wurde. Nachdem die Sachen auf diesen Fuß gesetzet waren: so wendete der Weßir alle seine Bemühung dahin an, ein Kriegesheer aufzurichten, und bewe- gete durch seine Zuredungen, und seinen vielgültigen Einfluß bey den Soldaten, eine große Anzahl, daß sie Dienste nahmen; die andern aber, die ihre Gemäch- lichkeit dem Ruhme vorzogen, ließ er durch seine Tschawschen dazu zwingen: gab auch Befehl, alles sein silbernes und goldenes Geschirr zu Gelde zu prägen, und dasselbe zu den Kriegeskosten anzuwenden.
Die Kaiserli- chen belagern Ofen, und lei- den anfangs ei- nen ziemlichenVerlust dabey.
133.
Ehe aber derselbe mit seinen Truppen im Felde erscheinen konnte, indem das Land noch mit Schnee bedecket war: so nahm ein Theil der kaiser- lichen Völker, unter Caraffas Anführung, am achtzehenten des Monats Re- biül ewwel im Jahre 1097, St. Niklas ein; und eine andere Partey dersel- H. 1097. J. C. 1686.ben, unter Mercis Befehlhabung, schlug einige türkischen Regimenter, die Le- bensmittel nach Arad begleiten sollten, eroberte diese Stadt, und verbrennete den Vorrath, den die Türken daselbst zusammen gebracht hatten. Nach ver- schiedenen andern Scharmützeln mehr belagerte endlich das gesammte kaiserliche Kriegesheer Ofen, am sechs und zwanzigsten des Monats Redscheb*, das dasselbe vor zweyen Jahren vergebens versucht hatte, und machte sich am zwey- ten des Monats Schäban Meister von der untern Stadt, mit wenigerm Wi- derstande der Besatzung, als man vermuthet hatte. Nach Uebersteigung die- ser Hinderniß wurden die Wälle der Stadt bestürmet; und als die stärksten Festungswerke durch das Geschütz darnieder geschossen waren: so thaten die Kaiserlichen am ein und zwanzigsten desselben Monats2* durch die gemachte Oeffnung einen sehr heftigen Sturm, mit solchem guten Erfolge, daß die Bela- gerten gezwungen wurden, die Wälle gänzlich zu verlassen. Weil aber die Ar- beitsleute, die die Siegenden sogleich durch eine Brustwehre bedecken sollten, nicht bald genug herbeykamen: so wurden nicht nur viele von ihnen durch das unaufhörliche Feuer des Feindes erschossen; sondern die Türken hatten auch inzwischen Gelegenheit, eine zuvor angelegte Mine springen zu lassen, dadurch die Kaiserlichen genöthiget wurden, sich mit großem Verluste zurück zu ziehen.
Sie bestürmen die Stadt mitvieler Tapferkeit.
134.
Jedoch, dieser Unglücksfall benahm den Christen den Muth nicht; sondern reizte dieselben vielmehr zur Rache an. Nachdem sie also abermals einige Schritte breit von dem Walle niedergerissen hatten: so fingen sie, am vierten des Monats Remäßan3*, ihr Stürmen an eben dem Orte aufs neue an. Der Streit war lange zweifelhaft, und dergestalt hitzig, daß über drey tau- send Kaiserlichen umkamen oder verwundet wurden, ehe sie durch die Oeffnung durchbrechen konnten; und es geschahe nicht ohne große Schwierigkeit, und erst
nach
* am siebenten Junius.
2* am zweyten Julius.
3* am funfzehenten Julius.
Osmaniſche Geſchichte
wurde. Nachdem die Sachen auf dieſen Fuß geſetzet waren: ſo wendete der Weßir alle ſeine Bemuͤhung dahin an, ein Kriegesheer aufzurichten, und bewe- gete durch ſeine Zuredungen, und ſeinen vielguͤltigen Einfluß bey den Soldaten, eine große Anzahl, daß ſie Dienſte nahmen; die andern aber, die ihre Gemaͤch- lichkeit dem Ruhme vorzogen, ließ er durch ſeine Tſchawſchen dazu zwingen: gab auch Befehl, alles ſein ſilbernes und goldenes Geſchirr zu Gelde zu praͤgen, und daſſelbe zu den Kriegeskoſten anzuwenden.
Die Kaiſerli- chen belagern Ofen, und lei- den anfangs ei- nen ziemlichenVerluſt dabey.
133.
Ehe aber derſelbe mit ſeinen Truppen im Felde erſcheinen konnte, indem das Land noch mit Schnee bedecket war: ſo nahm ein Theil der kaiſer- lichen Voͤlker, unter Caraffas Anfuͤhrung, am achtzehenten des Monats Re- biuͤl ewwel im Jahre 1097, St. Niklas ein; und eine andere Partey derſel- H. 1097. J. C. 1686.ben, unter Mercis Befehlhabung, ſchlug einige tuͤrkiſchen Regimenter, die Le- bensmittel nach Arad begleiten ſollten, eroberte dieſe Stadt, und verbrennete den Vorrath, den die Tuͤrken daſelbſt zuſammen gebracht hatten. Nach ver- ſchiedenen andern Scharmuͤtzeln mehr belagerte endlich das geſammte kaiſerliche Kriegesheer Ofen, am ſechs und zwanzigſten des Monats Redſcheb*, das daſſelbe vor zweyen Jahren vergebens verſucht hatte, und machte ſich am zwey- ten des Monats Schaͤban Meiſter von der untern Stadt, mit wenigerm Wi- derſtande der Beſatzung, als man vermuthet hatte. Nach Ueberſteigung die- ſer Hinderniß wurden die Waͤlle der Stadt beſtuͤrmet; und als die ſtaͤrkſten Feſtungswerke durch das Geſchuͤtz darnieder geſchoſſen waren: ſo thaten die Kaiſerlichen am ein und zwanzigſten deſſelben Monats2* durch die gemachte Oeffnung einen ſehr heftigen Sturm, mit ſolchem guten Erfolge, daß die Bela- gerten gezwungen wurden, die Waͤlle gaͤnzlich zu verlaſſen. Weil aber die Ar- beitsleute, die die Siegenden ſogleich durch eine Bruſtwehre bedecken ſollten, nicht bald genug herbeykamen: ſo wurden nicht nur viele von ihnen durch das unaufhoͤrliche Feuer des Feindes erſchoſſen; ſondern die Tuͤrken hatten auch inzwiſchen Gelegenheit, eine zuvor angelegte Mine ſpringen zu laſſen, dadurch die Kaiſerlichen genoͤthiget wurden, ſich mit großem Verluſte zuruͤck zu ziehen.
Sie beſtuͤrmen die Stadt mitvieler Tapferkeit.
134.
Jedoch, dieſer Ungluͤcksfall benahm den Chriſten den Muth nicht; ſondern reizte dieſelben vielmehr zur Rache an. Nachdem ſie alſo abermals einige Schritte breit von dem Walle niedergeriſſen hatten: ſo fingen ſie, am vierten des Monats Remaͤßan3*, ihr Stuͤrmen an eben dem Orte aufs neue an. Der Streit war lange zweifelhaft, und dergeſtalt hitzig, daß uͤber drey tau- ſend Kaiſerlichen umkamen oder verwundet wurden, ehe ſie durch die Oeffnung durchbrechen konnten; und es geſchahe nicht ohne große Schwierigkeit, und erſt
nach
* am ſiebenten Junius.
2* am zweyten Julius.
3* am funfzehenten Julius.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0628"n="520"/><fwplace="top"type="header">Osmaniſche Geſchichte</fw><lb/>
wurde. Nachdem die Sachen auf dieſen Fuß geſetzet waren: ſo wendete der<lb/>
Weßir alle ſeine Bemuͤhung dahin an, ein Kriegesheer aufzurichten, und bewe-<lb/>
gete durch ſeine Zuredungen, und ſeinen vielguͤltigen Einfluß bey den Soldaten,<lb/>
eine große Anzahl, daß ſie Dienſte nahmen; die andern aber, die ihre Gemaͤch-<lb/>
lichkeit dem Ruhme vorzogen, ließ er durch ſeine Tſchawſchen dazu zwingen:<lb/>
gab auch Befehl, alles ſein ſilbernes und goldenes Geſchirr zu Gelde zu praͤgen,<lb/>
und daſſelbe zu den Kriegeskoſten anzuwenden.</p><lb/><noteplace="left">Die Kaiſerli-<lb/>
chen belagern<lb/>
Ofen, und lei-<lb/>
den anfangs ei-<lb/>
nen ziemlichenVerluſt dabey.</note></div><lb/><divn="3"><head>133.</head><p>Ehe aber derſelbe mit ſeinen Truppen im Felde erſcheinen konnte,<lb/>
indem das Land noch mit Schnee bedecket war: ſo nahm ein Theil der kaiſer-<lb/>
lichen Voͤlker, unter Caraffas Anfuͤhrung, am achtzehenten des Monats Re-<lb/>
biuͤl ewwel im Jahre 1097, St. Niklas ein; und eine andere Partey derſel-<lb/><noteplace="left">H. 1097.<lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
J. C. 1686.</note>ben, unter Mercis Befehlhabung, ſchlug einige tuͤrkiſchen Regimenter, die Le-<lb/>
bensmittel nach Arad begleiten ſollten, eroberte dieſe Stadt, und verbrennete<lb/>
den Vorrath, den die Tuͤrken daſelbſt zuſammen gebracht hatten. Nach ver-<lb/>ſchiedenen andern Scharmuͤtzeln mehr belagerte endlich das geſammte kaiſerliche<lb/>
Kriegesheer Ofen, am ſechs und zwanzigſten des Monats Redſcheb<noteplace="foot"n="*">am ſiebenten Junius.</note>, das<lb/>
daſſelbe vor zweyen Jahren vergebens verſucht hatte, und machte ſich am zwey-<lb/>
ten des Monats Schaͤban Meiſter von der untern Stadt, mit wenigerm Wi-<lb/>
derſtande der Beſatzung, als man vermuthet hatte. Nach Ueberſteigung die-<lb/>ſer Hinderniß wurden die Waͤlle der Stadt beſtuͤrmet; und als die ſtaͤrkſten<lb/>
Feſtungswerke durch das Geſchuͤtz darnieder geſchoſſen waren: ſo thaten die<lb/>
Kaiſerlichen am ein und zwanzigſten deſſelben Monats<noteplace="foot"n="2*">am zweyten Julius.</note> durch die gemachte<lb/>
Oeffnung einen ſehr heftigen Sturm, mit ſolchem guten Erfolge, daß die Bela-<lb/>
gerten gezwungen wurden, die Waͤlle gaͤnzlich zu verlaſſen. Weil aber die Ar-<lb/>
beitsleute, die die Siegenden ſogleich durch eine Bruſtwehre bedecken ſollten,<lb/>
nicht bald genug herbeykamen: ſo wurden nicht nur viele von ihnen durch das<lb/>
unaufhoͤrliche Feuer des Feindes erſchoſſen; ſondern die Tuͤrken hatten auch<lb/>
inzwiſchen Gelegenheit, eine zuvor angelegte Mine ſpringen zu laſſen, dadurch<lb/>
die Kaiſerlichen genoͤthiget wurden, ſich mit großem Verluſte zuruͤck zu ziehen.</p><lb/><noteplace="left">Sie beſtuͤrmen<lb/>
die Stadt mitvieler Tapferkeit.</note></div><lb/><divn="3"><head>134.</head><p>Jedoch, dieſer Ungluͤcksfall benahm den Chriſten den Muth nicht;<lb/>ſondern reizte dieſelben vielmehr zur Rache an. Nachdem ſie alſo abermals<lb/>
einige Schritte breit von dem Walle niedergeriſſen hatten: ſo fingen ſie, am<lb/>
vierten des Monats Remaͤßan<noteplace="foot"n="3*">am funfzehenten Julius.</note>, ihr Stuͤrmen an eben dem Orte aufs neue<lb/>
an. Der Streit war lange zweifelhaft, und dergeſtalt hitzig, daß uͤber drey tau-<lb/>ſend Kaiſerlichen umkamen oder verwundet wurden, ehe ſie durch die Oeffnung<lb/>
durchbrechen konnten; und es geſchahe nicht ohne große Schwierigkeit, und erſt<lb/><fwplace="bottom"type="catch">nach</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[520/0628]
Osmaniſche Geſchichte
wurde. Nachdem die Sachen auf dieſen Fuß geſetzet waren: ſo wendete der
Weßir alle ſeine Bemuͤhung dahin an, ein Kriegesheer aufzurichten, und bewe-
gete durch ſeine Zuredungen, und ſeinen vielguͤltigen Einfluß bey den Soldaten,
eine große Anzahl, daß ſie Dienſte nahmen; die andern aber, die ihre Gemaͤch-
lichkeit dem Ruhme vorzogen, ließ er durch ſeine Tſchawſchen dazu zwingen:
gab auch Befehl, alles ſein ſilbernes und goldenes Geſchirr zu Gelde zu praͤgen,
und daſſelbe zu den Kriegeskoſten anzuwenden.
133. Ehe aber derſelbe mit ſeinen Truppen im Felde erſcheinen konnte,
indem das Land noch mit Schnee bedecket war: ſo nahm ein Theil der kaiſer-
lichen Voͤlker, unter Caraffas Anfuͤhrung, am achtzehenten des Monats Re-
biuͤl ewwel im Jahre 1097, St. Niklas ein; und eine andere Partey derſel-
ben, unter Mercis Befehlhabung, ſchlug einige tuͤrkiſchen Regimenter, die Le-
bensmittel nach Arad begleiten ſollten, eroberte dieſe Stadt, und verbrennete
den Vorrath, den die Tuͤrken daſelbſt zuſammen gebracht hatten. Nach ver-
ſchiedenen andern Scharmuͤtzeln mehr belagerte endlich das geſammte kaiſerliche
Kriegesheer Ofen, am ſechs und zwanzigſten des Monats Redſcheb *, das
daſſelbe vor zweyen Jahren vergebens verſucht hatte, und machte ſich am zwey-
ten des Monats Schaͤban Meiſter von der untern Stadt, mit wenigerm Wi-
derſtande der Beſatzung, als man vermuthet hatte. Nach Ueberſteigung die-
ſer Hinderniß wurden die Waͤlle der Stadt beſtuͤrmet; und als die ſtaͤrkſten
Feſtungswerke durch das Geſchuͤtz darnieder geſchoſſen waren: ſo thaten die
Kaiſerlichen am ein und zwanzigſten deſſelben Monats 2* durch die gemachte
Oeffnung einen ſehr heftigen Sturm, mit ſolchem guten Erfolge, daß die Bela-
gerten gezwungen wurden, die Waͤlle gaͤnzlich zu verlaſſen. Weil aber die Ar-
beitsleute, die die Siegenden ſogleich durch eine Bruſtwehre bedecken ſollten,
nicht bald genug herbeykamen: ſo wurden nicht nur viele von ihnen durch das
unaufhoͤrliche Feuer des Feindes erſchoſſen; ſondern die Tuͤrken hatten auch
inzwiſchen Gelegenheit, eine zuvor angelegte Mine ſpringen zu laſſen, dadurch
die Kaiſerlichen genoͤthiget wurden, ſich mit großem Verluſte zuruͤck zu ziehen.
H. 1097.
J. C. 1686.
134. Jedoch, dieſer Ungluͤcksfall benahm den Chriſten den Muth nicht;
ſondern reizte dieſelben vielmehr zur Rache an. Nachdem ſie alſo abermals
einige Schritte breit von dem Walle niedergeriſſen hatten: ſo fingen ſie, am
vierten des Monats Remaͤßan 3*, ihr Stuͤrmen an eben dem Orte aufs neue
an. Der Streit war lange zweifelhaft, und dergeſtalt hitzig, daß uͤber drey tau-
ſend Kaiſerlichen umkamen oder verwundet wurden, ehe ſie durch die Oeffnung
durchbrechen konnten; und es geſchahe nicht ohne große Schwierigkeit, und erſt
nach
* am ſiebenten Junius.
2* am zweyten Julius.
3* am funfzehenten Julius.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 520. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/628>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.