Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

Bild:
<< vorherige Seite
Osmanische Geschichte
[Spaltenumbruch]
prächtige Malzeit zurichten, und giebt seinen
Agalar Befehl, so bald der Müfti komme,
sich in ihre Zimmer zu begeben; denn er habe
etwas Geheimes mit ihm zu verhandeln.
Am folgenden Morgen bey anbrechendem Tage
schicket er seinen Kjihaja, Topal Ibrahim Aga,
ab, den Müfti abermals einzuladen, und zu
erfahren, ob derselbe gewiß kommen werde.
Ibrahim kommt also zu dem Müfti, und rich-
tet ihm seine aufhabende Botschaft aus; für
sich aber giebt er demselben den Rath, sich
in Acht zu nehmen; denn es seyen Leute be-
stellet und bereit, ihn zu erdrosseln. Hierauf
saget der Müfti zu dem Kjihaja: Gehet hin
und saget eurem Herrn, ich befände mich heute
weit besser, als gestern, und wollte um Mit-
tage gewiß bey ihm seyn; ich werde aber
durch Gottes Hülfe Mittel und Wege finden,
seinem Netze zu entgehen. Der verrätherische
Kjihaja kommt zurück und bringet dem Weßi-
re des Müftis Antwort: darüber der Weßir
höchstvergnügt ist, weil er sich einbildet, er
habe die vornehmste Hinderniß seines Vorha-
bens bereits in seinem Garne, und daher alle
Anstalten zu dem Trauerspiele machet. In-
dessen kommt die Mittagszeit herbey; es will
aber kein Müfti erscheinen: so daß der unge-
duldige Daltaban eben im Begriffe ist, den
Rejs Efendi zu ihm zu schicken und ihn noch-
mals einladen zu lassen, als des Müftis Tel-
chistschi kommt und Daltaban die Nachricht
bringet; als sein Herr bereits in seine Sänfte
gestiegen gewesen sey, um sich zu ihm tragen
zu lassen: so habe der Sultan ihn zu sich
berufen lassen. Weil er nun dagegen sich
auf keinerley Weise entschuldigen noch eini-
gen Vorwand gebrauchen können: so habe
er sich zu demselben begeben; er wolle aber
seinen ältesten Sohn, Näkib Efendi, an seine
Statt senden, und ersuche ihn daher, seine
Malzeit für ihn bis auf die künftige Woche
aufzuschieben: denn eben bis dahin hoffe er
Gelegenheit zu bekommen, ihn in seinem Weßir-
[Spaltenumbruch]
amte bestätiget zu sehen, und ein Mittel aus-
fündig zu machen, seine Feinde aus dem Wege
zu räumen. Kaum hat der Telchistschi diese
Botschaft ausgerichtet: so stellet sich Näkib
Efendi selbst ein, und bringet eben dieselbe
Entschuldigung wegen seines Vaters vor.
Ungeachtet nun Daltaban einen innigen Ver-
druß darüber schöpfet, daß der Müfti solcher-
gestalt seiner Schlinge entrinnen sollte: so
empfänget er dennoch, aus Besorgung, er
möchte sonst sein Vorhaben zur Unzeit offen-
baren, Näkib Efendi mit den größten Ehrenbe-
zeigungen und dem größten Prachte, gehet ihm
gegen die Gewohnheit bis in Aerßodasi* ent-
gegen, und saget zu demselben; die Gegen-
wart des Sohnes sey ihm eben so angenehm,
als des Vaters seine: des Sultans Befehle
müssen allerdings allen besondern Geschäfften
vorgezogen werden: und dazu sey ihm die
Ehre, die ihm zugedacht gewesen, nicht ganz
entzogen, sondern nur aufgeschoben worden;
denn er hoffe, den Müfti am zukünftigen
Donnerstage bey sich zu sehen. Mittler-
weile, da der Sohn bey Daltaban zur Mal-
zeit ist, begiebt sich der Vater zu dem Sultane,
mit einem traurigen Aufzuge und Angesichte.
Nachdem er ihm seine Ehrerbietigkeit bezeiget
hatte: so heißet ihn derselbe, sich auf den
Ihram oder Teppich niederzusetzen. Der
Sultan fänget zuerst an zu reden, und fraget
ihn: was doch die Ursache sey, daß er mit
einem so traurigen Ansehen komme, eben als
wenn er einen Schrecken gehabt hätte?
Hierauf nimmt der Müfti Gelegenheit zu spre-
chen, und fänget an: "Ich habe sehr große
"Ursache traurig zu seyn, allergnädigster
"Kaiser und Herr. Es schwebet eine Ge-
"fahr über unser aller Häuptern, die zwar
"verborgen, aber dennoch sehr groß ist und
"kaum zu vermeiden seyn wird, wenn nicht
"die drohenden Wolken durch den Athem
"eurer Majestät zertheilet werden, ehe der
"Blitz herunter fähret. Was mir dabey
"am
* bis in den Gehörsal.
Osmaniſche Geſchichte
[Spaltenumbruch]
praͤchtige Malzeit zurichten, und giebt ſeinen
Agalar Befehl, ſo bald der Muͤfti komme,
ſich in ihre Zimmer zu begeben; denn er habe
etwas Geheimes mit ihm zu verhandeln.
Am folgenden Morgen bey anbrechendem Tage
ſchicket er ſeinen Kjihaja, Topal Ibrahim Aga,
ab, den Muͤfti abermals einzuladen, und zu
erfahren, ob derſelbe gewiß kommen werde.
Ibrahim kommt alſo zu dem Muͤfti, und rich-
tet ihm ſeine aufhabende Botſchaft aus; fuͤr
ſich aber giebt er demſelben den Rath, ſich
in Acht zu nehmen; denn es ſeyen Leute be-
ſtellet und bereit, ihn zu erdroſſeln. Hierauf
ſaget der Muͤfti zu dem Kjihaja: Gehet hin
und ſaget eurem Herrn, ich befaͤnde mich heute
weit beſſer, als geſtern, und wollte um Mit-
tage gewiß bey ihm ſeyn; ich werde aber
durch Gottes Huͤlfe Mittel und Wege finden,
ſeinem Netze zu entgehen. Der verraͤtheriſche
Kjihaja kommt zuruͤck und bringet dem Weßi-
re des Muͤftis Antwort: daruͤber der Weßir
hoͤchſtvergnuͤgt iſt, weil er ſich einbildet, er
habe die vornehmſte Hinderniß ſeines Vorha-
bens bereits in ſeinem Garne, und daher alle
Anſtalten zu dem Trauerſpiele machet. In-
deſſen kommt die Mittagszeit herbey; es will
aber kein Muͤfti erſcheinen: ſo daß der unge-
duldige Daltaban eben im Begriffe iſt, den
Rejs Efendi zu ihm zu ſchicken und ihn noch-
mals einladen zu laſſen, als des Muͤftis Tel-
chistſchi kommt und Daltaban die Nachricht
bringet; als ſein Herr bereits in ſeine Saͤnfte
geſtiegen geweſen ſey, um ſich zu ihm tragen
zu laſſen: ſo habe der Sultan ihn zu ſich
berufen laſſen. Weil er nun dagegen ſich
auf keinerley Weiſe entſchuldigen noch eini-
gen Vorwand gebrauchen koͤnnen: ſo habe
er ſich zu demſelben begeben; er wolle aber
ſeinen aͤlteſten Sohn, Naͤkib Efendi, an ſeine
Statt ſenden, und erſuche ihn daher, ſeine
Malzeit fuͤr ihn bis auf die kuͤnftige Woche
aufzuſchieben: denn eben bis dahin hoffe er
Gelegenheit zu bekommen, ihn in ſeinem Weßir-
[Spaltenumbruch]
amte beſtaͤtiget zu ſehen, und ein Mittel aus-
fuͤndig zu machen, ſeine Feinde aus dem Wege
zu raͤumen. Kaum hat der Telchistſchi dieſe
Botſchaft ausgerichtet: ſo ſtellet ſich Naͤkib
Efendi ſelbſt ein, und bringet eben dieſelbe
Entſchuldigung wegen ſeines Vaters vor.
Ungeachtet nun Daltaban einen innigen Ver-
druß daruͤber ſchoͤpfet, daß der Muͤfti ſolcher-
geſtalt ſeiner Schlinge entrinnen ſollte: ſo
empfaͤnget er dennoch, aus Beſorgung, er
moͤchte ſonſt ſein Vorhaben zur Unzeit offen-
baren, Naͤkib Efendi mit den groͤßten Ehrenbe-
zeigungen und dem groͤßten Prachte, gehet ihm
gegen die Gewohnheit bis in Aerßodaſi* ent-
gegen, und ſaget zu demſelben; die Gegen-
wart des Sohnes ſey ihm eben ſo angenehm,
als des Vaters ſeine: des Sultans Befehle
muͤſſen allerdings allen beſondern Geſchaͤfften
vorgezogen werden: und dazu ſey ihm die
Ehre, die ihm zugedacht geweſen, nicht ganz
entzogen, ſondern nur aufgeſchoben worden;
denn er hoffe, den Muͤfti am zukuͤnftigen
Donnerstage bey ſich zu ſehen. Mittler-
weile, da der Sohn bey Daltaban zur Mal-
zeit iſt, begiebt ſich der Vater zu dem Sultane,
mit einem traurigen Aufzuge und Angeſichte.
Nachdem er ihm ſeine Ehrerbietigkeit bezeiget
hatte: ſo heißet ihn derſelbe, ſich auf den
Ihram oder Teppich niederzuſetzen. Der
Sultan faͤnget zuerſt an zu reden, und fraget
ihn: was doch die Urſache ſey, daß er mit
einem ſo traurigen Anſehen komme, eben als
wenn er einen Schrecken gehabt haͤtte?
Hierauf nimmt der Muͤfti Gelegenheit zu ſpre-
chen, und faͤnget an: “Ich habe ſehr große
“Urſache traurig zu ſeyn, allergnaͤdigſter
“Kaiſer und Herr. Es ſchwebet eine Ge-
“fahr uͤber unſer aller Haͤuptern, die zwar
“verborgen, aber dennoch ſehr groß iſt und
“kaum zu vermeiden ſeyn wird, wenn nicht
“die drohenden Wolken durch den Athem
“eurer Majeſtaͤt zertheilet werden, ehe der
“Blitz herunter faͤhret. Was mir dabey
“am
* bis in den Gehoͤrſal.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0816" n="702"/>
            <fw place="top" type="header">Osmani&#x017F;che Ge&#x017F;chichte</fw><lb/>
            <cb n="1"/><lb/>
            <note xml:id="K816" prev="#K815" place="end" next="#K817">pra&#x0364;chtige Malzeit zurichten, und giebt &#x017F;einen<lb/>
Agalar Befehl, &#x017F;o bald der Mu&#x0364;fti komme,<lb/>
&#x017F;ich in ihre Zimmer zu begeben; denn er habe<lb/>
etwas Geheimes mit ihm zu verhandeln.<lb/>
Am folgenden Morgen bey anbrechendem Tage<lb/>
&#x017F;chicket er &#x017F;einen Kjihaja, Topal Ibrahim Aga,<lb/>
ab, den Mu&#x0364;fti abermals einzuladen, und zu<lb/>
erfahren, ob der&#x017F;elbe gewiß kommen werde.<lb/>
Ibrahim kommt al&#x017F;o zu dem Mu&#x0364;fti, und rich-<lb/>
tet ihm &#x017F;eine aufhabende Bot&#x017F;chaft aus; fu&#x0364;r<lb/>
&#x017F;ich aber giebt er dem&#x017F;elben den Rath, &#x017F;ich<lb/>
in Acht zu nehmen; denn es &#x017F;eyen Leute be-<lb/>
&#x017F;tellet und bereit, ihn zu erdro&#x017F;&#x017F;eln. Hierauf<lb/>
&#x017F;aget der Mu&#x0364;fti zu dem Kjihaja: Gehet hin<lb/>
und &#x017F;aget eurem Herrn, ich befa&#x0364;nde mich heute<lb/>
weit be&#x017F;&#x017F;er, als ge&#x017F;tern, und wollte um Mit-<lb/>
tage gewiß bey ihm &#x017F;eyn; ich werde aber<lb/>
durch Gottes Hu&#x0364;lfe Mittel und Wege finden,<lb/>
&#x017F;einem Netze zu entgehen. Der verra&#x0364;theri&#x017F;che<lb/>
Kjihaja kommt zuru&#x0364;ck und bringet dem Weßi-<lb/>
re des Mu&#x0364;ftis Antwort: daru&#x0364;ber der Weßir<lb/>
ho&#x0364;ch&#x017F;tvergnu&#x0364;gt i&#x017F;t, weil er &#x017F;ich einbildet, er<lb/>
habe die vornehm&#x017F;te Hinderniß &#x017F;eines Vorha-<lb/>
bens bereits in &#x017F;einem Garne, und daher alle<lb/>
An&#x017F;talten zu dem Trauer&#x017F;piele machet. In-<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en kommt die Mittagszeit herbey; es will<lb/>
aber kein Mu&#x0364;fti er&#x017F;cheinen: &#x017F;o daß der unge-<lb/>
duldige Daltaban eben im Begriffe i&#x017F;t, den<lb/>
Rejs Efendi zu ihm zu &#x017F;chicken und ihn noch-<lb/>
mals einladen zu la&#x017F;&#x017F;en, als des Mu&#x0364;ftis Tel-<lb/>
chist&#x017F;chi kommt und Daltaban die Nachricht<lb/>
bringet; als &#x017F;ein Herr bereits in &#x017F;eine Sa&#x0364;nfte<lb/>
ge&#x017F;tiegen gewe&#x017F;en &#x017F;ey, um &#x017F;ich zu ihm tragen<lb/>
zu la&#x017F;&#x017F;en: &#x017F;o habe der Sultan ihn zu &#x017F;ich<lb/>
berufen la&#x017F;&#x017F;en. Weil er nun dagegen &#x017F;ich<lb/>
auf keinerley Wei&#x017F;e ent&#x017F;chuldigen noch eini-<lb/>
gen Vorwand gebrauchen ko&#x0364;nnen: &#x017F;o habe<lb/>
er &#x017F;ich zu dem&#x017F;elben begeben; er wolle aber<lb/>
&#x017F;einen a&#x0364;lte&#x017F;ten Sohn, Na&#x0364;kib Efendi, an &#x017F;eine<lb/>
Statt &#x017F;enden, und er&#x017F;uche ihn daher, &#x017F;eine<lb/>
Malzeit fu&#x0364;r ihn bis auf die ku&#x0364;nftige Woche<lb/>
aufzu&#x017F;chieben: denn eben bis dahin hoffe er<lb/>
Gelegenheit zu bekommen, ihn in &#x017F;einem Weßir-<lb/><cb n="2"/><lb/>
amte be&#x017F;ta&#x0364;tiget zu &#x017F;ehen, und ein Mittel aus-<lb/>
fu&#x0364;ndig zu machen, &#x017F;eine Feinde aus dem Wege<lb/>
zu ra&#x0364;umen. Kaum hat der Telchist&#x017F;chi die&#x017F;e<lb/>
Bot&#x017F;chaft ausgerichtet: &#x017F;o &#x017F;tellet &#x017F;ich Na&#x0364;kib<lb/>
Efendi &#x017F;elb&#x017F;t ein, und bringet eben die&#x017F;elbe<lb/>
Ent&#x017F;chuldigung wegen &#x017F;eines Vaters vor.<lb/>
Ungeachtet nun Daltaban einen innigen Ver-<lb/>
druß daru&#x0364;ber &#x017F;cho&#x0364;pfet, daß der Mu&#x0364;fti &#x017F;olcher-<lb/>
ge&#x017F;talt &#x017F;einer Schlinge entrinnen &#x017F;ollte: &#x017F;o<lb/>
empfa&#x0364;nget er dennoch, aus Be&#x017F;orgung, er<lb/>
mo&#x0364;chte &#x017F;on&#x017F;t &#x017F;ein Vorhaben zur Unzeit offen-<lb/>
baren, Na&#x0364;kib Efendi mit den gro&#x0364;ßten Ehrenbe-<lb/>
zeigungen und dem gro&#x0364;ßten Prachte, gehet ihm<lb/>
gegen die Gewohnheit bis in Aerßoda&#x017F;i<note place="foot" n="*">bis in den Geho&#x0364;r&#x017F;al.</note> ent-<lb/>
gegen, und &#x017F;aget zu dem&#x017F;elben; die Gegen-<lb/>
wart des Sohnes &#x017F;ey ihm eben &#x017F;o angenehm,<lb/>
als des Vaters &#x017F;eine: des Sultans Befehle<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en allerdings allen be&#x017F;ondern Ge&#x017F;cha&#x0364;fften<lb/>
vorgezogen werden: und dazu &#x017F;ey ihm die<lb/>
Ehre, die ihm zugedacht gewe&#x017F;en, nicht ganz<lb/>
entzogen, &#x017F;ondern nur aufge&#x017F;choben worden;<lb/>
denn er hoffe, den Mu&#x0364;fti am zuku&#x0364;nftigen<lb/>
Donnerstage bey &#x017F;ich zu &#x017F;ehen. Mittler-<lb/>
weile, da der Sohn bey Daltaban zur Mal-<lb/>
zeit i&#x017F;t, begiebt &#x017F;ich der Vater zu dem Sultane,<lb/>
mit einem traurigen Aufzuge und Ange&#x017F;ichte.<lb/>
Nachdem er ihm &#x017F;eine Ehrerbietigkeit bezeiget<lb/>
hatte: &#x017F;o heißet ihn der&#x017F;elbe, &#x017F;ich auf den<lb/>
Ihram oder Teppich niederzu&#x017F;etzen. Der<lb/>
Sultan fa&#x0364;nget zuer&#x017F;t an zu reden, und fraget<lb/>
ihn: was doch die Ur&#x017F;ache &#x017F;ey, daß er mit<lb/>
einem &#x017F;o traurigen An&#x017F;ehen komme, eben als<lb/>
wenn er einen Schrecken gehabt ha&#x0364;tte?<lb/>
Hierauf nimmt der Mu&#x0364;fti Gelegenheit zu &#x017F;pre-<lb/>
chen, und fa&#x0364;nget an: &#x201C;Ich habe &#x017F;ehr große<lb/>
&#x201C;Ur&#x017F;ache traurig zu &#x017F;eyn, allergna&#x0364;dig&#x017F;ter<lb/>
&#x201C;Kai&#x017F;er und Herr. Es &#x017F;chwebet eine Ge-<lb/>
&#x201C;fahr u&#x0364;ber un&#x017F;er aller Ha&#x0364;uptern, die zwar<lb/>
&#x201C;verborgen, aber dennoch &#x017F;ehr groß i&#x017F;t und<lb/>
&#x201C;kaum zu vermeiden &#x017F;eyn wird, wenn nicht<lb/>
&#x201C;die drohenden Wolken durch den Athem<lb/>
&#x201C;eurer Maje&#x017F;ta&#x0364;t zertheilet werden, ehe der<lb/>
&#x201C;Blitz herunter fa&#x0364;hret. Was mir dabey</note><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">&#x201C;am</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[702/0816] Osmaniſche Geſchichte praͤchtige Malzeit zurichten, und giebt ſeinen Agalar Befehl, ſo bald der Muͤfti komme, ſich in ihre Zimmer zu begeben; denn er habe etwas Geheimes mit ihm zu verhandeln. Am folgenden Morgen bey anbrechendem Tage ſchicket er ſeinen Kjihaja, Topal Ibrahim Aga, ab, den Muͤfti abermals einzuladen, und zu erfahren, ob derſelbe gewiß kommen werde. Ibrahim kommt alſo zu dem Muͤfti, und rich- tet ihm ſeine aufhabende Botſchaft aus; fuͤr ſich aber giebt er demſelben den Rath, ſich in Acht zu nehmen; denn es ſeyen Leute be- ſtellet und bereit, ihn zu erdroſſeln. Hierauf ſaget der Muͤfti zu dem Kjihaja: Gehet hin und ſaget eurem Herrn, ich befaͤnde mich heute weit beſſer, als geſtern, und wollte um Mit- tage gewiß bey ihm ſeyn; ich werde aber durch Gottes Huͤlfe Mittel und Wege finden, ſeinem Netze zu entgehen. Der verraͤtheriſche Kjihaja kommt zuruͤck und bringet dem Weßi- re des Muͤftis Antwort: daruͤber der Weßir hoͤchſtvergnuͤgt iſt, weil er ſich einbildet, er habe die vornehmſte Hinderniß ſeines Vorha- bens bereits in ſeinem Garne, und daher alle Anſtalten zu dem Trauerſpiele machet. In- deſſen kommt die Mittagszeit herbey; es will aber kein Muͤfti erſcheinen: ſo daß der unge- duldige Daltaban eben im Begriffe iſt, den Rejs Efendi zu ihm zu ſchicken und ihn noch- mals einladen zu laſſen, als des Muͤftis Tel- chistſchi kommt und Daltaban die Nachricht bringet; als ſein Herr bereits in ſeine Saͤnfte geſtiegen geweſen ſey, um ſich zu ihm tragen zu laſſen: ſo habe der Sultan ihn zu ſich berufen laſſen. Weil er nun dagegen ſich auf keinerley Weiſe entſchuldigen noch eini- gen Vorwand gebrauchen koͤnnen: ſo habe er ſich zu demſelben begeben; er wolle aber ſeinen aͤlteſten Sohn, Naͤkib Efendi, an ſeine Statt ſenden, und erſuche ihn daher, ſeine Malzeit fuͤr ihn bis auf die kuͤnftige Woche aufzuſchieben: denn eben bis dahin hoffe er Gelegenheit zu bekommen, ihn in ſeinem Weßir- amte beſtaͤtiget zu ſehen, und ein Mittel aus- fuͤndig zu machen, ſeine Feinde aus dem Wege zu raͤumen. Kaum hat der Telchistſchi dieſe Botſchaft ausgerichtet: ſo ſtellet ſich Naͤkib Efendi ſelbſt ein, und bringet eben dieſelbe Entſchuldigung wegen ſeines Vaters vor. Ungeachtet nun Daltaban einen innigen Ver- druß daruͤber ſchoͤpfet, daß der Muͤfti ſolcher- geſtalt ſeiner Schlinge entrinnen ſollte: ſo empfaͤnget er dennoch, aus Beſorgung, er moͤchte ſonſt ſein Vorhaben zur Unzeit offen- baren, Naͤkib Efendi mit den groͤßten Ehrenbe- zeigungen und dem groͤßten Prachte, gehet ihm gegen die Gewohnheit bis in Aerßodaſi * ent- gegen, und ſaget zu demſelben; die Gegen- wart des Sohnes ſey ihm eben ſo angenehm, als des Vaters ſeine: des Sultans Befehle muͤſſen allerdings allen beſondern Geſchaͤfften vorgezogen werden: und dazu ſey ihm die Ehre, die ihm zugedacht geweſen, nicht ganz entzogen, ſondern nur aufgeſchoben worden; denn er hoffe, den Muͤfti am zukuͤnftigen Donnerstage bey ſich zu ſehen. Mittler- weile, da der Sohn bey Daltaban zur Mal- zeit iſt, begiebt ſich der Vater zu dem Sultane, mit einem traurigen Aufzuge und Angeſichte. Nachdem er ihm ſeine Ehrerbietigkeit bezeiget hatte: ſo heißet ihn derſelbe, ſich auf den Ihram oder Teppich niederzuſetzen. Der Sultan faͤnget zuerſt an zu reden, und fraget ihn: was doch die Urſache ſey, daß er mit einem ſo traurigen Anſehen komme, eben als wenn er einen Schrecken gehabt haͤtte? Hierauf nimmt der Muͤfti Gelegenheit zu ſpre- chen, und faͤnget an: “Ich habe ſehr große “Urſache traurig zu ſeyn, allergnaͤdigſter “Kaiſer und Herr. Es ſchwebet eine Ge- “fahr uͤber unſer aller Haͤuptern, die zwar “verborgen, aber dennoch ſehr groß iſt und “kaum zu vermeiden ſeyn wird, wenn nicht “die drohenden Wolken durch den Athem “eurer Majeſtaͤt zertheilet werden, ehe der “Blitz herunter faͤhret. Was mir dabey “am * bis in den Gehoͤrſal.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/816
Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 702. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/816>, abgerufen am 22.11.2024.