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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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Osmanische Geschichte
"saget hat; wir wurden aber nach der Zeit durch Gewalt der Waffen gezwun-
"gen, unsere Verbindungen fahren zu lassen. Sollte iemandem das Wort
"Unterwerfung unangenehm vorkommen: so mag er bedenken, daß die Frey-
"heit, wann sie einmal verloren ist und nicht wieder zu ihrem vorigen Glanze
"gebracht werden kann, nicht fraget, wo sie von allen Bedingungen los seyn
"könne; sondern, wo sie die leidlichsten Bedingungen erhalten könne. Unsere
"Kirchen haben nichts zu fürchten von einem Fürsten, der mit uns einerley
"Religion bekennet: und unsere Habe und unser Gut dürfen nichts besorgen
"von einem Könige, der weit mehr rechtmäßig besitzet, als er uns unrechtmä-
"ßiger Weise abnehmen kann. Er ist bereits Meister von dem besten Theile
"unseres Landes; und da derselbe während so langer Friedenszeit einen großen
"Schatz gesammelt hat: so ist es ihm leicht, uns gegen einen Feind, er sey
"welcher es wolle, zu vertheidigen. Daß wir zu seinem Schutze unsere Zu-
"flucht nehmen; dazu verbindet uns die Gerechtigkeit, und die Treue, die un-
"sere Vorältern demselben zugesaget haben: und es treibet uns dazu die Noth
"unseres gegenwärtigen Zustandes, und das Andenken seiner ehedem über uns
"geführten gelinden Regierung. Es waltet auch nicht der geringste Zweifel,
"er werde uns nicht allein als verlorne Söhne mit offenen Armen aufnehmen;
"sondern auch uns, als die Vormauer seines Reiches, gegen unsere Feinde
"vertheidigen."

Die Kosaken un-
terwerfen sichdem Zar.
25.

Diese Rede machte bey allen versammelten einen so großen Eindruck,
daß sie insgesammt gegen die Verbindungen, die sie mit den Türken eingegangen
hatten, ihren Abscheu bezeigten, und den einmüthigen Schluß fasseten, sich und
ihre Habe und Güter dem Zar von Rußland zu unterwerfen. Doroschensko
sendet hierauf unverzüglich eine vertraute Person, Namens Theodor Alexias,
mit einem Schreiben nach Moskow an den Zar, darinnen er denselben versi-
chert: er und seine Landesleute seyen bekümmert, daß sie, mit gänzlicher Hintan-
setzung ihrer Verbindungen, ihr Land schändlicher Weise den Türken übergeben
[Spaltenumbruch]

die Kosaken darüber in eine solche unnatürli-
che Furcht, daß sie die Belagerung aufhoben
und die weite Flucht nahmen. Es kamen
aber wenige von ihnen in ihr Vaterland zu-
rück. Denn als die Moldauer, die auf Ste-
phans Seite waren, merkten, daß die Kosa-
ken flohen: so verfolgten sie dieselben, töd-
teten ihrer viele, und sprengeten noch mehr
[Spaltenumbruch]
derselben in den Dnjester. Von diesem Bog-
dan wird erzählet, es sey derselbe der Trun-
kenheit so sehr ergeben gewesen, daß Basilius,
als er zu ihm gekommen, sieben Tage lang
keine Gelegenheit gefunden habe, mit ihm zu
sprechen, weil er beständig trunken gewesen
sey. Als endlich jener am achten Tage nach
Kjemjelniski schickte, und dieser sich zu ihm

hätten.

Osmaniſche Geſchichte
“ſaget hat; wir wurden aber nach der Zeit durch Gewalt der Waffen gezwun-
“gen, unſere Verbindungen fahren zu laſſen. Sollte iemandem das Wort
“Unterwerfung unangenehm vorkommen: ſo mag er bedenken, daß die Frey-
“heit, wann ſie einmal verloren iſt und nicht wieder zu ihrem vorigen Glanze
“gebracht werden kann, nicht fraget, wo ſie von allen Bedingungen los ſeyn
“koͤnne; ſondern, wo ſie die leidlichſten Bedingungen erhalten koͤnne. Unſere
“Kirchen haben nichts zu fuͤrchten von einem Fuͤrſten, der mit uns einerley
“Religion bekennet: und unſere Habe und unſer Gut duͤrfen nichts beſorgen
“von einem Koͤnige, der weit mehr rechtmaͤßig beſitzet, als er uns unrechtmaͤ-
“ßiger Weiſe abnehmen kann. Er iſt bereits Meiſter von dem beſten Theile
“unſeres Landes; und da derſelbe waͤhrend ſo langer Friedenszeit einen großen
“Schatz geſammelt hat: ſo iſt es ihm leicht, uns gegen einen Feind, er ſey
“welcher es wolle, zu vertheidigen. Daß wir zu ſeinem Schutze unſere Zu-
“flucht nehmen; dazu verbindet uns die Gerechtigkeit, und die Treue, die un-
“ſere Voraͤltern demſelben zugeſaget haben: und es treibet uns dazu die Noth
“unſeres gegenwaͤrtigen Zuſtandes, und das Andenken ſeiner ehedem uͤber uns
“gefuͤhrten gelinden Regierung. Es waltet auch nicht der geringſte Zweifel,
“er werde uns nicht allein als verlorne Soͤhne mit offenen Armen aufnehmen;
“ſondern auch uns, als die Vormauer ſeines Reiches, gegen unſere Feinde
“vertheidigen.„

Die Koſaken un-
terwerfen ſichdem Zar.
25.

Dieſe Rede machte bey allen verſammelten einen ſo großen Eindruck,
daß ſie insgeſammt gegen die Verbindungen, die ſie mit den Tuͤrken eingegangen
hatten, ihren Abſcheu bezeigten, und den einmuͤthigen Schluß faſſeten, ſich und
ihre Habe und Guͤter dem Zar von Rußland zu unterwerfen. Doroſchenſko
ſendet hierauf unverzuͤglich eine vertraute Perſon, Namens Theodor Alexias,
mit einem Schreiben nach Moskow an den Zar, darinnen er denſelben verſi-
chert: er und ſeine Landesleute ſeyen bekuͤmmert, daß ſie, mit gaͤnzlicher Hintan-
ſetzung ihrer Verbindungen, ihr Land ſchaͤndlicher Weiſe den Tuͤrken uͤbergeben
[Spaltenumbruch]

die Koſaken daruͤber in eine ſolche unnatuͤrli-
che Furcht, daß ſie die Belagerung aufhoben
und die weite Flucht nahmen. Es kamen
aber wenige von ihnen in ihr Vaterland zu-
ruͤck. Denn als die Moldauer, die auf Ste-
phans Seite waren, merkten, daß die Koſa-
ken flohen: ſo verfolgten ſie dieſelben, toͤd-
teten ihrer viele, und ſprengeten noch mehr
[Spaltenumbruch]
derſelben in den Dnjeſter. Von dieſem Bog-
dan wird erzaͤhlet, es ſey derſelbe der Trun-
kenheit ſo ſehr ergeben geweſen, daß Baſilius,
als er zu ihm gekommen, ſieben Tage lang
keine Gelegenheit gefunden habe, mit ihm zu
ſprechen, weil er beſtaͤndig trunken geweſen
ſey. Als endlich jener am achten Tage nach
Kjemjelniſki ſchickte, und dieſer ſich zu ihm

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[438/0546] Osmaniſche Geſchichte “ſaget hat; wir wurden aber nach der Zeit durch Gewalt der Waffen gezwun- “gen, unſere Verbindungen fahren zu laſſen. Sollte iemandem das Wort “Unterwerfung unangenehm vorkommen: ſo mag er bedenken, daß die Frey- “heit, wann ſie einmal verloren iſt und nicht wieder zu ihrem vorigen Glanze “gebracht werden kann, nicht fraget, wo ſie von allen Bedingungen los ſeyn “koͤnne; ſondern, wo ſie die leidlichſten Bedingungen erhalten koͤnne. Unſere “Kirchen haben nichts zu fuͤrchten von einem Fuͤrſten, der mit uns einerley “Religion bekennet: und unſere Habe und unſer Gut duͤrfen nichts beſorgen “von einem Koͤnige, der weit mehr rechtmaͤßig beſitzet, als er uns unrechtmaͤ- “ßiger Weiſe abnehmen kann. Er iſt bereits Meiſter von dem beſten Theile “unſeres Landes; und da derſelbe waͤhrend ſo langer Friedenszeit einen großen “Schatz geſammelt hat: ſo iſt es ihm leicht, uns gegen einen Feind, er ſey “welcher es wolle, zu vertheidigen. Daß wir zu ſeinem Schutze unſere Zu- “flucht nehmen; dazu verbindet uns die Gerechtigkeit, und die Treue, die un- “ſere Voraͤltern demſelben zugeſaget haben: und es treibet uns dazu die Noth “unſeres gegenwaͤrtigen Zuſtandes, und das Andenken ſeiner ehedem uͤber uns “gefuͤhrten gelinden Regierung. Es waltet auch nicht der geringſte Zweifel, “er werde uns nicht allein als verlorne Soͤhne mit offenen Armen aufnehmen; “ſondern auch uns, als die Vormauer ſeines Reiches, gegen unſere Feinde “vertheidigen.„ 25. Dieſe Rede machte bey allen verſammelten einen ſo großen Eindruck, daß ſie insgeſammt gegen die Verbindungen, die ſie mit den Tuͤrken eingegangen hatten, ihren Abſcheu bezeigten, und den einmuͤthigen Schluß faſſeten, ſich und ihre Habe und Guͤter dem Zar von Rußland zu unterwerfen. Doroſchenſko ſendet hierauf unverzuͤglich eine vertraute Perſon, Namens Theodor Alexias, mit einem Schreiben nach Moskow an den Zar, darinnen er denſelben verſi- chert: er und ſeine Landesleute ſeyen bekuͤmmert, daß ſie, mit gaͤnzlicher Hintan- ſetzung ihrer Verbindungen, ihr Land ſchaͤndlicher Weiſe den Tuͤrken uͤbergeben haͤtten. die Koſaken daruͤber in eine ſolche unnatuͤrli- che Furcht, daß ſie die Belagerung aufhoben und die weite Flucht nahmen. Es kamen aber wenige von ihnen in ihr Vaterland zu- ruͤck. Denn als die Moldauer, die auf Ste- phans Seite waren, merkten, daß die Koſa- ken flohen: ſo verfolgten ſie dieſelben, toͤd- teten ihrer viele, und ſprengeten noch mehr derſelben in den Dnjeſter. Von dieſem Bog- dan wird erzaͤhlet, es ſey derſelbe der Trun- kenheit ſo ſehr ergeben geweſen, daß Baſilius, als er zu ihm gekommen, ſieben Tage lang keine Gelegenheit gefunden habe, mit ihm zu ſprechen, weil er beſtaͤndig trunken geweſen ſey. Als endlich jener am achten Tage nach Kjemjelniſki ſchickte, und dieſer ſich zu ihm ver-

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 438. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/546>, abgerufen am 22.11.2024.