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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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20. Sülejman der II
itscheri, als die Sipahi mit dem Vorrathe ankamen, wie die raubbegierigen
Wölfe auf die Säcke hinein fielen, und weder durch das Bitten noch Drohen
der Sipahi abgehalten werden konnten, dasjenige, was sie gebracht hatten, zu
plündern. Dieses veranlassete einen Streit zwischen beyden Parteyen, und
darauf erfolgte ein scharfes und blutiges Gefechte. Eine große Anzahl der
Jeng-itscheri, und eben so viel Sipahi, wurden über den Säcken ums Leben ge-
bracht, und die übrigen nebst ihrem Pascha durch die Wut der Jeng-itscheri ge-
nöthiget, in aller Eile die Flucht zu ergreifen.

52.

Nachdem der Weßir mittlerweile seinen Soldaten einige Tage zumDer Weßir ge-
het über die Do-
nau, und nimmt
Lippa weg.

Ausrasten vergönnet, und die beschädigten Festungswerke zu Belgrad hatte aus-
bessern lassen: so ging er über die Donau, nahm Lippa weg, und trieb die
deutsche Besatzung aus Orsowa. Hierauf bestürmete er Essek, eine Stadt,
die an dem Zusammenflusse der Drave und Donau lieget, in Hoffnung, wann
er dieselbe bezwungen hätte, daß er alsdann nicht allein seine Eroberungen ge-
gen die feindlichen Einfälle sicher stellen, sondern auch ganz Slawonien wieder
unter die türkische Botmäßigkeit würde bringen können. Allein, er wurde ge-
nöthiget, dieses Vorhaben fahren zu lassen, und dieses sowol wegen Herannä-
herung des Winters, als des muthigen Widerstandes der Besatzung, vornehm-
lich aber wegen der Veränderung der Sachen in Siebenbürgen.

53.

Nämlich, gegen den Anfang dieses Jahres verstarb der Fürst inDie Türken
schlagen die Kai-
serlichen in Sie-
benbürgen; und
Teökeöli wird
nach Apafis To-
de daselbst zum
Fürsten verord-
net.

Siebenbürgen, Michael Apafi 24, ohne Erben nachzulassen, und hinterließ
alle seine Länder dem Kaiser von Deutschland. Die Türken im Gegentheile
hatten Teökeöli zum Fürsten in Siebenbürgen gemacht, und demselben den Ser-
äskjer mit zehen tausend Türken, imgleichen den Chan der Tatarey und den
[Spaltenumbruch]

sonst sehr liebte. Er würde auch ohne Zwei-
fel demselben in dem Weßiramte gefolget seyn,
wenn sie nicht alle beyde in der Schlacht bey
Senta von einem Truppe aufrührischer Jeng-i-
tscheri wären niedergehauen worden.
24 Michael Apafi] Er war aus Sie-
benbürgen, aber eben aus keinem berühmten
Geschlechte daselbst, entsprossen: sein Vater
war der oberste im Stadtrathe zu Seben.
In den Unruhen, die Ragotski im Jahre
1661 erregte, und nachdem der Kaiser von
[Spaltenumbruch]
Deutschland, nach Ragotskis Tode, Kemeni
Janos zum Fürsten von Siebenbürgen ge-
macht hatte: wurde derselbe von den Türken
jenem entgegen gesetzet und zu eben dieser
Würde erhoben. Nach der Zeit wurde er
darinnen sowol von dem Kaiser, als von den
Türken, bey dem Friedensschlusse zwischen ih-
nen, bestätiget; darinnen festgesetzet wurde,
daß Siebenbürgen beyden Kaisern unterwür-
fig und tributbar seyn sollte. Hierüber
machte Apafi die Auslegung verschiedentlich,
nachdem er sahe, daß das Glück sich auf die

Für-
4 G 3

20. Suͤlejman der II
itſcheri, als die Sipahi mit dem Vorrathe ankamen, wie die raubbegierigen
Woͤlfe auf die Saͤcke hinein fielen, und weder durch das Bitten noch Drohen
der Sipahi abgehalten werden konnten, dasjenige, was ſie gebracht hatten, zu
pluͤndern. Dieſes veranlaſſete einen Streit zwiſchen beyden Parteyen, und
darauf erfolgte ein ſcharfes und blutiges Gefechte. Eine große Anzahl der
Jeng-itſcheri, und eben ſo viel Sipahi, wurden uͤber den Saͤcken ums Leben ge-
bracht, und die uͤbrigen nebſt ihrem Paſcha durch die Wut der Jeng-itſcheri ge-
noͤthiget, in aller Eile die Flucht zu ergreifen.

52.

Nachdem der Weßir mittlerweile ſeinen Soldaten einige Tage zumDer Weßir ge-
het uͤber die Do-
nau, und nimmt
Lippa weg.

Ausraſten vergoͤnnet, und die beſchaͤdigten Feſtungswerke zu Belgrad hatte aus-
beſſern laſſen: ſo ging er uͤber die Donau, nahm Lippa weg, und trieb die
deutſche Beſatzung aus Orſowa. Hierauf beſtuͤrmete er Eſſek, eine Stadt,
die an dem Zuſammenfluſſe der Drave und Donau lieget, in Hoffnung, wann
er dieſelbe bezwungen haͤtte, daß er alsdann nicht allein ſeine Eroberungen ge-
gen die feindlichen Einfaͤlle ſicher ſtellen, ſondern auch ganz Slawonien wieder
unter die tuͤrkiſche Botmaͤßigkeit wuͤrde bringen koͤnnen. Allein, er wurde ge-
noͤthiget, dieſes Vorhaben fahren zu laſſen, und dieſes ſowol wegen Herannaͤ-
herung des Winters, als des muthigen Widerſtandes der Beſatzung, vornehm-
lich aber wegen der Veraͤnderung der Sachen in Siebenbuͤrgen.

53.

Naͤmlich, gegen den Anfang dieſes Jahres verſtarb der Fuͤrſt inDie Tuͤrken
ſchlagen die Kai-
ſerlichen in Sie-
benbuͤrgen; und
Teoͤkeoͤli wird
nach Apafis To-
de daſelbſt zum
Fuͤrſten verord-
net.

Siebenbuͤrgen, Michael Apafi 24, ohne Erben nachzulaſſen, und hinterließ
alle ſeine Laͤnder dem Kaiſer von Deutſchland. Die Tuͤrken im Gegentheile
hatten Teoͤkeoͤli zum Fuͤrſten in Siebenbuͤrgen gemacht, und demſelben den Ser-
aͤskjer mit zehen tauſend Tuͤrken, imgleichen den Chan der Tatarey und den
[Spaltenumbruch]

ſonſt ſehr liebte. Er wuͤrde auch ohne Zwei-
fel demſelben in dem Weßiramte gefolget ſeyn,
wenn ſie nicht alle beyde in der Schlacht bey
Senta von einem Truppe aufruͤhriſcher Jeng-i-
tſcheri waͤren niedergehauen worden.
24 Michael Apafi] Er war aus Sie-
benbuͤrgen, aber eben aus keinem beruͤhmten
Geſchlechte daſelbſt, entſproſſen: ſein Vater
war der oberſte im Stadtrathe zu Seben.
In den Unruhen, die Ragotſki im Jahre
1661 erregte, und nachdem der Kaiſer von
[Spaltenumbruch]
Deutſchland, nach Ragotſkis Tode, Kemeni
Janos zum Fuͤrſten von Siebenbuͤrgen ge-
macht hatte: wurde derſelbe von den Tuͤrken
jenem entgegen geſetzet und zu eben dieſer
Wuͤrde erhoben. Nach der Zeit wurde er
darinnen ſowol von dem Kaiſer, als von den
Tuͤrken, bey dem Friedensſchluſſe zwiſchen ih-
nen, beſtaͤtiget; darinnen feſtgeſetzet wurde,
daß Siebenbuͤrgen beyden Kaiſern unterwuͤr-
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4 G 3
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[605/0715] 20. Suͤlejman der II itſcheri, als die Sipahi mit dem Vorrathe ankamen, wie die raubbegierigen Woͤlfe auf die Saͤcke hinein fielen, und weder durch das Bitten noch Drohen der Sipahi abgehalten werden konnten, dasjenige, was ſie gebracht hatten, zu pluͤndern. Dieſes veranlaſſete einen Streit zwiſchen beyden Parteyen, und darauf erfolgte ein ſcharfes und blutiges Gefechte. Eine große Anzahl der Jeng-itſcheri, und eben ſo viel Sipahi, wurden uͤber den Saͤcken ums Leben ge- bracht, und die uͤbrigen nebſt ihrem Paſcha durch die Wut der Jeng-itſcheri ge- noͤthiget, in aller Eile die Flucht zu ergreifen. 52. Nachdem der Weßir mittlerweile ſeinen Soldaten einige Tage zum Ausraſten vergoͤnnet, und die beſchaͤdigten Feſtungswerke zu Belgrad hatte aus- beſſern laſſen: ſo ging er uͤber die Donau, nahm Lippa weg, und trieb die deutſche Beſatzung aus Orſowa. Hierauf beſtuͤrmete er Eſſek, eine Stadt, die an dem Zuſammenfluſſe der Drave und Donau lieget, in Hoffnung, wann er dieſelbe bezwungen haͤtte, daß er alsdann nicht allein ſeine Eroberungen ge- gen die feindlichen Einfaͤlle ſicher ſtellen, ſondern auch ganz Slawonien wieder unter die tuͤrkiſche Botmaͤßigkeit wuͤrde bringen koͤnnen. Allein, er wurde ge- noͤthiget, dieſes Vorhaben fahren zu laſſen, und dieſes ſowol wegen Herannaͤ- herung des Winters, als des muthigen Widerſtandes der Beſatzung, vornehm- lich aber wegen der Veraͤnderung der Sachen in Siebenbuͤrgen. Der Weßir ge- het uͤber die Do- nau, und nimmt Lippa weg. 53. Naͤmlich, gegen den Anfang dieſes Jahres verſtarb der Fuͤrſt in Siebenbuͤrgen, Michael Apafi ²⁴ , ohne Erben nachzulaſſen, und hinterließ alle ſeine Laͤnder dem Kaiſer von Deutſchland. Die Tuͤrken im Gegentheile hatten Teoͤkeoͤli zum Fuͤrſten in Siebenbuͤrgen gemacht, und demſelben den Ser- aͤskjer mit zehen tauſend Tuͤrken, imgleichen den Chan der Tatarey und den Fuͤr- ſonſt ſehr liebte. Er wuͤrde auch ohne Zwei- fel demſelben in dem Weßiramte gefolget ſeyn, wenn ſie nicht alle beyde in der Schlacht bey Senta von einem Truppe aufruͤhriſcher Jeng-i- tſcheri waͤren niedergehauen worden. ²⁴ Michael Apafi] Er war aus Sie- benbuͤrgen, aber eben aus keinem beruͤhmten Geſchlechte daſelbſt, entſproſſen: ſein Vater war der oberſte im Stadtrathe zu Seben. In den Unruhen, die Ragotſki im Jahre 1661 erregte, und nachdem der Kaiſer von Deutſchland, nach Ragotſkis Tode, Kemeni Janos zum Fuͤrſten von Siebenbuͤrgen ge- macht hatte: wurde derſelbe von den Tuͤrken jenem entgegen geſetzet und zu eben dieſer Wuͤrde erhoben. Nach der Zeit wurde er darinnen ſowol von dem Kaiſer, als von den Tuͤrken, bey dem Friedensſchluſſe zwiſchen ih- nen, beſtaͤtiget; darinnen feſtgeſetzet wurde, daß Siebenbuͤrgen beyden Kaiſern unterwuͤr- fig und tributbar ſeyn ſollte. Hieruͤber machte Apafi die Auslegung verſchiedentlich, nachdem er ſahe, daß das Gluͤck ſich auf die eine Die Tuͤrken ſchlagen die Kai- ſerlichen in Sie- benbuͤrgen; und Teoͤkeoͤli wird nach Apafis To- de daſelbſt zum Fuͤrſten verord- net. 4 G 3

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 605. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/715>, abgerufen am 22.11.2024.