Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.Osmanische Geschichte seines Vaters höchstgeliebtem Kämmerlinge, machte ihn anfangs zum Nischan-dschi Pascha 5, hierauf zum Rikjab Kaimmäkam 6, und trug ihm auf, die Wa- lide Sultan von Constantinopel nach Adrianopel zu führen; machte seinen An- verwandten Häsen Pascha zum Statthalter zu Dijarbekjir, und beförderte die- jenigen, die unter seinem Vater dem Reiche treue Dienste geleistet hatten, zu aller- hand Ehrenstellen. Durch dieses Bezeigen setzte sich derselbe in solche Hochach- tung, daß nicht allein das gesammte müsülmanische gemeine Volk ihn als eine hinter einer dicken Wolke hervorbrechende Sonne verehrete, und sich unter ihm glückseligere Zeiten versprach; sondern auch die Soldaten in großer Anzahl freywillig herbey kamen, und sich selbst anboten, unter einem so klugen Kaiser im Felde zu dienen. sen, Friedrich Augusts, gegen sein Lager, fruchtlos machte. Zuletzt in der Schlacht bey Senta, da die Türken von dem Prinzen Eugen geschlagen wurden, war derselbe allzu hitzig, mit den Deutschen ein Treffen zu wagen, gegen die Meinung der übrigen und verstän- digsten Paschen; und da wurde er von den aufrührischen Jeng-itscheri, als das Heer sich zu der Schlacht anschickte, niedergesäbelt. Ein sinnreicher türkischer Dichter hat das Jahr seines Todes in folgendem Zeitverse ausge- drücket: Nemtsche Kurschunile fildi Elmasi; das ist, der Deutsche hat den Demant mit Bley gereiniget. Dieser Spruch enthält eine Anspielung, sowol auf die gemeine Meinung, daß das Bley den Demant angreife; als auf die Einbildung, daß man dem Demant anders keinen Glanz geben könne, als daß man ihn mit Bley glätte. Bey diesem allem war derselbe ein bescheidener, nüchterner und kluger Mann, vom Geize entfernet (welches ein seltenes Beyspiel unter dem türkischen Adel ist) und ein großer Liebhaber der Gerechtig- keit: außer wenn eine Statsursache ihn ver- anlassete, seine Nebenbuhler, wenn sie auch gleich unschuldig waren, unter den Fuß zu tre- [Spaltenumbruch] ten oder aus dem Wege zu räumen. Er hatte zwar nicht so viel Erfahrung in Kriegssachen, als die andern alten Paschen; weil er in dem Palaste war auferzogen worden: was ihm aber an der Erziehung mangelte, das ersetzte er durch seine guten natürlichen Gaben, durch eine wundersame Fertigkeit in Fassung der Rathschläge, und durch eine große Behendig- keit in Vollstreckung einer Sache; so daß derselbe nach iedermanns Einstimmung für keinen schlimmen Feldherrn bey einem Krieges- heere gehalten wurde. 5 Nischandschi Pascha] Dieses ist der- jenige, der das Zeichen oder den Zug von des Sultans Namen auf alle Befehle setzet, die von dem Hofe ausgehen. Es wird für eine sehr ansehnliche Stelle an dem osmanischen Hofe gehalten; sonderlich wenn sie ein Pa- scha mit dreyen Tug bekleidet, der wegen der- selben unter die Kübbe Weßire gezählet wird und in dem Gälebe Diwan bey denselben sei- nen Sitz hat, nämlich an der Seite des ober- sten Weßirs, gerade unter dem Orte, da der Sultan sitzet und alles mit anhöret, was bey den Berathschlagungen vorgehet. Wenn 5. Da
Osmaniſche Geſchichte ſeines Vaters hoͤchſtgeliebtem Kaͤmmerlinge, machte ihn anfangs zum Niſchan-dſchi Paſcha 5, hierauf zum Rikjab Kaimmaͤkam 6, und trug ihm auf, die Wa- lide Sultan von Conſtantinopel nach Adrianopel zu fuͤhren; machte ſeinen An- verwandten Haͤſen Paſcha zum Statthalter zu Dijarbekjir, und befoͤrderte die- jenigen, die unter ſeinem Vater dem Reiche treue Dienſte geleiſtet hatten, zu aller- hand Ehrenſtellen. Durch dieſes Bezeigen ſetzte ſich derſelbe in ſolche Hochach- tung, daß nicht allein das geſammte muͤſuͤlmaniſche gemeine Volk ihn als eine hinter einer dicken Wolke hervorbrechende Sonne verehrete, und ſich unter ihm gluͤckſeligere Zeiten verſprach; ſondern auch die Soldaten in großer Anzahl freywillig herbey kamen, und ſich ſelbſt anboten, unter einem ſo klugen Kaiſer im Felde zu dienen. ſen, Friedrich Auguſts, gegen ſein Lager, fruchtlos machte. Zuletzt in der Schlacht bey Senta, da die Tuͤrken von dem Prinzen Eugen geſchlagen wurden, war derſelbe allzu hitzig, mit den Deutſchen ein Treffen zu wagen, gegen die Meinung der uͤbrigen und verſtaͤn- digſten Paſchen; und da wurde er von den aufruͤhriſchen Jeng-itſcheri, als das Heer ſich zu der Schlacht anſchickte, niedergeſaͤbelt. Ein ſinnreicher tuͤrkiſcher Dichter hat das Jahr ſeines Todes in folgendem Zeitverſe ausge- druͤcket: Nemtſche Kurſchunile fildi Elmaſi; das iſt, der Deutſche hat den Demant mit Bley gereiniget. Dieſer Spruch enthaͤlt eine Anſpielung, ſowol auf die gemeine Meinung, daß das Bley den Demant angreife; als auf die Einbildung, daß man dem Demant anders keinen Glanz geben koͤnne, als daß man ihn mit Bley glaͤtte. Bey dieſem allem war derſelbe ein beſcheidener, nuͤchterner und kluger Mann, vom Geize entfernet (welches ein ſeltenes Beyſpiel unter dem tuͤrkiſchen Adel iſt) und ein großer Liebhaber der Gerechtig- keit: außer wenn eine Statsurſache ihn ver- anlaſſete, ſeine Nebenbuhler, wenn ſie auch gleich unſchuldig waren, unter den Fuß zu tre- [Spaltenumbruch] ten oder aus dem Wege zu raͤumen. Er hatte zwar nicht ſo viel Erfahrung in Kriegsſachen, als die andern alten Paſchen; weil er in dem Palaſte war auferzogen worden: was ihm aber an der Erziehung mangelte, das erſetzte er durch ſeine guten natuͤrlichen Gaben, durch eine wunderſame Fertigkeit in Faſſung der Rathſchlaͤge, und durch eine große Behendig- keit in Vollſtreckung einer Sache; ſo daß derſelbe nach iedermanns Einſtimmung fuͤr keinen ſchlimmen Feldherrn bey einem Krieges- heere gehalten wurde. 5 Niſchandſchi Paſcha] Dieſes iſt der- jenige, der das Zeichen oder den Zug von des Sultans Namen auf alle Befehle ſetzet, die von dem Hofe ausgehen. Es wird fuͤr eine ſehr anſehnliche Stelle an dem osmaniſchen Hofe gehalten; ſonderlich wenn ſie ein Pa- ſcha mit dreyen Tug bekleidet, der wegen der- ſelben unter die Kuͤbbe Weßire gezaͤhlet wird und in dem Gaͤlebe Diwan bey denſelben ſei- nen Sitz hat, naͤmlich an der Seite des ober- ſten Weßirs, gerade unter dem Orte, da der Sultan ſitzet und alles mit anhoͤret, was bey den Berathſchlagungen vorgehet. Wenn 5. Da
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Osmaniſche Geſchichte
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⁵
, hierauf zum Rikjab Kaimmaͤkam
⁶
, und trug ihm auf, die Wa-
lide Sultan von Conſtantinopel nach Adrianopel zu fuͤhren; machte ſeinen An-
verwandten Haͤſen Paſcha zum Statthalter zu Dijarbekjir, und befoͤrderte die-
jenigen, die unter ſeinem Vater dem Reiche treue Dienſte geleiſtet hatten, zu aller-
hand Ehrenſtellen. Durch dieſes Bezeigen ſetzte ſich derſelbe in ſolche Hochach-
tung, daß nicht allein das geſammte muͤſuͤlmaniſche gemeine Volk ihn als eine
hinter einer dicken Wolke hervorbrechende Sonne verehrete, und ſich unter ihm
gluͤckſeligere Zeiten verſprach; ſondern auch die Soldaten in großer Anzahl
freywillig herbey kamen, und ſich ſelbſt anboten, unter einem ſo klugen Kaiſer
im Felde zu dienen.
5. Da
ſen, Friedrich Auguſts, gegen ſein Lager,
fruchtlos machte. Zuletzt in der Schlacht
bey Senta, da die Tuͤrken von dem Prinzen
Eugen geſchlagen wurden, war derſelbe allzu
hitzig, mit den Deutſchen ein Treffen zu wagen,
gegen die Meinung der uͤbrigen und verſtaͤn-
digſten Paſchen; und da wurde er von den
aufruͤhriſchen Jeng-itſcheri, als das Heer ſich
zu der Schlacht anſchickte, niedergeſaͤbelt.
Ein ſinnreicher tuͤrkiſcher Dichter hat das Jahr
ſeines Todes in folgendem Zeitverſe ausge-
druͤcket: Nemtſche Kurſchunile fildi Elmaſi;
das iſt, der Deutſche hat den Demant mit
Bley gereiniget. Dieſer Spruch enthaͤlt eine
Anſpielung, ſowol auf die gemeine Meinung,
daß das Bley den Demant angreife; als
auf die Einbildung, daß man dem Demant
anders keinen Glanz geben koͤnne, als daß
man ihn mit Bley glaͤtte. Bey dieſem allem
war derſelbe ein beſcheidener, nuͤchterner und
kluger Mann, vom Geize entfernet (welches
ein ſeltenes Beyſpiel unter dem tuͤrkiſchen Adel
iſt) und ein großer Liebhaber der Gerechtig-
keit: außer wenn eine Statsurſache ihn ver-
anlaſſete, ſeine Nebenbuhler, wenn ſie auch
gleich unſchuldig waren, unter den Fuß zu tre-
ten oder aus dem Wege zu raͤumen. Er hatte
zwar nicht ſo viel Erfahrung in Kriegsſachen,
als die andern alten Paſchen; weil er in dem
Palaſte war auferzogen worden: was ihm
aber an der Erziehung mangelte, das erſetzte
er durch ſeine guten natuͤrlichen Gaben, durch
eine wunderſame Fertigkeit in Faſſung der
Rathſchlaͤge, und durch eine große Behendig-
keit in Vollſtreckung einer Sache; ſo daß
derſelbe nach iedermanns Einſtimmung fuͤr
keinen ſchlimmen Feldherrn bey einem Krieges-
heere gehalten wurde.
⁵ Niſchandſchi Paſcha] Dieſes iſt der-
jenige, der das Zeichen oder den Zug von des
Sultans Namen auf alle Befehle ſetzet, die
von dem Hofe ausgehen. Es wird fuͤr eine
ſehr anſehnliche Stelle an dem osmaniſchen
Hofe gehalten; ſonderlich wenn ſie ein Pa-
ſcha mit dreyen Tug bekleidet, der wegen der-
ſelben unter die Kuͤbbe Weßire gezaͤhlet wird
und in dem Gaͤlebe Diwan bey denſelben ſei-
nen Sitz hat, naͤmlich an der Seite des ober-
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Sultan ſitzet und alles mit anhoͤret, was
bey den Berathſchlagungen vorgehet. Wenn
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