſe verlorne Stadt wieder erobert hatte: ſo ließ er, zur Rache fuͤr ſeine Lan-
desleute, alle Chriſten daſelbſt, ohne Unterſchied des Alters oder Geſchlechts,
umbringen.
H. 946.
J. C. 1539.
38. Im
und vor Alters Lykoſtomon, genennet. Es lie-
get an dem breiteſten Ausfluſſe der Donau,
gegen Norden, durch den allein die Schiffe
in das ſchwarze Meer gehen muͤſſen, nicht weit
von Akkjirman. Dieſe Staͤdte gehoͤreten
vor dieſem alle beyde zu der Moldau: itzo aber
gehoͤren ſie zu Budſchak, das die Moldauer
Beſſarabien nennen.
⁷³ Andrevirius] Dieſes ſcheinet der
Name eines gewiſſen chriſtlichen Feldherrn
zu ſeyn, der von den Tuͤrken verderbet wor-
den. Wer es aber geweſen iſt, das habe ich
nicht ausfuͤndig machen koͤnnen *.
⁷⁴ Koͤnig in Deutſchland] Dieſes iſt
nicht Carl der V‚ der damals Kaiſer in Deutſch-
land
* [Derjenige, den unſer Verfaſſer hier Andrevirius nennet, war der beruͤhmte Andreas Doria (von Jo-
vius Auria genennet), der zu der hier gedachten Zeit in Dienſten des Kaiſers von Deutſchland gewe-
ſen iſt.]
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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/396>, abgerufen am 22.11.2024.
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