Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.Osmanische Geschichte Sachen und Geschichten: und andere haben sich durch eine Sage, die vielleichtdas Glück dieses Geschlechts beneidete, betriegen lassen. Aus diesen trüben Bächen sind unsere christlichen Geschichtschreiber bey ihrer Unwissenheit in der türkischen Gelehrtheit, wie wir erst erwähnet haben, gemüssiget gewesen, das- jenige herzunehmen, was doch billig aus der ersten Quelle hätte sollen geschöpfet werden. Wir hingegen (welches ohne Eitelkeit von uns gesaget sey) haben das Zeugniß der einheimischen Schriftsteller mit Recht den Erzählungen aller Anmerkungen Ehe wir fortfahren, wird es nicht undienlich seyn, unsern Anmerkungen einige der ge- 1 osmanischen] othmanischen. Dieser Name, den man dem türkischen Volke von ihrem Stifter, dem Kaiser Osman, beyleget, wird von den christlichen Geschichtschreibern durchgehends unrecht geschrieben: indem ei- nige ein o in die andere Silbe einflicken, als Othoman; andere aber das h außenlassen und das t verdoppeln, als Ottoman. Beydes ist ganz und gar falsch. Denn das arabische Tshe oder tsh, das die Türken Tshei ärebi nennen, kommt ganz genau mit dem griechi- [Spaltenumbruch] schen Thita Th [oder dem angelsächsischen D] überein, und muß also im Lateinischen [oder Englischen] ausgesprochen werden, wie im Griechischen Othman, Othman, (im Deut- schen, wie Otshman). [Es ist hiebey zu merken, daß die Türken das arabische Tshe fast wie unser s aussprechen. Daher lautet Otshman bey ihnen, wie Osman.]2* 2 oliosmanischen] Dieses Wort ist zu- sammengesetzet von Ol und Osman, und be- anderer * Die Morgenländer nehmen die Benennung des Sitzes ihrer Regierung von dem großen Thore her, das sich an dem Palaste großer Herren befindet: gleichwie die Europäer den Platz oder Vorhof vor demselben gebrauchen, diese Sitze von ihnen Höfe zu nennen. Daher sind die angeführten Benennungen eben so viel, als bey uns die Ausdrücke: der durchlauchtige Hof, der hohe oder allerhöchste Monarch, die glückselige Regierung. Weil das Wort Pforte uns zu dieser Sache ungeschickt zu seyn dünket: so haben wir uns in dem Künftigen dessen enthalten. 2* Weil das gegenwärtige Buch eine
türkische Geschichte ist: so hat man Ursache zu haben geglaubet, die Aussprache der Türken in dem- selben beyzubehalten. Osmaniſche Geſchichte Sachen und Geſchichten: und andere haben ſich durch eine Sage, die vielleichtdas Gluͤck dieſes Geſchlechts beneidete, betriegen laſſen. Aus dieſen truͤben Baͤchen ſind unſere chriſtlichen Geſchichtſchreiber bey ihrer Unwiſſenheit in der tuͤrkiſchen Gelehrtheit, wie wir erſt erwaͤhnet haben, gemuͤſſiget geweſen, das- jenige herzunehmen, was doch billig aus der erſten Quelle haͤtte ſollen geſchoͤpfet werden. Wir hingegen (welches ohne Eitelkeit von uns geſaget ſey) haben das Zeugniß der einheimiſchen Schriftſteller mit Recht den Erzaͤhlungen aller Anmerkungen Ehe wir fortfahren, wird es nicht undienlich ſeyn, unſern Anmerkungen einige der ge- 1 osmaniſchen] othmaniſchen. Dieſer Name, den man dem tuͤrkiſchen Volke von ihrem Stifter, dem Kaiſer Osman, beyleget, wird von den chriſtlichen Geſchichtſchreibern durchgehends unrecht geſchrieben: indem ei- nige ein o in die andere Silbe einflicken, als Othoman; andere aber das h außenlaſſen und das t verdoppeln, als Ottoman. Beydes iſt ganz und gar falſch. Denn das arabiſche Tſhe oder tſh, das die Tuͤrken Tſhei aͤrebi nennen, kommt ganz genau mit dem griechi- [Spaltenumbruch] ſchen Thita Θ [oder dem angelſaͤchſiſchen Ð] uͤberein, und muß alſo im Lateiniſchen [oder Engliſchen] ausgeſprochen werden, wie im Griechiſchen Ὄθμαν, Othman, (im Deut- ſchen, wie Otſhman). [Es iſt hiebey zu merken, daß die Tuͤrken das arabiſche Tſhe faſt wie unſer s ausſprechen. Daher lautet Otſhman bey ihnen, wie Osman.]2* 2 oliosmaniſchen] Dieſes Wort iſt zu- ſammengeſetzet von Ol und Osman, und be- anderer * Die Morgenlaͤnder nehmen die Benennung des Sitzes ihrer Regierung von dem großen Thore her, das ſich an dem Palaſte großer Herren befindet: gleichwie die Europaͤer den Platz oder Vorhof vor demſelben gebrauchen, dieſe Sitze von ihnen Hoͤfe zu nennen. Daher ſind die angefuͤhrten Benennungen eben ſo viel, als bey uns die Ausdruͤcke: der durchlauchtige Hof, der hohe oder allerhoͤchſte Monarch, die gluͤckſelige Regierung. Weil das Wort Pforte uns zu dieſer Sache ungeſchickt zu ſeyn duͤnket: ſo haben wir uns in dem Kuͤnftigen deſſen enthalten. 2* Weil das gegenwaͤrtige Buch eine
tuͤrkiſche Geſchichte iſt: ſo hat man Urſache zu haben geglaubet, die Ausſprache der Tuͤrken in dem- ſelben beyzubehalten. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0074" n="4"/><fw place="top" type="header">Osmaniſche Geſchichte</fw><lb/> Sachen und Geſchichten: und andere haben ſich durch eine Sage, die vielleicht<lb/> das Gluͤck dieſes Geſchlechts beneidete, betriegen laſſen. Aus dieſen truͤben<lb/> Baͤchen ſind unſere chriſtlichen Geſchichtſchreiber bey ihrer Unwiſſenheit in der<lb/> tuͤrkiſchen Gelehrtheit, wie wir erſt erwaͤhnet haben, gemuͤſſiget geweſen, das-<lb/> jenige herzunehmen, was doch billig aus der erſten Quelle haͤtte ſollen geſchoͤpfet<lb/> werden. Wir hingegen (welches ohne Eitelkeit von uns geſaget ſey) haben<lb/> das Zeugniß der einheimiſchen Schriftſteller mit Recht den Erzaͤhlungen aller<lb/> <fw place="bottom" type="catch">anderer</fw><lb/></p> <div> <head>Anmerkungen<lb/></head> <p><hi rendition="#in">E</hi>he wir fortfahren, wird es nicht undienlich ſeyn, unſern Anmerkungen einige der ge-<lb/> woͤhnlichſten Titel des osmaniſchen Hofes vorzuſetzen. Denn dieſer Hof iſt darinnen<lb/> den uͤbrigen morgenlaͤndiſchen Hoͤfen gleich, daß er die hochmuͤthigſten und praͤchtigſten<lb/> Titel annimmt und auch von andern erwartet. Daher kommen in den oͤffentlichen kaiſer-<lb/> lichen Befehlen, Ferman genennet, oͤfters folgende Redensarten vor: Babi huͤmajun,<lb/> die hohe Pforte; Babi Aedalet, die Pforte der Gerechtigkeit; Babi Saͤadet, die Pforte<lb/> der Majeſtaͤt; Babi oder Deri Dewlet, die Pforte der Gluͤckſeligkeit<note place="foot" n="*">Die Morgenlaͤnder nehmen die Benennung des Sitzes ihrer Regierung von dem großen Thore her, das<lb/> ſich an dem Palaſte großer Herren befindet: gleichwie die Europaͤer den Platz oder Vorhof vor demſelben<lb/> gebrauchen, dieſe Sitze von ihnen Hoͤfe zu nennen. Daher ſind die angefuͤhrten Benennungen eben<lb/> ſo viel, als bey uns die Ausdruͤcke: der durchlauchtige Hof, der hohe oder allerhoͤchſte Monarch, die<lb/> gluͤckſelige Regierung. Weil das Wort Pforte uns zu dieſer Sache ungeſchickt zu ſeyn duͤnket: ſo<lb/> haben wir uns in dem Kuͤnftigen deſſen enthalten.</note>; von welchem letz-<lb/> tern Ausdrucke das osmaniſche Reich den gewoͤhnlichen Beynamen fuͤhret: Dewleti os-<lb/> manije, die osmaniſche Majeſtaͤt oder Gluͤckſeligkeit. Wenn der Leſer noch mehrere der-<lb/> gleichen Titel zu wiſſen verlanget: ſo kann er ſolche in Meninſkis tuͤrkiſchem Woͤrterbuche<lb/> beyſammen finden.<lb/><cb n="1"/><lb/><note place="end" n="1">osmaniſchen] othmaniſchen. Dieſer<lb/> Name, den man dem tuͤrkiſchen Volke von<lb/> ihrem Stifter, dem Kaiſer Osman, beyleget,<lb/> wird von den chriſtlichen Geſchichtſchreibern<lb/> durchgehends unrecht geſchrieben: indem ei-<lb/> nige ein o in die andere Silbe einflicken, als<lb/> Othoman; andere aber das h außenlaſſen und<lb/> das t verdoppeln, als Ottoman. Beydes<lb/> iſt ganz und gar falſch. Denn das arabiſche<lb/> Tſhe oder tſh, das die Tuͤrken Tſhei aͤrebi<lb/> nennen, kommt ganz genau mit dem griechi-<lb/><cb n="2"/><lb/> ſchen Thita Θ [oder dem angelſaͤchſiſchen Ð]<lb/> uͤberein, und muß alſo im Lateiniſchen [oder<lb/> Engliſchen] ausgeſprochen werden, wie im<lb/> Griechiſchen Ὄθμαν, Othman, (im Deut-<lb/> ſchen, wie Otſhman). [Es iſt hiebey zu<lb/> merken, daß die Tuͤrken das arabiſche Tſhe<lb/> faſt wie unſer s ausſprechen. Daher lautet<lb/> Otſhman bey ihnen, wie Osman.]<note place="foot" n="2*">Weil das gegenwaͤrtige Buch eine<lb/> tuͤrkiſche Geſchichte iſt: ſo hat man Urſache zu haben geglaubet, die Ausſprache der Tuͤrken in dem-<lb/> ſelben beyzubehalten.</note></note><lb/><note xml:id="G74" next="#G75" place="end" n="2">oliosmaniſchen] Dieſes Wort iſt zu-<lb/> ſammengeſetzet von Ol und Osman, und be-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">deutet:</fw></note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [4/0074]
Osmaniſche Geſchichte
Sachen und Geſchichten: und andere haben ſich durch eine Sage, die vielleicht
das Gluͤck dieſes Geſchlechts beneidete, betriegen laſſen. Aus dieſen truͤben
Baͤchen ſind unſere chriſtlichen Geſchichtſchreiber bey ihrer Unwiſſenheit in der
tuͤrkiſchen Gelehrtheit, wie wir erſt erwaͤhnet haben, gemuͤſſiget geweſen, das-
jenige herzunehmen, was doch billig aus der erſten Quelle haͤtte ſollen geſchoͤpfet
werden. Wir hingegen (welches ohne Eitelkeit von uns geſaget ſey) haben
das Zeugniß der einheimiſchen Schriftſteller mit Recht den Erzaͤhlungen aller
anderer
Anmerkungen
Ehe wir fortfahren, wird es nicht undienlich ſeyn, unſern Anmerkungen einige der ge-
woͤhnlichſten Titel des osmaniſchen Hofes vorzuſetzen. Denn dieſer Hof iſt darinnen
den uͤbrigen morgenlaͤndiſchen Hoͤfen gleich, daß er die hochmuͤthigſten und praͤchtigſten
Titel annimmt und auch von andern erwartet. Daher kommen in den oͤffentlichen kaiſer-
lichen Befehlen, Ferman genennet, oͤfters folgende Redensarten vor: Babi huͤmajun,
die hohe Pforte; Babi Aedalet, die Pforte der Gerechtigkeit; Babi Saͤadet, die Pforte
der Majeſtaͤt; Babi oder Deri Dewlet, die Pforte der Gluͤckſeligkeit *; von welchem letz-
tern Ausdrucke das osmaniſche Reich den gewoͤhnlichen Beynamen fuͤhret: Dewleti os-
manije, die osmaniſche Majeſtaͤt oder Gluͤckſeligkeit. Wenn der Leſer noch mehrere der-
gleichen Titel zu wiſſen verlanget: ſo kann er ſolche in Meninſkis tuͤrkiſchem Woͤrterbuche
beyſammen finden.
¹ osmaniſchen] othmaniſchen. Dieſer
Name, den man dem tuͤrkiſchen Volke von
ihrem Stifter, dem Kaiſer Osman, beyleget,
wird von den chriſtlichen Geſchichtſchreibern
durchgehends unrecht geſchrieben: indem ei-
nige ein o in die andere Silbe einflicken, als
Othoman; andere aber das h außenlaſſen und
das t verdoppeln, als Ottoman. Beydes
iſt ganz und gar falſch. Denn das arabiſche
Tſhe oder tſh, das die Tuͤrken Tſhei aͤrebi
nennen, kommt ganz genau mit dem griechi-
ſchen Thita Θ [oder dem angelſaͤchſiſchen Ð]
uͤberein, und muß alſo im Lateiniſchen [oder
Engliſchen] ausgeſprochen werden, wie im
Griechiſchen Ὄθμαν, Othman, (im Deut-
ſchen, wie Otſhman). [Es iſt hiebey zu
merken, daß die Tuͤrken das arabiſche Tſhe
faſt wie unſer s ausſprechen. Daher lautet
Otſhman bey ihnen, wie Osman.] 2*
² oliosmaniſchen] Dieſes Wort iſt zu-
ſammengeſetzet von Ol und Osman, und be-
deutet:
* Die Morgenlaͤnder nehmen die Benennung des Sitzes ihrer Regierung von dem großen Thore her, das
ſich an dem Palaſte großer Herren befindet: gleichwie die Europaͤer den Platz oder Vorhof vor demſelben
gebrauchen, dieſe Sitze von ihnen Hoͤfe zu nennen. Daher ſind die angefuͤhrten Benennungen eben
ſo viel, als bey uns die Ausdruͤcke: der durchlauchtige Hof, der hohe oder allerhoͤchſte Monarch, die
gluͤckſelige Regierung. Weil das Wort Pforte uns zu dieſer Sache ungeſchickt zu ſeyn duͤnket: ſo
haben wir uns in dem Kuͤnftigen deſſen enthalten.
2* Weil das gegenwaͤrtige Buch eine
tuͤrkiſche Geſchichte iſt: ſo hat man Urſache zu haben geglaubet, die Ausſprache der Tuͤrken in dem-
ſelben beyzubehalten.
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