Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

Bild:
<< vorherige Seite
Osmanische Geschichte
Der Seräskjer
lässet sich von
seinem Stern-
deuter verfüh-
ren, und wird
zweymal von
den Deutschengeschlagen.
32.

Als der Seräskjer bey dem Flusse Morawa dem Feinde ins Ge-
sicht kommt: so lässet er sich durch seinen Sterndeuter 17 betriegen, der aus sei-
nen Bemerkungen der Gestirne ihm einen gewissen Sieg verhieße, und greifet die
Deutschen muthig an; wird aber genöthiget, nach erlittenem großen Verluste
sich mit dem Ueberreste seines Heeres nach Nissa zurück zu ziehen. Allein, so
gar dieser widrige Erfolg konnte dem Seräskjer nicht die Augen öffnen, noch
ihn überführen, wie ungereimt es sey, sich auf die betrieglichen Stellungen der
Gestirne und deren anmaßlichen Ausdeuter zu verlassen. Denn kaum hatte er
seine Truppen nach ihrer Flucht wieder zusammengebracht: so ließ er sich durch
die Verheißungen eben desselben Sterndeuters abermals verführen, daß er ins
Feld rückte und sich mit den Deutschen in ein Treffen einließe. Er wurde aber
gar bald geschlagen und beynahe sein ganzes Heer zu Grunde gerichtet. Dabey
er für sich mit wenigem Gefolge entrann, und die Eitelkeit seines Aberglaubens
allzu spät erkannte.

[Spaltenumbruch]
17 seinen Sterndeuter] Ungeachtet den
Türken alle Zauberey und andere Arten der
Wahrsagerey in dem Gesetze des Kurons ver-
boten ist, da in demselben ausdrücklich gesa-
get wird: Kjüllü Münedschdschimün Kjeßßa-
bün; das ist, alle Sterndeuter sind Lügner:
so sind sie doch sehr geneigt, ihren Verkündi-
gungen Glauben zuzustellen. Damit sie aber
einigen scheinbaren Vorwand zu diesem Aber-
glauben haben mögen: so träumen sie, die
himmlischen Körper seyen Werkzeuge der gött-
lichen Vorsehung, dadurch dieselbe nicht allein
alles in der Welt ausrichte; sondern sie habe
auch durch die Figuren derselben ausgedrüc-
ket, wie man sich verhalten müsse. Ferner,
es sey allen Menschen, von dem ersten Au-
genblicke ihrer Erzeugung im Mutterleibe an,
nach der Uebereinstimmung mit den himmli-
schen Körpern, an der Stirne geschrieben, was
ihnen begegnen solle; aber mit solchen Zei-
chen, die den Menschen unbekannt seyen. Um
nun diese Zeichen lesen und auslegen zu kön-
nen, rühmen sich dieselben wunderbarer und
lächerlicher Künste; insbesondere der Rech-
[Spaltenumbruch]
nung Remel (die nach ihrem Vorgeben Py-
thagoras, den sie Fejsagures nennen, erfun-
den haben soll), dadurch sie aus der geraden
oder ungeraden Zahl der Buchstaben, die der
Mutter oder des Kindes Name in sich hält,
mittelst des Ebdsched, das ist, der Bedeu-
tung der Zahlen, allerhand Dinge vorher zu
sagen vorgeben. Die Hofhaltungen der Weßi-
re sind voll von solchen Wahrsagern, die aber
niemals eine unglückliche Begebenheit ver-
kündigen; sondern, um sich in dem Rufe zu
erhalten, darein sie sich durch ihre Lügen ge-
setzet haben, nichts anderes, als Siege, große
Ehrenstellen, langes Leben und einen langwie-
rigen Besitz des Weßiramtes versprechen.
Der einzige Tschorlüli Ali Pascha hielte diese
Leute in äußerster Verachtung; und als ihm
einer, der dazu aufgefordert wurde, vorher-
sagte, er würde nach Verfließung dreyer Mo-
nate seiner Würde des Weßirs beraubet wer-
den: so hielte er denselben drey Monate und
eilf Tage lang im Gefängnisse, und schickte
ihn darnach auf die Galeen. Jedoch, unter
Husejn Pascha, der den carlowitschischen Frie-
33. Nach
Osmaniſche Geſchichte
Der Seraͤskjer
laͤſſet ſich von
ſeinem Stern-
deuter verfuͤh-
ren, und wird
zweymal von
den Deutſchengeſchlagen.
32.

Als der Seraͤskjer bey dem Fluſſe Morawa dem Feinde ins Ge-
ſicht kommt: ſo laͤſſet er ſich durch ſeinen Sterndeuter 17 betriegen, der aus ſei-
nen Bemerkungen der Geſtirne ihm einen gewiſſen Sieg verhieße, und greifet die
Deutſchen muthig an; wird aber genoͤthiget, nach erlittenem großen Verluſte
ſich mit dem Ueberreſte ſeines Heeres nach Niſſa zuruͤck zu ziehen. Allein, ſo
gar dieſer widrige Erfolg konnte dem Seraͤskjer nicht die Augen oͤffnen, noch
ihn uͤberfuͤhren, wie ungereimt es ſey, ſich auf die betrieglichen Stellungen der
Geſtirne und deren anmaßlichen Ausdeuter zu verlaſſen. Denn kaum hatte er
ſeine Truppen nach ihrer Flucht wieder zuſammengebracht: ſo ließ er ſich durch
die Verheißungen eben deſſelben Sterndeuters abermals verfuͤhren, daß er ins
Feld ruͤckte und ſich mit den Deutſchen in ein Treffen einließe. Er wurde aber
gar bald geſchlagen und beynahe ſein ganzes Heer zu Grunde gerichtet. Dabey
er fuͤr ſich mit wenigem Gefolge entrann, und die Eitelkeit ſeines Aberglaubens
allzu ſpaͤt erkannte.

[Spaltenumbruch]
17 ſeinen Sterndeuter] Ungeachtet den
Tuͤrken alle Zauberey und andere Arten der
Wahrſagerey in dem Geſetze des Kurons ver-
boten iſt, da in demſelben ausdruͤcklich geſa-
get wird: Kjuͤlluͤ Muͤnedſchdſchimuͤn Kjeßßa-
buͤn; das iſt, alle Sterndeuter ſind Luͤgner:
ſo ſind ſie doch ſehr geneigt, ihren Verkuͤndi-
gungen Glauben zuzuſtellen. Damit ſie aber
einigen ſcheinbaren Vorwand zu dieſem Aber-
glauben haben moͤgen: ſo traͤumen ſie, die
himmliſchen Koͤrper ſeyen Werkzeuge der goͤtt-
lichen Vorſehung, dadurch dieſelbe nicht allein
alles in der Welt ausrichte; ſondern ſie habe
auch durch die Figuren derſelben ausgedruͤc-
ket, wie man ſich verhalten muͤſſe. Ferner,
es ſey allen Menſchen, von dem erſten Au-
genblicke ihrer Erzeugung im Mutterleibe an,
nach der Uebereinſtimmung mit den himmli-
ſchen Koͤrpern, an der Stirne geſchrieben, was
ihnen begegnen ſolle; aber mit ſolchen Zei-
chen, die den Menſchen unbekannt ſeyen. Um
nun dieſe Zeichen leſen und auslegen zu koͤn-
nen, ruͤhmen ſich dieſelben wunderbarer und
laͤcherlicher Kuͤnſte; insbeſondere der Rech-
[Spaltenumbruch]
nung Remel (die nach ihrem Vorgeben Py-
thagoras, den ſie Fejſagures nennen, erfun-
den haben ſoll), dadurch ſie aus der geraden
oder ungeraden Zahl der Buchſtaben, die der
Mutter oder des Kindes Name in ſich haͤlt,
mittelſt des Ebdſched, das iſt, der Bedeu-
tung der Zahlen, allerhand Dinge vorher zu
ſagen vorgeben. Die Hofhaltungen der Weßi-
re ſind voll von ſolchen Wahrſagern, die aber
niemals eine ungluͤckliche Begebenheit ver-
kuͤndigen; ſondern, um ſich in dem Rufe zu
erhalten, darein ſie ſich durch ihre Luͤgen ge-
ſetzet haben, nichts anderes, als Siege, große
Ehrenſtellen, langes Leben und einen langwie-
rigen Beſitz des Weßiramtes verſprechen.
Der einzige Tſchorluͤli Ali Paſcha hielte dieſe
Leute in aͤußerſter Verachtung; und als ihm
einer, der dazu aufgefordert wurde, vorher-
ſagte, er wuͤrde nach Verfließung dreyer Mo-
nate ſeiner Wuͤrde des Weßirs beraubet wer-
den: ſo hielte er denſelben drey Monate und
eilf Tage lang im Gefaͤngniſſe, und ſchickte
ihn darnach auf die Galeen. Jedoch, unter
Huſejn Paſcha, der den carlowitſchiſchen Frie-
33. Nach
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0696" n="586"/>
            <fw place="top" type="header">Osmani&#x017F;che Ge&#x017F;chichte</fw><lb/>
            <note place="left">Der Sera&#x0364;skjer<lb/>
la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et &#x017F;ich von<lb/>
&#x017F;einem Stern-<lb/>
deuter verfu&#x0364;h-<lb/>
ren, und wird<lb/>
zweymal von<lb/>
den Deut&#x017F;chenge&#x017F;chlagen.</note>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>32.</head>
            <p>Als der Sera&#x0364;skjer bey dem Flu&#x017F;&#x017F;e Morawa dem Feinde ins Ge-<lb/>
&#x017F;icht kommt: &#x017F;o la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et er &#x017F;ich durch &#x017F;einen Sterndeuter <note place="end" n="17"/> betriegen, der aus &#x017F;ei-<lb/>
nen Bemerkungen der Ge&#x017F;tirne ihm einen gewi&#x017F;&#x017F;en Sieg verhieße, und greifet die<lb/>
Deut&#x017F;chen muthig an; wird aber geno&#x0364;thiget, nach erlittenem großen Verlu&#x017F;te<lb/>
&#x017F;ich mit dem Ueberre&#x017F;te &#x017F;eines Heeres nach Ni&#x017F;&#x017F;a zuru&#x0364;ck zu ziehen. Allein, &#x017F;o<lb/>
gar die&#x017F;er widrige Erfolg konnte dem Sera&#x0364;skjer nicht die Augen o&#x0364;ffnen, noch<lb/>
ihn u&#x0364;berfu&#x0364;hren, wie ungereimt es &#x017F;ey, &#x017F;ich auf die betrieglichen Stellungen der<lb/>
Ge&#x017F;tirne und deren anmaßlichen Ausdeuter zu verla&#x017F;&#x017F;en. Denn kaum hatte er<lb/>
&#x017F;eine Truppen nach ihrer Flucht wieder zu&#x017F;ammengebracht: &#x017F;o ließ er &#x017F;ich durch<lb/>
die Verheißungen eben de&#x017F;&#x017F;elben Sterndeuters abermals verfu&#x0364;hren, daß er ins<lb/>
Feld ru&#x0364;ckte und &#x017F;ich mit den Deut&#x017F;chen in ein Treffen einließe. Er wurde aber<lb/>
gar bald ge&#x017F;chlagen und beynahe &#x017F;ein ganzes Heer zu Grunde gerichtet. Dabey<lb/>
er fu&#x0364;r &#x017F;ich mit wenigem Gefolge entrann, und die Eitelkeit &#x017F;eines Aberglaubens<lb/>
allzu &#x017F;pa&#x0364;t erkannte.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">33. Nach</fw><lb/>
            <cb n="1"/><lb/>
            <note xml:id="P696" next="#P697" place="end" n="17">&#x017F;einen Sterndeuter] Ungeachtet den<lb/>
Tu&#x0364;rken alle Zauberey und andere Arten der<lb/>
Wahr&#x017F;agerey in dem Ge&#x017F;etze des Kurons ver-<lb/>
boten i&#x017F;t, da in dem&#x017F;elben ausdru&#x0364;cklich ge&#x017F;a-<lb/>
get wird: Kju&#x0364;llu&#x0364; Mu&#x0364;ned&#x017F;chd&#x017F;chimu&#x0364;n Kjeßßa-<lb/>
bu&#x0364;n; das i&#x017F;t, alle Sterndeuter &#x017F;ind Lu&#x0364;gner:<lb/>
&#x017F;o &#x017F;ind &#x017F;ie doch &#x017F;ehr geneigt, ihren Verku&#x0364;ndi-<lb/>
gungen Glauben zuzu&#x017F;tellen. Damit &#x017F;ie aber<lb/>
einigen &#x017F;cheinbaren Vorwand zu die&#x017F;em Aber-<lb/>
glauben haben mo&#x0364;gen: &#x017F;o tra&#x0364;umen &#x017F;ie, die<lb/>
himmli&#x017F;chen Ko&#x0364;rper &#x017F;eyen Werkzeuge der go&#x0364;tt-<lb/>
lichen Vor&#x017F;ehung, dadurch die&#x017F;elbe nicht allein<lb/>
alles in der Welt ausrichte; &#x017F;ondern &#x017F;ie habe<lb/>
auch durch die Figuren der&#x017F;elben ausgedru&#x0364;c-<lb/>
ket, wie man &#x017F;ich verhalten mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e. Ferner,<lb/>
es &#x017F;ey allen Men&#x017F;chen, von dem er&#x017F;ten Au-<lb/>
genblicke ihrer Erzeugung im Mutterleibe an,<lb/>
nach der Ueberein&#x017F;timmung mit den himmli-<lb/>
&#x017F;chen Ko&#x0364;rpern, an der Stirne ge&#x017F;chrieben, was<lb/>
ihnen begegnen &#x017F;olle; aber mit &#x017F;olchen Zei-<lb/>
chen, die den Men&#x017F;chen unbekannt &#x017F;eyen. Um<lb/>
nun die&#x017F;e Zeichen le&#x017F;en und auslegen zu ko&#x0364;n-<lb/>
nen, ru&#x0364;hmen &#x017F;ich die&#x017F;elben wunderbarer und<lb/>
la&#x0364;cherlicher Ku&#x0364;n&#x017F;te; insbe&#x017F;ondere der Rech-<lb/><cb n="2"/><lb/>
nung Remel (die nach ihrem Vorgeben Py-<lb/>
thagoras, den &#x017F;ie Fej&#x017F;agures nennen, erfun-<lb/>
den haben &#x017F;oll), dadurch &#x017F;ie aus der geraden<lb/>
oder ungeraden Zahl der Buch&#x017F;taben, die der<lb/>
Mutter oder des Kindes Name in &#x017F;ich ha&#x0364;lt,<lb/>
mittel&#x017F;t des Ebd&#x017F;ched, das i&#x017F;t, der Bedeu-<lb/>
tung der Zahlen, allerhand Dinge vorher zu<lb/>
&#x017F;agen vorgeben. Die Hofhaltungen der Weßi-<lb/>
re &#x017F;ind voll von &#x017F;olchen Wahr&#x017F;agern, die aber<lb/>
niemals eine unglu&#x0364;ckliche Begebenheit ver-<lb/>
ku&#x0364;ndigen; &#x017F;ondern, um &#x017F;ich in dem Rufe zu<lb/>
erhalten, darein &#x017F;ie &#x017F;ich durch ihre Lu&#x0364;gen ge-<lb/>
&#x017F;etzet haben, nichts anderes, als Siege, große<lb/>
Ehren&#x017F;tellen, langes Leben und einen langwie-<lb/>
rigen Be&#x017F;itz des Weßiramtes ver&#x017F;prechen.<lb/>
Der einzige T&#x017F;chorlu&#x0364;li Ali Pa&#x017F;cha hielte die&#x017F;e<lb/>
Leute in a&#x0364;ußer&#x017F;ter Verachtung; und als ihm<lb/>
einer, der dazu aufgefordert wurde, vorher-<lb/>
&#x017F;agte, er wu&#x0364;rde nach Verfließung dreyer Mo-<lb/>
nate &#x017F;einer Wu&#x0364;rde des Weßirs beraubet wer-<lb/>
den: &#x017F;o hielte er den&#x017F;elben drey Monate und<lb/>
eilf Tage lang im Gefa&#x0364;ngni&#x017F;&#x017F;e, und &#x017F;chickte<lb/>
ihn darnach auf die Galeen. Jedoch, unter<lb/>
Hu&#x017F;ejn Pa&#x017F;cha, der den carlowit&#x017F;chi&#x017F;chen Frie-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">den</fw></note>
          </div><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[586/0696] Osmaniſche Geſchichte 32. Als der Seraͤskjer bey dem Fluſſe Morawa dem Feinde ins Ge- ſicht kommt: ſo laͤſſet er ſich durch ſeinen Sterndeuter ¹⁷ betriegen, der aus ſei- nen Bemerkungen der Geſtirne ihm einen gewiſſen Sieg verhieße, und greifet die Deutſchen muthig an; wird aber genoͤthiget, nach erlittenem großen Verluſte ſich mit dem Ueberreſte ſeines Heeres nach Niſſa zuruͤck zu ziehen. Allein, ſo gar dieſer widrige Erfolg konnte dem Seraͤskjer nicht die Augen oͤffnen, noch ihn uͤberfuͤhren, wie ungereimt es ſey, ſich auf die betrieglichen Stellungen der Geſtirne und deren anmaßlichen Ausdeuter zu verlaſſen. Denn kaum hatte er ſeine Truppen nach ihrer Flucht wieder zuſammengebracht: ſo ließ er ſich durch die Verheißungen eben deſſelben Sterndeuters abermals verfuͤhren, daß er ins Feld ruͤckte und ſich mit den Deutſchen in ein Treffen einließe. Er wurde aber gar bald geſchlagen und beynahe ſein ganzes Heer zu Grunde gerichtet. Dabey er fuͤr ſich mit wenigem Gefolge entrann, und die Eitelkeit ſeines Aberglaubens allzu ſpaͤt erkannte. 33. Nach ¹⁷ ſeinen Sterndeuter] Ungeachtet den Tuͤrken alle Zauberey und andere Arten der Wahrſagerey in dem Geſetze des Kurons ver- boten iſt, da in demſelben ausdruͤcklich geſa- get wird: Kjuͤlluͤ Muͤnedſchdſchimuͤn Kjeßßa- buͤn; das iſt, alle Sterndeuter ſind Luͤgner: ſo ſind ſie doch ſehr geneigt, ihren Verkuͤndi- gungen Glauben zuzuſtellen. Damit ſie aber einigen ſcheinbaren Vorwand zu dieſem Aber- glauben haben moͤgen: ſo traͤumen ſie, die himmliſchen Koͤrper ſeyen Werkzeuge der goͤtt- lichen Vorſehung, dadurch dieſelbe nicht allein alles in der Welt ausrichte; ſondern ſie habe auch durch die Figuren derſelben ausgedruͤc- ket, wie man ſich verhalten muͤſſe. Ferner, es ſey allen Menſchen, von dem erſten Au- genblicke ihrer Erzeugung im Mutterleibe an, nach der Uebereinſtimmung mit den himmli- ſchen Koͤrpern, an der Stirne geſchrieben, was ihnen begegnen ſolle; aber mit ſolchen Zei- chen, die den Menſchen unbekannt ſeyen. Um nun dieſe Zeichen leſen und auslegen zu koͤn- nen, ruͤhmen ſich dieſelben wunderbarer und laͤcherlicher Kuͤnſte; insbeſondere der Rech- nung Remel (die nach ihrem Vorgeben Py- thagoras, den ſie Fejſagures nennen, erfun- den haben ſoll), dadurch ſie aus der geraden oder ungeraden Zahl der Buchſtaben, die der Mutter oder des Kindes Name in ſich haͤlt, mittelſt des Ebdſched, das iſt, der Bedeu- tung der Zahlen, allerhand Dinge vorher zu ſagen vorgeben. Die Hofhaltungen der Weßi- re ſind voll von ſolchen Wahrſagern, die aber niemals eine ungluͤckliche Begebenheit ver- kuͤndigen; ſondern, um ſich in dem Rufe zu erhalten, darein ſie ſich durch ihre Luͤgen ge- ſetzet haben, nichts anderes, als Siege, große Ehrenſtellen, langes Leben und einen langwie- rigen Beſitz des Weßiramtes verſprechen. Der einzige Tſchorluͤli Ali Paſcha hielte dieſe Leute in aͤußerſter Verachtung; und als ihm einer, der dazu aufgefordert wurde, vorher- ſagte, er wuͤrde nach Verfließung dreyer Mo- nate ſeiner Wuͤrde des Weßirs beraubet wer- den: ſo hielte er denſelben drey Monate und eilf Tage lang im Gefaͤngniſſe, und ſchickte ihn darnach auf die Galeen. Jedoch, unter Huſejn Paſcha, der den carlowitſchiſchen Frie- den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/696
Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 586. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/696>, abgerufen am 15.08.2024.