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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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Osmanische Geschichte
gegen die beyden Aufrührer, Egen Osman Pascha und Gjedükj Pascha, die das
osmanische Reich fast das ganze Jahr hindurch beunruhiget hatten. Diese
Truppen griffen die Plünderer muthig an, schlugen dieselben, und bekamen die
Häupter davon selbst gefangen, dadurch sie also den osmanischen Stat von die-
ser Unruhe befreyeten.

Die Türken
machen Liberius
zum Fürsten derMajnotten.
29.

Um auch die Gefahr, die Griechenland von den venetianischen
Waffen zu besorgen hatte, abzuwenden, und die südlichen Landschaften auf ge-
wisse Weise in Sicherheit zu stellen: setzte derselbe Liberius Geralchari 16, der
auf die Galeen verdammet war, in Freyheit, und machte ihn zum Fürsten von
Mania oder der Majnotten, nach der Art der Despoten in Walachey und Mol-
dau, wiewol mit geringerem Grade der Würde. Der Sultan wurde dazu be-
wogen, theils durch das gute Glück, das derselbe mit seinen Waffen in Moldau
gehabt hatte; welches ihn vermochte zu glauben, daß ein christlicher Statthal-
ter Unterthanen von seiner eigenen Religion weit leichter im Gehorsame werde
erhalten können: theils durch die Versprechen Liberius, der ihn beredete, daß
das ganze Volk in Morea den Venetianern abgünstig sey, weil sie dahin trach-
teten, ihnen die römischkatholische Religion aufzudringen. Wenn man daher
einen Fürsten von der morgenländischen Kirche zum Statthalter von Morea
machte: so würde dasselbe leicht dahin zu bringen seyn, die Partey der Vene-
[Spaltenumbruch]

16 Liberius Geralchari] Er ist den
Europäern besser unter dem Namen Liberaki
bekannt, der eine Verderbung des Wortes
Liberius ist, nach der Gewohnheit der Grie-
chen. Er war gebürtig von Mania, dem
Lakonien der Alten; ging aber in seiner Ju-
gend von da hinweg, und nahm Dienste un-
ter der venetianischen Flote. Nach der Zeit
rüstete er ein Raubschiff aus, und trieb einige
Jahre hindurch allerhand Seeräubereyen un-
ter mancherley Flaggen. Zuletzt wurde er
von den Türken gefangen, und auf die Galeen
geschicket, da er sieben Jahre lang ein elendes
Leben hatte. Zu Ende derselben brachte er
den Türken bey: wenn sie einen christlichen
Fürsten über Morea setzten: so würden die
Einwohner in kurzer Zeit alle von den Vene-
tianern abfallen und sich wieder unter den
[Spaltenumbruch]
Gehorsam ihres vorigen Herrn begeben. Die-
ses ertheilten Rathes wegen erlangte derselbe
nicht allein seine Freyheit (denn die Türken,
die damals auf allen Seiten gedränget und
müde gemacht wurden, waren bereitwillig,
um ihrer Erhaltung willen alles zu versuchen);
sondern er wurde auch, unter dem Titel von
Mania Begji, mit einem Sandschak (aber
keinem Tug) beehret und nach Morea gesen-
det. Ehe er aber von Constantinopel abrei-
sete: so heiratete er noch vorher ein Frauen-
zimmer aus dem adelichen moldauischen Ge-
schlechte von Buhusestij, und Witwe des Für-
sten Dukas in Moldau (der in seiner Gefan-
genschaft in Polen starb), Namens Anastasia,
zu großem Schimpfe der Anverwandten von
Dukas; und dieses brachte er durch folgende
List zu Stande. Nachdem Liberius sich be-

tianer

Osmaniſche Geſchichte
gegen die beyden Aufruͤhrer, Egen Osman Paſcha und Gjeduͤkj Paſcha, die das
osmaniſche Reich faſt das ganze Jahr hindurch beunruhiget hatten. Dieſe
Truppen griffen die Pluͤnderer muthig an, ſchlugen dieſelben, und bekamen die
Haͤupter davon ſelbſt gefangen, dadurch ſie alſo den osmaniſchen Stat von die-
ſer Unruhe befreyeten.

Die Tuͤrken
machen Liberius
zum Fuͤrſten derMajnotten.
29.

Um auch die Gefahr, die Griechenland von den venetianiſchen
Waffen zu beſorgen hatte, abzuwenden, und die ſuͤdlichen Landſchaften auf ge-
wiſſe Weiſe in Sicherheit zu ſtellen: ſetzte derſelbe Liberius Geralchari 16, der
auf die Galeen verdammet war, in Freyheit, und machte ihn zum Fuͤrſten von
Mania oder der Majnotten, nach der Art der Deſpoten in Walachey und Mol-
dau, wiewol mit geringerem Grade der Wuͤrde. Der Sultan wurde dazu be-
wogen, theils durch das gute Gluͤck, das derſelbe mit ſeinen Waffen in Moldau
gehabt hatte; welches ihn vermochte zu glauben, daß ein chriſtlicher Statthal-
ter Unterthanen von ſeiner eigenen Religion weit leichter im Gehorſame werde
erhalten koͤnnen: theils durch die Verſprechen Liberius, der ihn beredete, daß
das ganze Volk in Morea den Venetianern abguͤnſtig ſey, weil ſie dahin trach-
teten, ihnen die roͤmiſchkatholiſche Religion aufzudringen. Wenn man daher
einen Fuͤrſten von der morgenlaͤndiſchen Kirche zum Statthalter von Morea
machte: ſo wuͤrde daſſelbe leicht dahin zu bringen ſeyn, die Partey der Vene-
[Spaltenumbruch]

16 Liberius Geralchari] Er iſt den
Europaͤern beſſer unter dem Namen Liberaki
bekannt, der eine Verderbung des Wortes
Liberius iſt, nach der Gewohnheit der Grie-
chen. Er war gebuͤrtig von Mania, dem
Lakonien der Alten; ging aber in ſeiner Ju-
gend von da hinweg, und nahm Dienſte un-
ter der venetianiſchen Flote. Nach der Zeit
ruͤſtete er ein Raubſchiff aus, und trieb einige
Jahre hindurch allerhand Seeraͤubereyen un-
ter mancherley Flaggen. Zuletzt wurde er
von den Tuͤrken gefangen, und auf die Galeen
geſchicket, da er ſieben Jahre lang ein elendes
Leben hatte. Zu Ende derſelben brachte er
den Tuͤrken bey: wenn ſie einen chriſtlichen
Fuͤrſten uͤber Morea ſetzten: ſo wuͤrden die
Einwohner in kurzer Zeit alle von den Vene-
tianern abfallen und ſich wieder unter den
[Spaltenumbruch]
Gehorſam ihres vorigen Herrn begeben. Die-
ſes ertheilten Rathes wegen erlangte derſelbe
nicht allein ſeine Freyheit (denn die Tuͤrken,
die damals auf allen Seiten gedraͤnget und
muͤde gemacht wurden, waren bereitwillig,
um ihrer Erhaltung willen alles zu verſuchen);
ſondern er wurde auch, unter dem Titel von
Mania Begji, mit einem Sandſchak (aber
keinem Tug) beehret und nach Morea geſen-
det. Ehe er aber von Conſtantinopel abrei-
ſete: ſo heiratete er noch vorher ein Frauen-
zimmer aus dem adelichen moldauiſchen Ge-
ſchlechte von Buhuſeſtij, und Witwe des Fuͤr-
ſten Dukas in Moldau (der in ſeiner Gefan-
genſchaft in Polen ſtarb), Namens Anaſtaſia,
zu großem Schimpfe der Anverwandten von
Dukas; und dieſes brachte er durch folgende
Liſt zu Stande. Nachdem Liberius ſich be-

tianer
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[584/0694] Osmaniſche Geſchichte gegen die beyden Aufruͤhrer, Egen Osman Paſcha und Gjeduͤkj Paſcha, die das osmaniſche Reich faſt das ganze Jahr hindurch beunruhiget hatten. Dieſe Truppen griffen die Pluͤnderer muthig an, ſchlugen dieſelben, und bekamen die Haͤupter davon ſelbſt gefangen, dadurch ſie alſo den osmaniſchen Stat von die- ſer Unruhe befreyeten. 29. Um auch die Gefahr, die Griechenland von den venetianiſchen Waffen zu beſorgen hatte, abzuwenden, und die ſuͤdlichen Landſchaften auf ge- wiſſe Weiſe in Sicherheit zu ſtellen: ſetzte derſelbe Liberius Geralchari ¹⁶ , der auf die Galeen verdammet war, in Freyheit, und machte ihn zum Fuͤrſten von Mania oder der Majnotten, nach der Art der Deſpoten in Walachey und Mol- dau, wiewol mit geringerem Grade der Wuͤrde. Der Sultan wurde dazu be- wogen, theils durch das gute Gluͤck, das derſelbe mit ſeinen Waffen in Moldau gehabt hatte; welches ihn vermochte zu glauben, daß ein chriſtlicher Statthal- ter Unterthanen von ſeiner eigenen Religion weit leichter im Gehorſame werde erhalten koͤnnen: theils durch die Verſprechen Liberius, der ihn beredete, daß das ganze Volk in Morea den Venetianern abguͤnſtig ſey, weil ſie dahin trach- teten, ihnen die roͤmiſchkatholiſche Religion aufzudringen. Wenn man daher einen Fuͤrſten von der morgenlaͤndiſchen Kirche zum Statthalter von Morea machte: ſo wuͤrde daſſelbe leicht dahin zu bringen ſeyn, die Partey der Vene- tianer ¹⁶ Liberius Geralchari] Er iſt den Europaͤern beſſer unter dem Namen Liberaki bekannt, der eine Verderbung des Wortes Liberius iſt, nach der Gewohnheit der Grie- chen. Er war gebuͤrtig von Mania, dem Lakonien der Alten; ging aber in ſeiner Ju- gend von da hinweg, und nahm Dienſte un- ter der venetianiſchen Flote. Nach der Zeit ruͤſtete er ein Raubſchiff aus, und trieb einige Jahre hindurch allerhand Seeraͤubereyen un- ter mancherley Flaggen. Zuletzt wurde er von den Tuͤrken gefangen, und auf die Galeen geſchicket, da er ſieben Jahre lang ein elendes Leben hatte. Zu Ende derſelben brachte er den Tuͤrken bey: wenn ſie einen chriſtlichen Fuͤrſten uͤber Morea ſetzten: ſo wuͤrden die Einwohner in kurzer Zeit alle von den Vene- tianern abfallen und ſich wieder unter den Gehorſam ihres vorigen Herrn begeben. Die- ſes ertheilten Rathes wegen erlangte derſelbe nicht allein ſeine Freyheit (denn die Tuͤrken, die damals auf allen Seiten gedraͤnget und muͤde gemacht wurden, waren bereitwillig, um ihrer Erhaltung willen alles zu verſuchen); ſondern er wurde auch, unter dem Titel von Mania Begji, mit einem Sandſchak (aber keinem Tug) beehret und nach Morea geſen- det. Ehe er aber von Conſtantinopel abrei- ſete: ſo heiratete er noch vorher ein Frauen- zimmer aus dem adelichen moldauiſchen Ge- ſchlechte von Buhuſeſtij, und Witwe des Fuͤr- ſten Dukas in Moldau (der in ſeiner Gefan- genſchaft in Polen ſtarb), Namens Anaſtaſia, zu großem Schimpfe der Anverwandten von Dukas; und dieſes brachte er durch folgende Liſt zu Stande. Nachdem Liberius ſich be- reits

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 584. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/694>, abgerufen am 22.11.2024.