des Kapudans in Verwunderung und Erstaunen gesetzet wurden: so wagten sie es nicht, mit demselben anzubinden. Es beobachtete also bloß ein Theil das Vorhaben des andern; daher keiner von ihnen das ganze Jahr hindurch etwas Merkwürdiges verrichtete.
27.
Nachdem diejenigen Monate, die sich zu Kriegesverrichtungen schic-Der Sultan kehret im Tri- umphe nach Con- stantinopel zu- rück. ken, vorbey waren: so führete Mustäfa sein Heer wieder nach Adrianopel zu- rück; ließ hierauf seine Truppen aus einander gehen, und begab sich nach Con- stantinopel. Hier hielte derselbe seinen Einzug mit solchem Prachte, daß, wenn man auf die Herrlichkeit desselben allein hätte sehen wollen, man hätte glauben müssen, daß seine Siege die Thaten der Eroberer von Constantinopel, Ungarn und Aegypten weit überträfen. Die größte Zierde dieses Triumphs waren die vier und zwanzig Stücke, die den Deutschen in diesem Feldzuge waren abge- nommen worden. Diese machten den Hauptzug aus, und hierauf folgten ver- schiedene vornehme Gefangenen, die sie in dem vorigen Treffen mit Veterani gemacht hatten.
28.
Den dritten Tag nach diesem öffentlichen Einzuge besuchte der Sul-Der Sultan wird mit einem Schwerte um- gürtet, und läs- set große Krie- geszurüstungen machen. tan das Grabmal Ebu Ejjub Ensari mit großer Andachtsbezeigung, und ließ sich, nach der Gewohnheit der türkischen Sultane, von dem Schejch des dasigen Dschami ein Schwert angürten*. Nachdem diese Feierlichkeiten vorbey waren: so richtet er alle seine Sorgfalt einzig und allein auf die Kriegeszurüstungen, und dieses mit dem größten Eifer; lässet sechs und dreyßig große Kriegsschiffe bauen, davon er einen Theil gegen die Venetianer, den andern aber gegen die Russen bestimmet hatte (denn diese hatten seit der Eroberung von Aßak ange- fangen, in dem schwarzen Meere eine Flote zu bauen), nebst noch einer großen Anzahl Galeen und Galioten; beehret den Admiral Mezzomorto, der in Schiffs- kleidern einherginge, mit dreyen Tug, und träget ihm die Befehlhabung über das ganze Meer und alle Eyländer auf; lässet auch den übrigen Seebefehl- habern, die sich in dem vorigen Feldzuge besonders hervorgethan hatten, ansehnliche Geschenke reichen. Zur Ergänzung seines Kriegesheeres wir- bet derselbe zwölf tausend Jamadschi Jeng-itscheri 12 und acht tausend [Spaltenumbruch]
welches gemeiniglich alsdann geschiehet, wann sie nach einer neueroberten Stadt zur Besat- zung geschicket werden. Denn wenn man zum Beyspiele sechs tausend Mann nöthig [Spaltenumbruch] hat: so werden nicht über zwo oder drey Oda aus den Odschaken genommen. Da nun diese nicht über drey tausend Mann aus- machen: so werden die übrigen drey tausend
Le-
* 116 S. 8 Anm. und 150 S. 10 Num.
4 P 3
22. Muſtaͤfa der II
des Kapudans in Verwunderung und Erſtaunen geſetzet wurden: ſo wagten ſie es nicht, mit demſelben anzubinden. Es beobachtete alſo bloß ein Theil das Vorhaben des andern; daher keiner von ihnen das ganze Jahr hindurch etwas Merkwuͤrdiges verrichtete.
27.
Nachdem diejenigen Monate, die ſich zu Kriegesverrichtungen ſchic-Der Sultan kehret im Tri- umphe nach Con- ſtantinopel zu- ruͤck. ken, vorbey waren: ſo fuͤhrete Muſtaͤfa ſein Heer wieder nach Adrianopel zu- ruͤck; ließ hierauf ſeine Truppen aus einander gehen, und begab ſich nach Con- ſtantinopel. Hier hielte derſelbe ſeinen Einzug mit ſolchem Prachte, daß, wenn man auf die Herrlichkeit deſſelben allein haͤtte ſehen wollen, man haͤtte glauben muͤſſen, daß ſeine Siege die Thaten der Eroberer von Conſtantinopel, Ungarn und Aegypten weit uͤbertraͤfen. Die groͤßte Zierde dieſes Triumphs waren die vier und zwanzig Stuͤcke, die den Deutſchen in dieſem Feldzuge waren abge- nommen worden. Dieſe machten den Hauptzug aus, und hierauf folgten ver- ſchiedene vornehme Gefangenen, die ſie in dem vorigen Treffen mit Veterani gemacht hatten.
28.
Den dritten Tag nach dieſem oͤffentlichen Einzuge beſuchte der Sul-Der Sultan wird mit einem Schwerte um- guͤrtet, und laͤſ- ſet große Krie- geszuruͤſtungen machen. tan das Grabmal Ebu Ejjub Enſari mit großer Andachtsbezeigung, und ließ ſich, nach der Gewohnheit der tuͤrkiſchen Sultane, von dem Schejch des daſigen Dſchami ein Schwert anguͤrten*. Nachdem dieſe Feierlichkeiten vorbey waren: ſo richtet er alle ſeine Sorgfalt einzig und allein auf die Kriegeszuruͤſtungen, und dieſes mit dem groͤßten Eifer; laͤſſet ſechs und dreyßig große Kriegsſchiffe bauen, davon er einen Theil gegen die Venetianer, den andern aber gegen die Ruſſen beſtimmet hatte (denn dieſe hatten ſeit der Eroberung von Aßak ange- fangen, in dem ſchwarzen Meere eine Flote zu bauen), nebſt noch einer großen Anzahl Galeen und Galioten; beehret den Admiral Mezzomorto, der in Schiffs- kleidern einherginge, mit dreyen Tug, und traͤget ihm die Befehlhabung uͤber das ganze Meer und alle Eylaͤnder auf; laͤſſet auch den uͤbrigen Seebefehl- habern, die ſich in dem vorigen Feldzuge beſonders hervorgethan hatten, anſehnliche Geſchenke reichen. Zur Ergaͤnzung ſeines Kriegesheeres wir- bet derſelbe zwoͤlf tauſend Jamadſchi Jeng-itſcheri 12 und acht tauſend [Spaltenumbruch]
welches gemeiniglich alsdann geſchiehet, wann ſie nach einer neueroberten Stadt zur Beſat- zung geſchicket werden. Denn wenn man zum Beyſpiele ſechs tauſend Mann noͤthig [Spaltenumbruch] hat: ſo werden nicht uͤber zwo oder drey Oda aus den Odſchaken genommen. Da nun dieſe nicht uͤber drey tauſend Mann aus- machen: ſo werden die uͤbrigen drey tauſend
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* 116 S. 8 Anm. und 150 S. 10 Num.
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22. Muſtaͤfa der II
des Kapudans in Verwunderung und Erſtaunen geſetzet wurden: ſo wagten
ſie es nicht, mit demſelben anzubinden. Es beobachtete alſo bloß ein Theil
das Vorhaben des andern; daher keiner von ihnen das ganze Jahr hindurch
etwas Merkwuͤrdiges verrichtete.
27. Nachdem diejenigen Monate, die ſich zu Kriegesverrichtungen ſchic-
ken, vorbey waren: ſo fuͤhrete Muſtaͤfa ſein Heer wieder nach Adrianopel zu-
ruͤck; ließ hierauf ſeine Truppen aus einander gehen, und begab ſich nach Con-
ſtantinopel. Hier hielte derſelbe ſeinen Einzug mit ſolchem Prachte, daß, wenn
man auf die Herrlichkeit deſſelben allein haͤtte ſehen wollen, man haͤtte glauben
muͤſſen, daß ſeine Siege die Thaten der Eroberer von Conſtantinopel, Ungarn
und Aegypten weit uͤbertraͤfen. Die groͤßte Zierde dieſes Triumphs waren die
vier und zwanzig Stuͤcke, die den Deutſchen in dieſem Feldzuge waren abge-
nommen worden. Dieſe machten den Hauptzug aus, und hierauf folgten ver-
ſchiedene vornehme Gefangenen, die ſie in dem vorigen Treffen mit Veterani
gemacht hatten.
Der Sultan
kehret im Tri-
umphe nach Con-
ſtantinopel zu-
ruͤck.
28. Den dritten Tag nach dieſem oͤffentlichen Einzuge beſuchte der Sul-
tan das Grabmal Ebu Ejjub Enſari mit großer Andachtsbezeigung, und ließ
ſich, nach der Gewohnheit der tuͤrkiſchen Sultane, von dem Schejch des daſigen
Dſchami ein Schwert anguͤrten *. Nachdem dieſe Feierlichkeiten vorbey waren:
ſo richtet er alle ſeine Sorgfalt einzig und allein auf die Kriegeszuruͤſtungen,
und dieſes mit dem groͤßten Eifer; laͤſſet ſechs und dreyßig große Kriegsſchiffe
bauen, davon er einen Theil gegen die Venetianer, den andern aber gegen die
Ruſſen beſtimmet hatte (denn dieſe hatten ſeit der Eroberung von Aßak ange-
fangen, in dem ſchwarzen Meere eine Flote zu bauen), nebſt noch einer großen
Anzahl Galeen und Galioten; beehret den Admiral Mezzomorto, der in Schiffs-
kleidern einherginge, mit dreyen Tug, und traͤget ihm die Befehlhabung uͤber
das ganze Meer und alle Eylaͤnder auf; laͤſſet auch den uͤbrigen Seebefehl-
habern, die ſich in dem vorigen Feldzuge beſonders hervorgethan hatten,
anſehnliche Geſchenke reichen. Zur Ergaͤnzung ſeines Kriegesheeres wir-
bet derſelbe zwoͤlf tauſend Jamadſchi Jeng-itſcheri
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und acht tauſend
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welches gemeiniglich alsdann geſchiehet, wann
ſie nach einer neueroberten Stadt zur Beſat-
zung geſchicket werden. Denn wenn man
zum Beyſpiele ſechs tauſend Mann noͤthig
hat: ſo werden nicht uͤber zwo oder drey
Oda aus den Odſchaken genommen. Da
nun dieſe nicht uͤber drey tauſend Mann aus-
machen: ſo werden die uͤbrigen drey tauſend
aus
Der Sultan
wird mit einem
Schwerte um-
guͤrtet, und laͤſ-
ſet große Krie-
geszuruͤſtungen
machen.
* 116 S. 8 Anm. und 150 S. 10 Num.
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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 669. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/783>, abgerufen am 22.11.2024.
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