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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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19. Muhämmed der IIII
den letztern hatte der Seräskjer einen Verdacht; weil er merkte, daß er mit dem
Kaiser von Deutschland, und sonderlich mit dem Zar von Rußland, einen Brief-
wechsel unterhielte.

106.

Er beschloß daher, allen beyden die Regierung zu nehmen. Weilbestätiget Ser-
ban im Fürsten-
thume Wala-
chey; und nach
Absetzung De-
metrie Kantaku-
zenus machet er
Constantin Kan-
temir zum Für-
sten in Moldau.

er aber von Serban mit einer großen Summe Geldes bestochen war: so ver-
barg er seine verrätherische Absicht; und da er glaubte, die Gefahr von dieser
Seite wäre noch weit entfernet: so bestätigte er denselben in seinem Amte.
Demetrie aber entsetzte er seiner Würde; weil die gegenwärtigen Zeiten einen
Fürsten von mehrerer Erfahrung erforderten: und bestellte Constantin Kantemir 69,
[Spaltenumbruch]

Brankowan, sahen, daß sie den Fürsten durch
keinerley Zuredungen von seinem Vorhaben
abwendig machen konnten: so sollen sie, wie
man glaubet, das unerhörte Verbrechen be-
gangen, und demselben bey einem Gastmale
Gift beygebracht haben; damit sie in ihren
eigenen Gütern im Friede leben, und ohne
Beunruhigung bleiben möchten. Er hinter-
ließ einen einzigen Sohn, den Prinzen Georg,
der gegenwärtig in Siebenbürgen unter dem
Schutze des Kaisers von Deutschland lebet:
und vier Töchter, nämlich Smaragda, die
bald nach ihrer Verheiratung verstarb; Ma-
ria, Gemalinn Matthäus Balatschans; Kas-
sandra, die ich heiratete; und Balassa.
69 Constantin Kantemir] mit dem
Zunamen der Alte, acht Jahre lang Fürst
in Moldau. Als sein Vater, Theodor Kan-
temir, von den budschakischen Tatarn umge-
bracht worden war: so begab er sich in sei-
ner Jugend nach Polen, und dienete sieben-
zehen Jahre bey den Kriegesheeren der Kö-
nige in Polen, Wladislaws und Kasimirs,
da derselbe keine geringen Proben seiner Tapfer-
keit ablegte, und aus dieser Ursache vom Kö-
nige Kasimir zum Obersten gemacht wurde.
Nach geschlossenem Frieden zwischen Schwe-
den und Polen, ging er zu dem Fürsten in der
[Spaltenumbruch]
Walachey, Georg Gikas, und wurde von dem-
selben zu dem Amte eines Tschawsch Spata-
resk erhoben. Als Georg das erstemal abfäl-
lig wurde und zu den Deutschen überging:
so war er zu allem Glück bereits von ihm
weggegangen, und nahm seine Zuflucht zu dem
Fürsten in Moldau, Eustathius Dabisa, der
ihm seines Vaters Stelle gab, nämlich die
Statthalterschaft von kjegjetschisch Kodri,
und ihn kurz hierauf zum Dwornik von Bar-
lad machte. Eben diese Stellen behielte er
unter dem Fürsten Dukas, der Dabisa in der
Regierung folgte. Und nachdem er den Auf-
ruhr, den die Moldauer gegen Dukas erreget,
gestillet hatte: so wurde er für seine guten
Dienste mit der Würde des Groß-Klutscheri
oder Proviantcommissärs beehret, und her-
nach von Sultan Muhämmed dem IIII bey
dem Feldzuge gegen Kamjenjez zum Kalaws
oder Heerführer des moldauischen Heeres er-
nennet. Nachdem Dukas abgesetzet worden
war: so blieb er unter Petretschejk im Be-
sitze derselben Ehrenämter; und als er die
Beyschläferinnen des Sultans von dem An-
schlage, den die Polen gegen dieselben gefasset,
befreyet hatte: so bekam er deswegen starke
Empfehlungen von dem Haupte der Ver-
schnittenen, und erhielte von dem Weßire
das Versprechen auf das Fürstenthum.

Ser-
3 R 3

19. Muhaͤmmed der IIII
den letztern hatte der Seraͤskjer einen Verdacht; weil er merkte, daß er mit dem
Kaiſer von Deutſchland, und ſonderlich mit dem Zar von Rußland, einen Brief-
wechſel unterhielte.

106.

Er beſchloß daher, allen beyden die Regierung zu nehmen. Weilbeſtaͤtiget Ser-
ban im Fuͤrſten-
thume Wala-
chey; und nach
Abſetzung De-
metrie Kantaku-
zenus machet er
Conſtantin Kan-
temir zum Fuͤr-
ſten in Moldau.

er aber von Serban mit einer großen Summe Geldes beſtochen war: ſo ver-
barg er ſeine verraͤtheriſche Abſicht; und da er glaubte, die Gefahr von dieſer
Seite waͤre noch weit entfernet: ſo beſtaͤtigte er denſelben in ſeinem Amte.
Demetrie aber entſetzte er ſeiner Wuͤrde; weil die gegenwaͤrtigen Zeiten einen
Fuͤrſten von mehrerer Erfahrung erforderten: und beſtellte Conſtantin Kantemir 69,
[Spaltenumbruch]

Brankowan, ſahen, daß ſie den Fuͤrſten durch
keinerley Zuredungen von ſeinem Vorhaben
abwendig machen konnten: ſo ſollen ſie, wie
man glaubet, das unerhoͤrte Verbrechen be-
gangen, und demſelben bey einem Gaſtmale
Gift beygebracht haben; damit ſie in ihren
eigenen Guͤtern im Friede leben, und ohne
Beunruhigung bleiben moͤchten. Er hinter-
ließ einen einzigen Sohn, den Prinzen Georg,
der gegenwaͤrtig in Siebenbuͤrgen unter dem
Schutze des Kaiſers von Deutſchland lebet:
und vier Toͤchter, naͤmlich Smaragda, die
bald nach ihrer Verheiratung verſtarb; Ma-
ria, Gemalinn Matthaͤus Balatſchans; Kaſ-
ſandra, die ich heiratete; und Balaſſa.
69 Conſtantin Kantemir] mit dem
Zunamen der Alte, acht Jahre lang Fuͤrſt
in Moldau. Als ſein Vater, Theodor Kan-
temir, von den budſchakiſchen Tatarn umge-
bracht worden war: ſo begab er ſich in ſei-
ner Jugend nach Polen, und dienete ſieben-
zehen Jahre bey den Kriegesheeren der Koͤ-
nige in Polen, Wladiſlaws und Kaſimirs,
da derſelbe keine geringen Proben ſeiner Tapfer-
keit ablegte, und aus dieſer Urſache vom Koͤ-
nige Kaſimir zum Oberſten gemacht wurde.
Nach geſchloſſenem Frieden zwiſchen Schwe-
den und Polen, ging er zu dem Fuͤrſten in der
[Spaltenumbruch]
Walachey, Georg Gikas, und wurde von dem-
ſelben zu dem Amte eines Tſchawſch Spata-
reſk erhoben. Als Georg das erſtemal abfaͤl-
lig wurde und zu den Deutſchen uͤberging:
ſo war er zu allem Gluͤck bereits von ihm
weggegangen, und nahm ſeine Zuflucht zu dem
Fuͤrſten in Moldau, Euſtathius Dabiſa, der
ihm ſeines Vaters Stelle gab, naͤmlich die
Statthalterſchaft von kjegjetſchiſch Kodri,
und ihn kurz hierauf zum Dwornik von Bar-
lad machte. Eben dieſe Stellen behielte er
unter dem Fuͤrſten Dukas, der Dabiſa in der
Regierung folgte. Und nachdem er den Auf-
ruhr, den die Moldauer gegen Dukas erreget,
geſtillet hatte: ſo wurde er fuͤr ſeine guten
Dienſte mit der Wuͤrde des Groß-Klutſcheri
oder Proviantcommiſſaͤrs beehret, und her-
nach von Sultan Muhaͤmmed dem IIII bey
dem Feldzuge gegen Kamjenjez zum Kalaws
oder Heerfuͤhrer des moldauiſchen Heeres er-
nennet. Nachdem Dukas abgeſetzet worden
war: ſo blieb er unter Petretſchejk im Be-
ſitze derſelben Ehrenaͤmter; und als er die
Beyſchlaͤferinnen des Sultans von dem An-
ſchlage, den die Polen gegen dieſelben gefaſſet,
befreyet hatte: ſo bekam er deswegen ſtarke
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das Verſprechen auf das Fuͤrſtenthum.

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3 R 3
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[501/0609] 19. Muhaͤmmed der IIII den letztern hatte der Seraͤskjer einen Verdacht; weil er merkte, daß er mit dem Kaiſer von Deutſchland, und ſonderlich mit dem Zar von Rußland, einen Brief- wechſel unterhielte. 106. Er beſchloß daher, allen beyden die Regierung zu nehmen. Weil er aber von Serban mit einer großen Summe Geldes beſtochen war: ſo ver- barg er ſeine verraͤtheriſche Abſicht; und da er glaubte, die Gefahr von dieſer Seite waͤre noch weit entfernet: ſo beſtaͤtigte er denſelben in ſeinem Amte. Demetrie aber entſetzte er ſeiner Wuͤrde; weil die gegenwaͤrtigen Zeiten einen Fuͤrſten von mehrerer Erfahrung erforderten: und beſtellte Conſtantin Kantemir ⁶⁹ , Ser- Brankowan, ſahen, daß ſie den Fuͤrſten durch keinerley Zuredungen von ſeinem Vorhaben abwendig machen konnten: ſo ſollen ſie, wie man glaubet, das unerhoͤrte Verbrechen be- gangen, und demſelben bey einem Gaſtmale Gift beygebracht haben; damit ſie in ihren eigenen Guͤtern im Friede leben, und ohne Beunruhigung bleiben moͤchten. Er hinter- ließ einen einzigen Sohn, den Prinzen Georg, der gegenwaͤrtig in Siebenbuͤrgen unter dem Schutze des Kaiſers von Deutſchland lebet: und vier Toͤchter, naͤmlich Smaragda, die bald nach ihrer Verheiratung verſtarb; Ma- ria, Gemalinn Matthaͤus Balatſchans; Kaſ- ſandra, die ich heiratete; und Balaſſa. ⁶⁹ Conſtantin Kantemir] mit dem Zunamen der Alte, acht Jahre lang Fuͤrſt in Moldau. Als ſein Vater, Theodor Kan- temir, von den budſchakiſchen Tatarn umge- bracht worden war: ſo begab er ſich in ſei- ner Jugend nach Polen, und dienete ſieben- zehen Jahre bey den Kriegesheeren der Koͤ- nige in Polen, Wladiſlaws und Kaſimirs, da derſelbe keine geringen Proben ſeiner Tapfer- keit ablegte, und aus dieſer Urſache vom Koͤ- nige Kaſimir zum Oberſten gemacht wurde. Nach geſchloſſenem Frieden zwiſchen Schwe- den und Polen, ging er zu dem Fuͤrſten in der Walachey, Georg Gikas, und wurde von dem- ſelben zu dem Amte eines Tſchawſch Spata- reſk erhoben. Als Georg das erſtemal abfaͤl- lig wurde und zu den Deutſchen uͤberging: ſo war er zu allem Gluͤck bereits von ihm weggegangen, und nahm ſeine Zuflucht zu dem Fuͤrſten in Moldau, Euſtathius Dabiſa, der ihm ſeines Vaters Stelle gab, naͤmlich die Statthalterſchaft von kjegjetſchiſch Kodri, und ihn kurz hierauf zum Dwornik von Bar- lad machte. Eben dieſe Stellen behielte er unter dem Fuͤrſten Dukas, der Dabiſa in der Regierung folgte. Und nachdem er den Auf- ruhr, den die Moldauer gegen Dukas erreget, geſtillet hatte: ſo wurde er fuͤr ſeine guten Dienſte mit der Wuͤrde des Groß-Klutſcheri oder Proviantcommiſſaͤrs beehret, und her- nach von Sultan Muhaͤmmed dem IIII bey dem Feldzuge gegen Kamjenjez zum Kalaws oder Heerfuͤhrer des moldauiſchen Heeres er- nennet. Nachdem Dukas abgeſetzet worden war: ſo blieb er unter Petretſchejk im Be- ſitze derſelben Ehrenaͤmter; und als er die Beyſchlaͤferinnen des Sultans von dem An- ſchlage, den die Polen gegen dieſelben gefaſſet, befreyet hatte: ſo bekam er deswegen ſtarke Empfehlungen von dem Haupte der Ver- ſchnittenen, und erhielte von dem Weßire das Verſprechen auf das Fuͤrſtenthum. Nach beſtaͤtiget Ser- ban im Fuͤrſten- thume Wala- chey; und nach Abſetzung De- metrie Kantaku- zenus machet er Conſtantin Kan- temir zum Fuͤr- ſten in Moldau. 3 R 3

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 501. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/609>, abgerufen am 22.11.2024.