Da der Sultan vernahm, daß die Aufrührer mit diesem VorsatzeDer Sultan giebt Sijawusch die hohe Stelle des Weßirs, und dieser verlanget die Köpfe Sülej- man Paschas und noch vieler anderer. in voller Eile auf Constantinopel zu zögen: so sendete er dem Anführer dersel- ben, um ihn von dem Aufruhre abzuziehen, durch den Silahtar Aga das Reichs- insiegel und die Standarte Muhämmeds entgegen; dabey er sich schmeichelte, nachdem solchergestalt Sijawusch Pascha erlanget, was er gesucht habe: so werde er nicht mehr so ungestüm seyn und auf Sülejman Paschas Tod dringen; son- dern vielmehr durch sanftmüthiges Zureden die Unruhen in dem Heere stillen. Allein Sijawusch überlegte, daß die ihm aufgetragene Würde von keiner lan- gen Dauer seyn werde, so lange sein Feind, der so fest in des Sultans Gunst stehe, im Leben sey. Er nahm daher die Zeichen der höchsten Gewalt mit den nachdrücklichsten Bezeigungen der Unterthänigkeit von Silahtar Aga an: ließ aber dabey dem Sultane wissen; es stehe nicht in seinem Vermögen, das Heer zu befriedigen, bis diejenigen Personen hingerichtet seyen, deren Nachlässigkeit die bisher ausgestandenen Unglücksfälle und der Verfall des höchstblühenden osmanischen Reiches einhällig von den Soldaten zugeschrieben werden: nämlich der Weßir, der Defterdar und Gjümrükjtschi Baschi.
182.
Nach Zurückkunft des Silahtar Agas zu Constantinopel merketDer Sultan lässet den Weßir enthaupten, und die übrigen ge- fangen setzen. endlich der Sultan die wahre Absicht dieses Aufstandes. Er machet daher aus der Noth eine Tugend, opfert Sülejman Pascha dem Zorne des ergrimmten Heeres auf, und schicket ihnen den Kopf desselben durch einen Tschawsch zu. Lässet ihnen auch dabey melden, daß die übrigen, deren Tod sie begehret hätten, von dem Kaimmäkam, Kjüprili Mustäfa Pascha 91, gefangen gehalten würden, um ein Bekenntniß ihrer Mitschuldigen, und wo sie ihre Schätze hin verstecket hätten, von ihnen zu erzwingen.
183.
Sijawusch Pascha ertheilete dem Boten zur Antwort: das Krie-Sijawusch dringet den Sul- tan, auch die übrigen umbrin- gen zu lassen, und erhält dieses auch. gesheer statte zwar dem Sultane den allergrößten Dank ab, daß derselbe gegen [Spaltenumbruch]
linge an die Hofbedienten als ein Geschenk zu schicken. Wenn das Geschenk durch einen Kämmerling gesendet wurde; so bekam der- selbe einen Beutel zur Verehrung: wenn es aber ein Silahtar oder Tschokadar brachte; so waren fünf Beutel das Wenigste, was der- jenige dem Ueberbringer zu geben pflegte, der das Geschenk erhielte. Dieser Palast wird gegenwärtig von den Erben Husejn Agas be- [Spaltenumbruch] sessen: weil aber ein Befehl ergangen ist, daß er nicht bewohnet werden sollte: so ist itzo der größte Theil desselben verfallen.
91 Kjüprili Mustäfa Pascha] Er war ein Sohn des großen Aehmed Paschas: ein Mann, der wegen seines heiligen Lebens, Aufrichtigkeit, Klugheit und Herzhaftigkeit den Ruhm über alle die andern Türken hatte.
den
19. Muhaͤmmed der IIII
181.
Da der Sultan vernahm, daß die Aufruͤhrer mit dieſem VorſatzeDer Sultan giebt Sijawuſch die hohe Stelle des Weßirs, und dieſer verlanget die Koͤpfe Suͤlej- man Paſchas und noch vieler anderer. in voller Eile auf Conſtantinopel zu zoͤgen: ſo ſendete er dem Anfuͤhrer derſel- ben, um ihn von dem Aufruhre abzuziehen, durch den Silahtar Aga das Reichs- inſiegel und die Standarte Muhaͤmmeds entgegen; dabey er ſich ſchmeichelte, nachdem ſolchergeſtalt Sijawuſch Paſcha erlanget, was er geſucht habe: ſo werde er nicht mehr ſo ungeſtuͤm ſeyn und auf Suͤlejman Paſchas Tod dringen; ſon- dern vielmehr durch ſanftmuͤthiges Zureden die Unruhen in dem Heere ſtillen. Allein Sijawuſch uͤberlegte, daß die ihm aufgetragene Wuͤrde von keiner lan- gen Dauer ſeyn werde, ſo lange ſein Feind, der ſo feſt in des Sultans Gunſt ſtehe, im Leben ſey. Er nahm daher die Zeichen der hoͤchſten Gewalt mit den nachdruͤcklichſten Bezeigungen der Unterthaͤnigkeit von Silahtar Aga an: ließ aber dabey dem Sultane wiſſen; es ſtehe nicht in ſeinem Vermoͤgen, das Heer zu befriedigen, bis diejenigen Perſonen hingerichtet ſeyen, deren Nachlaͤſſigkeit die bisher ausgeſtandenen Ungluͤcksfaͤlle und der Verfall des hoͤchſtbluͤhenden osmaniſchen Reiches einhaͤllig von den Soldaten zugeſchrieben werden: naͤmlich der Weßir, der Defterdar und Gjuͤmruͤkjtſchi Baſchi.
182.
Nach Zuruͤckkunft des Silahtar Agas zu Conſtantinopel merketDer Sultan laͤſſet den Weßir enthaupten, und die uͤbrigen ge- fangen ſetzen. endlich der Sultan die wahre Abſicht dieſes Aufſtandes. Er machet daher aus der Noth eine Tugend, opfert Suͤlejman Paſcha dem Zorne des ergrimmten Heeres auf, und ſchicket ihnen den Kopf deſſelben durch einen Tſchawſch zu. Laͤſſet ihnen auch dabey melden, daß die uͤbrigen, deren Tod ſie begehret haͤtten, von dem Kaimmaͤkam, Kjuͤprili Muſtaͤfa Paſcha 91, gefangen gehalten wuͤrden, um ein Bekenntniß ihrer Mitſchuldigen, und wo ſie ihre Schaͤtze hin verſtecket haͤtten, von ihnen zu erzwingen.
183.
Sijawuſch Paſcha ertheilete dem Boten zur Antwort: das Krie-Sijawuſch dringet den Sul- tan, auch die uͤbrigen umbrin- gen zu laſſen, und erhaͤlt dieſes auch. gesheer ſtatte zwar dem Sultane den allergroͤßten Dank ab, daß derſelbe gegen [Spaltenumbruch]
linge an die Hofbedienten als ein Geſchenk zu ſchicken. Wenn das Geſchenk durch einen Kaͤmmerling geſendet wurde; ſo bekam der- ſelbe einen Beutel zur Verehrung: wenn es aber ein Silahtar oder Tſchokadar brachte; ſo waren fuͤnf Beutel das Wenigſte, was der- jenige dem Ueberbringer zu geben pflegte, der das Geſchenk erhielte. Dieſer Palaſt wird gegenwaͤrtig von den Erben Huſejn Agas be- [Spaltenumbruch] ſeſſen: weil aber ein Befehl ergangen iſt, daß er nicht bewohnet werden ſollte: ſo iſt itzo der groͤßte Theil deſſelben verfallen.
91 Kjuͤprili Muſtaͤfa Paſcha] Er war ein Sohn des großen Aehmed Paſchas: ein Mann, der wegen ſeines heiligen Lebens, Aufrichtigkeit, Klugheit und Herzhaftigkeit den Ruhm uͤber alle die andern Tuͤrken hatte.
den
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[551/0659]
19. Muhaͤmmed der IIII
181. Da der Sultan vernahm, daß die Aufruͤhrer mit dieſem Vorſatze
in voller Eile auf Conſtantinopel zu zoͤgen: ſo ſendete er dem Anfuͤhrer derſel-
ben, um ihn von dem Aufruhre abzuziehen, durch den Silahtar Aga das Reichs-
inſiegel und die Standarte Muhaͤmmeds entgegen; dabey er ſich ſchmeichelte,
nachdem ſolchergeſtalt Sijawuſch Paſcha erlanget, was er geſucht habe: ſo werde
er nicht mehr ſo ungeſtuͤm ſeyn und auf Suͤlejman Paſchas Tod dringen; ſon-
dern vielmehr durch ſanftmuͤthiges Zureden die Unruhen in dem Heere ſtillen.
Allein Sijawuſch uͤberlegte, daß die ihm aufgetragene Wuͤrde von keiner lan-
gen Dauer ſeyn werde, ſo lange ſein Feind, der ſo feſt in des Sultans Gunſt
ſtehe, im Leben ſey. Er nahm daher die Zeichen der hoͤchſten Gewalt mit den
nachdruͤcklichſten Bezeigungen der Unterthaͤnigkeit von Silahtar Aga an: ließ
aber dabey dem Sultane wiſſen; es ſtehe nicht in ſeinem Vermoͤgen, das Heer
zu befriedigen, bis diejenigen Perſonen hingerichtet ſeyen, deren Nachlaͤſſigkeit
die bisher ausgeſtandenen Ungluͤcksfaͤlle und der Verfall des hoͤchſtbluͤhenden
osmaniſchen Reiches einhaͤllig von den Soldaten zugeſchrieben werden: naͤmlich
der Weßir, der Defterdar und Gjuͤmruͤkjtſchi Baſchi.
Der Sultan
giebt Sijawuſch
die hohe Stelle
des Weßirs, und
dieſer verlanget
die Koͤpfe Suͤlej-
man Paſchas
und noch vieler
anderer.
182. Nach Zuruͤckkunft des Silahtar Agas zu Conſtantinopel merket
endlich der Sultan die wahre Abſicht dieſes Aufſtandes. Er machet daher aus
der Noth eine Tugend, opfert Suͤlejman Paſcha dem Zorne des ergrimmten
Heeres auf, und ſchicket ihnen den Kopf deſſelben durch einen Tſchawſch zu.
Laͤſſet ihnen auch dabey melden, daß die uͤbrigen, deren Tod ſie begehret haͤtten,
von dem Kaimmaͤkam, Kjuͤprili Muſtaͤfa Paſcha
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, gefangen gehalten wuͤrden,
um ein Bekenntniß ihrer Mitſchuldigen, und wo ſie ihre Schaͤtze hin verſtecket
haͤtten, von ihnen zu erzwingen.
Der Sultan
laͤſſet den Weßir
enthaupten, und
die uͤbrigen ge-
fangen ſetzen.
183. Sijawuſch Paſcha ertheilete dem Boten zur Antwort: das Krie-
gesheer ſtatte zwar dem Sultane den allergroͤßten Dank ab, daß derſelbe gegen
den
linge an die Hofbedienten als ein Geſchenk
zu ſchicken. Wenn das Geſchenk durch einen
Kaͤmmerling geſendet wurde; ſo bekam der-
ſelbe einen Beutel zur Verehrung: wenn es
aber ein Silahtar oder Tſchokadar brachte;
ſo waren fuͤnf Beutel das Wenigſte, was der-
jenige dem Ueberbringer zu geben pflegte, der
das Geſchenk erhielte. Dieſer Palaſt wird
gegenwaͤrtig von den Erben Huſejn Agas be-
ſeſſen: weil aber ein Befehl ergangen iſt, daß
er nicht bewohnet werden ſollte: ſo iſt itzo der
groͤßte Theil deſſelben verfallen.
⁹¹ Kjuͤprili Muſtaͤfa Paſcha] Er
war ein Sohn des großen Aehmed Paſchas:
ein Mann, der wegen ſeines heiligen Lebens,
Aufrichtigkeit, Klugheit und Herzhaftigkeit
den Ruhm uͤber alle die andern Tuͤrken hatte.
Ich
Sijawuſch
dringet den Sul-
tan, auch die
uͤbrigen umbrin-
gen zu laſſen, und
erhaͤlt dieſes
auch.
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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 551. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/659>, abgerufen am 22.11.2024.
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