kommenen Zustand der Pubertät und Menstrualfunktion (wel- ches beydes hervorgehen kann theils aus mangelhafter Re- produktion im Allgemeinen und andern Krankheiten, theils aus mangelhafter Bildung und Erregung des Geschlechtssy- stems insbesondere; 3) (im Gegensatz zu den beiden vorigen und verwandt der zu zeitigen Pubertätsentwicklung) übermä- ßiges Hervortreten der Menstrualfunktion (theils durch zu reichliche allgemeine Stoffbildung, theils durch andere Krank- heiten, theils durch zu großes Ueberwiegen des Geschlechts- systems begründet); 4) plötzliche Hemmungen der Menstrual- funktion.
A.Mangelnde oder verzögerte Entwicklung der Menstrualfunktion.
§. 153.
Wie oben (§. 121.) bemerkt wurde, ist der Eintritt der Pubertät an kein bestimmtes Lebensalter festgebunden, sondern nach Clima, Nationalität, Lebensweise und Constitu- tion verschieden, und es kann folglich die Verzögerung die- ses Eintritts, dafern sie krankhaft genannt werden soll, nicht an den Jahren abgemessen, sondern nach dem Grade allge- meiner Körperausbildung bestimmt werden. Erscheint nämlich das gemeinsame Wachsthum ziemlich beendigt, kündigt sich das Bestreben der Natur zur Ausscheidung des im Körper überflüßig erzeugten Bildungsstoffes durch das Geschlechts- system, inmittelst mehrerer der oben (§. 119.) erwähnten Vorboten an, erscheint aber der Blutfluß demohnerachtet nicht, stellen sich vielmehr Störungen allgemeinen Wohlbe- findens ein, so haben wir den Zustand, welcher als verzö- gerte Entwicklung der Menstrualfunktion bezeichnet wird. Gänzlichen Mangel dieser Funktion finden wir entweder als Idiosyncrasie bey Personen, deren Pubertät allerdings sich entwickelt, obwohl durch eine sonderbare Naturverirrung ohne ihr äußerliches Zeichen (die Menstruation), wohin denn die Fälle gehören, wo zeugungsfähige Frauen entweder gar nicht oder höchstens nur während der Schwangerschaft men- struirten, oder zweitens bey Personen mit ganz unausgebil-
kommenen Zuſtand der Pubertaͤt und Menſtrualfunktion (wel- ches beydes hervorgehen kann theils aus mangelhafter Re- produktion im Allgemeinen und andern Krankheiten, theils aus mangelhafter Bildung und Erregung des Geſchlechtsſy- ſtems insbeſondere; 3) (im Gegenſatz zu den beiden vorigen und verwandt der zu zeitigen Pubertaͤtsentwicklung) uͤbermaͤ- ßiges Hervortreten der Menſtrualfunktion (theils durch zu reichliche allgemeine Stoffbildung, theils durch andere Krank- heiten, theils durch zu großes Ueberwiegen des Geſchlechts- ſyſtems begruͤndet); 4) ploͤtzliche Hemmungen der Menſtrual- funktion.
A.Mangelnde oder verzoͤgerte Entwicklung der Menſtrualfunktion.
§. 153.
Wie oben (§. 121.) bemerkt wurde, iſt der Eintritt der Pubertaͤt an kein beſtimmtes Lebensalter feſtgebunden, ſondern nach Clima, Nationalitaͤt, Lebensweiſe und Conſtitu- tion verſchieden, und es kann folglich die Verzoͤgerung die- ſes Eintritts, dafern ſie krankhaft genannt werden ſoll, nicht an den Jahren abgemeſſen, ſondern nach dem Grade allge- meiner Koͤrperausbildung beſtimmt werden. Erſcheint naͤmlich das gemeinſame Wachsthum ziemlich beendigt, kuͤndigt ſich das Beſtreben der Natur zur Ausſcheidung des im Koͤrper uͤberfluͤßig erzeugten Bildungsſtoffes durch das Geſchlechts- ſyſtem, inmittelſt mehrerer der oben (§. 119.) erwaͤhnten Vorboten an, erſcheint aber der Blutfluß demohnerachtet nicht, ſtellen ſich vielmehr Stoͤrungen allgemeinen Wohlbe- findens ein, ſo haben wir den Zuſtand, welcher als verzoͤ- gerte Entwicklung der Menſtrualfunktion bezeichnet wird. Gaͤnzlichen Mangel dieſer Funktion finden wir entweder als Idioſyncraſie bey Perſonen, deren Pubertaͤt allerdings ſich entwickelt, obwohl durch eine ſonderbare Naturverirrung ohne ihr aͤußerliches Zeichen (die Menſtruation), wohin denn die Faͤlle gehoͤren, wo zeugungsfaͤhige Frauen entweder gar nicht oder hoͤchſtens nur waͤhrend der Schwangerſchaft men- ſtruirten, oder zweitens bey Perſonen mit ganz unausgebil-
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kommenen Zuſtand der Pubertaͤt und Menſtrualfunktion (wel-
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ſtems insbeſondere; 3) (im Gegenſatz zu den beiden vorigen
und verwandt der zu zeitigen Pubertaͤtsentwicklung) uͤbermaͤ-
ßiges Hervortreten der Menſtrualfunktion (theils durch zu
reichliche allgemeine Stoffbildung, theils durch andere Krank-
heiten, theils durch zu großes Ueberwiegen des Geſchlechts-
ſyſtems begruͤndet); 4) ploͤtzliche Hemmungen der Menſtrual-
funktion.
A. Mangelnde oder verzoͤgerte Entwicklung der
Menſtrualfunktion.
§. 153.
Wie oben (§. 121.) bemerkt wurde, iſt der Eintritt
der Pubertaͤt an kein beſtimmtes Lebensalter feſtgebunden,
ſondern nach Clima, Nationalitaͤt, Lebensweiſe und Conſtitu-
tion verſchieden, und es kann folglich die Verzoͤgerung die-
ſes Eintritts, dafern ſie krankhaft genannt werden ſoll, nicht
an den Jahren abgemeſſen, ſondern nach dem Grade allge-
meiner Koͤrperausbildung beſtimmt werden. Erſcheint naͤmlich
das gemeinſame Wachsthum ziemlich beendigt, kuͤndigt ſich
das Beſtreben der Natur zur Ausſcheidung des im Koͤrper
uͤberfluͤßig erzeugten Bildungsſtoffes durch das Geſchlechts-
ſyſtem, inmittelſt mehrerer der oben (§. 119.) erwaͤhnten
Vorboten an, erſcheint aber der Blutfluß demohnerachtet
nicht, ſtellen ſich vielmehr Stoͤrungen allgemeinen Wohlbe-
findens ein, ſo haben wir den Zuſtand, welcher als verzoͤ-
gerte Entwicklung der Menſtrualfunktion bezeichnet wird.
Gaͤnzlichen Mangel dieſer Funktion finden wir entweder als
Idioſyncraſie bey Perſonen, deren Pubertaͤt allerdings ſich
entwickelt, obwohl durch eine ſonderbare Naturverirrung
ohne ihr aͤußerliches Zeichen (die Menſtruation), wohin denn
die Faͤlle gehoͤren, wo zeugungsfaͤhige Frauen entweder gar
nicht oder hoͤchſtens nur waͤhrend der Schwangerſchaft men-
ſtruirten, oder zweitens bey Perſonen mit ganz unausgebil-
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/135>, abgerufen am 21.11.2024.
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