Die Venetianer erobern verschie- dene Städte inMorea.
170.
Mit weit größerm Eifer setzten die Venetianer den Krieg gegen die Feinde des christlichen Namens in Morea fort. Denn, nachdem sie ihre Trup- pen am drey und zwanzigsten des Monats Remäßan bey Patras* ans Land gesetzet hatten: so zogen sie am dritten Tage darauf, unter Anführung des Gra- fen von Königsmark, gegen den Seräskjer an. Dieser ermunterte seine Völ- ker durch Zuredungen und Geschenke zum Fechten, rückte mit denselben ins Feld, und that mit seiner Reiterey den ersten Angriff auf den linken Flügel der Vene- tianer. Als er nun hier mit Verlust zurück getrieben wurde: so wendete er seine ganze Macht gegen den rechten Flügel mit solcher Hitze, daß die Jeng-itscheri sich bemüheten, das Pfahlwerk, das die Spitze der Venetianer bedeckte, mit ihren Säbeln wegzuhauen. Weil er aber allenthalben tapfern Widerstand fand: so wurde er genöthiget, nachdem er eine gefährliche Wunde bekommen und viele von seinen Leuten, nebst dem Pascha von Vallona, eingebüßet hatte, mit dem Reste seines Heeres die Flucht zu ergreifen. Ueber zwey tausend derselben wurden von den Christen, die ihnen nachsetzten, theils erschlagen, und theils gefangen genommen, und die übrigen in das Gebirge gejaget. Dieser Sieg bestätigte nicht nur den Venetianern die Eroberung von Morea; sondern brachte auch dasjenige unter ihre Gewalt, was bisher noch unter türkischer Botmäßigkeit geblieben war. Die Besatzung von Patras war die erste nach diesem Siege, die ihre Festung nebst allem Kriegsvorrathe verließe, und die Flucht nahm. Mehemmed Pascha, der mit sechs tausend Mann Befehl hatte, die Festung Ru- melia zu vertheidigen, sprengete die Wälle derselben in die Luft, und folgete dem Beyspiele der Besatzung von Patras bald nach. Eben dieses that Mehem- med, Befehlhaber des Schlosses Morea, als er sahe, daß die venetianischen Ga- leen sich demselben näherten. Und was noch mehr zu bewundern ist: die Stadt Lepante, die sowol von Natur als Kunst stark befestiget war, schickte ihre Abge- ordneten zu der venetianischen Flote, die darauf zu segelte, mit dem Anerbieten, sich zu ergeben. Nachdem in den eroberten Städten die nöthige Einrichtung gemacht war: so belagerte Morosini, der Feldherr des venetianischen Heeres, Castel Fornese und Misitra2* Die Kriegsbefehlhaber derselben begnügten sich auch damit, daß sie einen freyen Abzug erhielten; und übergaben die Festungen mit allem Kriegsvorrathe, ohne sich einmal im geringsten zu widersetzen.
Morosini nimtKorinth ein.
171.
Die einzige Stadt, die sich noch einigermaßen lange wehrete, war Limerisch Epidaurus 84, deren Besatzung sich auf die Festigkeit des Platzes ver- [Spaltenumbruch]
84 Limerisch Epidaurus] ist eben die- [Spaltenumbruch] jenige Stadt, die von den heutigen Griechen
ließe,
* Patrasso.
2* Lacedämon.
Osmaniſche Geſchichte
Die Venetianer erobern verſchie- dene Staͤdte inMorea.
170.
Mit weit groͤßerm Eifer ſetzten die Venetianer den Krieg gegen die Feinde des chriſtlichen Namens in Morea fort. Denn, nachdem ſie ihre Trup- pen am drey und zwanzigſten des Monats Remaͤßan bey Patras* ans Land geſetzet hatten: ſo zogen ſie am dritten Tage darauf, unter Anfuͤhrung des Gra- fen von Koͤnigsmark, gegen den Seraͤskjer an. Dieſer ermunterte ſeine Voͤl- ker durch Zuredungen und Geſchenke zum Fechten, ruͤckte mit denſelben ins Feld, und that mit ſeiner Reiterey den erſten Angriff auf den linken Fluͤgel der Vene- tianer. Als er nun hier mit Verluſt zuruͤck getrieben wurde: ſo wendete er ſeine ganze Macht gegen den rechten Fluͤgel mit ſolcher Hitze, daß die Jeng-itſcheri ſich bemuͤheten, das Pfahlwerk, das die Spitze der Venetianer bedeckte, mit ihren Saͤbeln wegzuhauen. Weil er aber allenthalben tapfern Widerſtand fand: ſo wurde er genoͤthiget, nachdem er eine gefaͤhrliche Wunde bekommen und viele von ſeinen Leuten, nebſt dem Paſcha von Vallona, eingebuͤßet hatte, mit dem Reſte ſeines Heeres die Flucht zu ergreifen. Ueber zwey tauſend derſelben wurden von den Chriſten, die ihnen nachſetzten, theils erſchlagen, und theils gefangen genommen, und die uͤbrigen in das Gebirge gejaget. Dieſer Sieg beſtaͤtigte nicht nur den Venetianern die Eroberung von Morea; ſondern brachte auch dasjenige unter ihre Gewalt, was bisher noch unter tuͤrkiſcher Botmaͤßigkeit geblieben war. Die Beſatzung von Patras war die erſte nach dieſem Siege, die ihre Feſtung nebſt allem Kriegsvorrathe verließe, und die Flucht nahm. Mehemmed Paſcha, der mit ſechs tauſend Mann Befehl hatte, die Feſtung Ru- melia zu vertheidigen, ſprengete die Waͤlle derſelben in die Luft, und folgete dem Beyſpiele der Beſatzung von Patras bald nach. Eben dieſes that Mehem- med, Befehlhaber des Schloſſes Morea, als er ſahe, daß die venetianiſchen Ga- leen ſich demſelben naͤherten. Und was noch mehr zu bewundern iſt: die Stadt Lepante, die ſowol von Natur als Kunſt ſtark befeſtiget war, ſchickte ihre Abge- ordneten zu der venetianiſchen Flote, die darauf zu ſegelte, mit dem Anerbieten, ſich zu ergeben. Nachdem in den eroberten Staͤdten die noͤthige Einrichtung gemacht war: ſo belagerte Moroſini, der Feldherr des venetianiſchen Heeres, Caſtel Forneſe und Miſitra2* Die Kriegsbefehlhaber derſelben begnuͤgten ſich auch damit, daß ſie einen freyen Abzug erhielten; und uͤbergaben die Feſtungen mit allem Kriegsvorrathe, ohne ſich einmal im geringſten zu widerſetzen.
Moroſini nimtKorinth ein.
171.
Die einzige Stadt, die ſich noch einigermaßen lange wehrete, war Limeriſch Epidaurus 84, deren Beſatzung ſich auf die Feſtigkeit des Platzes ver- [Spaltenumbruch]
84 Limeriſch Epidaurus] iſt eben die- [Spaltenumbruch] jenige Stadt, die von den heutigen Griechen
ließe,
* Patraſſo.
2* Lacedaͤmon.
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Osmaniſche Geſchichte
170. Mit weit groͤßerm Eifer ſetzten die Venetianer den Krieg gegen die
Feinde des chriſtlichen Namens in Morea fort. Denn, nachdem ſie ihre Trup-
pen am drey und zwanzigſten des Monats Remaͤßan bey Patras * ans Land
geſetzet hatten: ſo zogen ſie am dritten Tage darauf, unter Anfuͤhrung des Gra-
fen von Koͤnigsmark, gegen den Seraͤskjer an. Dieſer ermunterte ſeine Voͤl-
ker durch Zuredungen und Geſchenke zum Fechten, ruͤckte mit denſelben ins Feld,
und that mit ſeiner Reiterey den erſten Angriff auf den linken Fluͤgel der Vene-
tianer. Als er nun hier mit Verluſt zuruͤck getrieben wurde: ſo wendete er
ſeine ganze Macht gegen den rechten Fluͤgel mit ſolcher Hitze, daß die Jeng-itſcheri
ſich bemuͤheten, das Pfahlwerk, das die Spitze der Venetianer bedeckte, mit ihren
Saͤbeln wegzuhauen. Weil er aber allenthalben tapfern Widerſtand fand:
ſo wurde er genoͤthiget, nachdem er eine gefaͤhrliche Wunde bekommen und viele
von ſeinen Leuten, nebſt dem Paſcha von Vallona, eingebuͤßet hatte, mit dem Reſte
ſeines Heeres die Flucht zu ergreifen. Ueber zwey tauſend derſelben wurden
von den Chriſten, die ihnen nachſetzten, theils erſchlagen, und theils gefangen
genommen, und die uͤbrigen in das Gebirge gejaget. Dieſer Sieg beſtaͤtigte
nicht nur den Venetianern die Eroberung von Morea; ſondern brachte auch
dasjenige unter ihre Gewalt, was bisher noch unter tuͤrkiſcher Botmaͤßigkeit
geblieben war. Die Beſatzung von Patras war die erſte nach dieſem Siege,
die ihre Feſtung nebſt allem Kriegsvorrathe verließe, und die Flucht nahm.
Mehemmed Paſcha, der mit ſechs tauſend Mann Befehl hatte, die Feſtung Ru-
melia zu vertheidigen, ſprengete die Waͤlle derſelben in die Luft, und folgete
dem Beyſpiele der Beſatzung von Patras bald nach. Eben dieſes that Mehem-
med, Befehlhaber des Schloſſes Morea, als er ſahe, daß die venetianiſchen Ga-
leen ſich demſelben naͤherten. Und was noch mehr zu bewundern iſt: die Stadt
Lepante, die ſowol von Natur als Kunſt ſtark befeſtiget war, ſchickte ihre Abge-
ordneten zu der venetianiſchen Flote, die darauf zu ſegelte, mit dem Anerbieten,
ſich zu ergeben. Nachdem in den eroberten Staͤdten die noͤthige Einrichtung
gemacht war: ſo belagerte Moroſini, der Feldherr des venetianiſchen Heeres,
Caſtel Forneſe und Miſitra 2* Die Kriegsbefehlhaber derſelben begnuͤgten ſich
auch damit, daß ſie einen freyen Abzug erhielten; und uͤbergaben die Feſtungen
mit allem Kriegsvorrathe, ohne ſich einmal im geringſten zu widerſetzen.
171. Die einzige Stadt, die ſich noch einigermaßen lange wehrete, war
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, deren Beſatzung ſich auf die Feſtigkeit des Platzes ver-
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jenige Stadt, die von den heutigen Griechen
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* Patraſſo.
2* Lacedaͤmon.
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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 544. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/652>, abgerufen am 22.11.2024.
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