der ihm zunächst liegenden Organe ab, und sind namentlich merkwürdig, in wiefern wir die meisten derselben bey an- gehender Schwangerschaft wieder finden. Am Uterus näm- lich bemerken wir zu dieser Zeit ein Aufschwellen seiner Wandungen, und insbesondre der Vaginalportion, tie- feres Herabsinken desselben ins Becken, Umänderung der Querspalte des Muttermundes in eine rundliche Oeffnung. Die Empfindungen, welche diese Formänderung begleiten, sind Druck und Spannung im Becken, erhöhter Begattungs- trieb, Drängen auf den Urin mit oft veränderter Qualität desselben, Turgeszenz und erhöhte Wärme in den äußern Genitalien und der Vagina, verbunden mit vermehrter Schleimabsonderung in letzterer. Zugleich nehmen die Brüste auch an dieser Erregung des Uterus Antheil, schwellen an, erregen Stechen, ja kommen wohl, namentlich bey etwas verzögertem Eintritt des Monatsflußes, zur wirklichen Milch- absonderung.
§. 121.
Das Lebensalter nun, wo unter solchen Zeichen die Regeln wirklich erscheinen, zeigt in verschiedenen Ländern und Climaten, nach verschiedener Lebensweise und Constitution, die größte Verschiedenheit. Für unser Clima dürfte als mitt- lere Zeit wohl ziemlich das funfzehnte Jahr als Norm gelten. Bey mehr verfeinerter luxuriöser Erziehung, zeitiger Anregung des Geschlechtstriebes, und sitzendem Stubenleben stellt sich indeß häufig auch bereits im zwölften oder dreizehnten Jahre die Menstruation ein, führt aber hier, so wie da, wo sie von sehr heißem Clima begünstigt ist, oder auch durch sehr kaltes Clima *) (wegen früher gehemmter Körperentwicklung) hervor- gerufen, bereits im achten oder zehnten Jahre erscheint, früh- zeitigeres Altern herbey. Der noch zeitigere Eintritt der Re- geln kann nur als krankhaft angesehen, und als solcher be- handelt werden.
*) Bey den Tartaren, Tongusen und Ostiaken, wie bey Negern und Chinesen werden die Mädchen sehr zeitig mannbar. S. Henke üb. d. Entwicklungen d. menschl. Organismus. S. 131.
der ihm zunaͤchſt liegenden Organe ab, und ſind namentlich merkwuͤrdig, in wiefern wir die meiſten derſelben bey an- gehender Schwangerſchaft wieder finden. Am Uterus naͤm- lich bemerken wir zu dieſer Zeit ein Aufſchwellen ſeiner Wandungen, und insbeſondre der Vaginalportion, tie- feres Herabſinken deſſelben ins Becken, Umaͤnderung der Querſpalte des Muttermundes in eine rundliche Oeffnung. Die Empfindungen, welche dieſe Formaͤnderung begleiten, ſind Druck und Spannung im Becken, erhoͤhter Begattungs- trieb, Draͤngen auf den Urin mit oft veraͤnderter Qualitaͤt deſſelben, Turgeszenz und erhoͤhte Waͤrme in den aͤußern Genitalien und der Vagina, verbunden mit vermehrter Schleimabſonderung in letzterer. Zugleich nehmen die Bruͤſte auch an dieſer Erregung des Uterus Antheil, ſchwellen an, erregen Stechen, ja kommen wohl, namentlich bey etwas verzoͤgertem Eintritt des Monatsflußes, zur wirklichen Milch- abſonderung.
§. 121.
Das Lebensalter nun, wo unter ſolchen Zeichen die Regeln wirklich erſcheinen, zeigt in verſchiedenen Laͤndern und Climaten, nach verſchiedener Lebensweiſe und Conſtitution, die groͤßte Verſchiedenheit. Fuͤr unſer Clima duͤrfte als mitt- lere Zeit wohl ziemlich das funfzehnte Jahr als Norm gelten. Bey mehr verfeinerter luxurioͤſer Erziehung, zeitiger Anregung des Geſchlechtstriebes, und ſitzendem Stubenleben ſtellt ſich indeß haͤufig auch bereits im zwoͤlften oder dreizehnten Jahre die Menſtruation ein, fuͤhrt aber hier, ſo wie da, wo ſie von ſehr heißem Clima beguͤnſtigt iſt, oder auch durch ſehr kaltes Clima *) (wegen fruͤher gehemmter Koͤrperentwicklung) hervor- gerufen, bereits im achten oder zehnten Jahre erſcheint, fruͤh- zeitigeres Altern herbey. Der noch zeitigere Eintritt der Re- geln kann nur als krankhaft angeſehen, und als ſolcher be- handelt werden.
*) Bey den Tartaren, Tonguſen und Oſtiaken, wie bey Negern und Chineſen werden die Maͤdchen ſehr zeitig mannbar. S. Henke uͤb. d. Entwicklungen d. menſchl. Organismus. S. 131.
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der ihm zunaͤchſt liegenden Organe ab, und ſind namentlich
merkwuͤrdig, in wiefern wir die meiſten derſelben bey an-
gehender Schwangerſchaft wieder finden. Am Uterus naͤm-
lich bemerken wir zu dieſer Zeit ein Aufſchwellen ſeiner
Wandungen, und insbeſondre der Vaginalportion, tie-
feres Herabſinken deſſelben ins Becken, Umaͤnderung der
Querſpalte des Muttermundes in eine rundliche Oeffnung.
Die Empfindungen, welche dieſe Formaͤnderung begleiten,
ſind Druck und Spannung im Becken, erhoͤhter Begattungs-
trieb, Draͤngen auf den Urin mit oft veraͤnderter Qualitaͤt
deſſelben, Turgeszenz und erhoͤhte Waͤrme in den aͤußern
Genitalien und der Vagina, verbunden mit vermehrter
Schleimabſonderung in letzterer. Zugleich nehmen die Bruͤſte
auch an dieſer Erregung des Uterus Antheil, ſchwellen an,
erregen Stechen, ja kommen wohl, namentlich bey etwas
verzoͤgertem Eintritt des Monatsflußes, zur wirklichen Milch-
abſonderung.
§. 121.
Das Lebensalter nun, wo unter ſolchen Zeichen die
Regeln wirklich erſcheinen, zeigt in verſchiedenen Laͤndern und
Climaten, nach verſchiedener Lebensweiſe und Conſtitution,
die groͤßte Verſchiedenheit. Fuͤr unſer Clima duͤrfte als mitt-
lere Zeit wohl ziemlich das funfzehnte Jahr als Norm gelten.
Bey mehr verfeinerter luxurioͤſer Erziehung, zeitiger Anregung des
Geſchlechtstriebes, und ſitzendem Stubenleben ſtellt ſich indeß
haͤufig auch bereits im zwoͤlften oder dreizehnten Jahre die
Menſtruation ein, fuͤhrt aber hier, ſo wie da, wo ſie von ſehr
heißem Clima beguͤnſtigt iſt, oder auch durch ſehr kaltes
Clima *) (wegen fruͤher gehemmter Koͤrperentwicklung) hervor-
gerufen, bereits im achten oder zehnten Jahre erſcheint, fruͤh-
zeitigeres Altern herbey. Der noch zeitigere Eintritt der Re-
geln kann nur als krankhaft angeſehen, und als ſolcher be-
handelt werden.
*) Bey den Tartaren, Tonguſen und Oſtiaken, wie bey Negern und
Chineſen werden die Maͤdchen ſehr zeitig mannbar. S. Henke uͤb.
d. Entwicklungen d. menſchl. Organismus. S. 131.
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/111>, abgerufen am 21.11.2024.
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