Gesammtbefinden aber durch seinen kräftigern Stand je- nen örtlichen Mangel bald zu heben verspricht, der Krank- heitsverlauf kürzer und die Prognose günstiger seyn müsse, als wo bey einer durch scrofulöse Disposition, ungeordnete Diät, geschlechtliche Ausschweifungen untergrabenen Constitu- tion der normale periodische Blutandrang gegen das Sexual- system Hindernisse findet, und nun, sich gegen andere Or- gane wendend, die bedeutendsten Beschwerden, sowohl durch Congestionen als durch Nervenzufälle herbeygeführt hat. Am leichtesten endlich vorübergehend, und, wenn auch zuweilen mit augenblicklich heftigen Symptomen begleitet, doch bald durch zweckmäßige Hülfe zur Ordnung rückführbar, pflegt die unvollkommne Menstruation wegen überwiegender Arterien- thätigkeit zu seyn.
§. 181.
Was die einzelnen Formen der unvollkommnen Men- strualfunktion betrifft, so kann über sie allein eine besondere Bestimmung des Krankheitsverlaufs und der Prognose nicht Statt finden, in wiefern sie nur als äußere Zeichen der oben erwähnten ursächlichen Zustände angesehen werden dürfen, und man also z. B. nicht sagen kann, daß die spärliche Men- struation an und für sich leichter oder schwerer heilbar sey als die seltene, oder die mißfarbige, oder die schmerzhafte; wogegen es sich jedoch von selbst ergiebt, daß bey allen die- sen Zuständen die Heilung um so eher zu erwarten steht, je weniger eingewurzelt und verjährt, oder wohl gar durch erb- liche Anlagen begründet, dieselben erscheinen.
§. 182.
Wir kommen nun zu den Mitteln, welche die Kunst darbietet, um die Heilung des Krankheitszustandes, welcher durch unvollkommne Menstruation sich äußert, zu bewerkstel- ligen, und müssen hier wieder zwei Erinnerungen voraus- senden, erstens daß man, bevor man an eine solche Heilung denke, stets erwäge, ob die in einem gegebenen Falle be- merkte zu sparsame oder sonst unvollkommene Menstruation hier auch wirklich krankhaft genannt werden dürfe, oder nicht
Geſammtbefinden aber durch ſeinen kraͤftigern Stand je- nen oͤrtlichen Mangel bald zu heben verſpricht, der Krank- heitsverlauf kuͤrzer und die Prognoſe guͤnſtiger ſeyn muͤſſe, als wo bey einer durch ſcrofuloͤſe Dispoſition, ungeordnete Diaͤt, geſchlechtliche Ausſchweifungen untergrabenen Conſtitu- tion der normale periodiſche Blutandrang gegen das Sexual- ſyſtem Hinderniſſe findet, und nun, ſich gegen andere Or- gane wendend, die bedeutendſten Beſchwerden, ſowohl durch Congeſtionen als durch Nervenzufaͤlle herbeygefuͤhrt hat. Am leichteſten endlich voruͤbergehend, und, wenn auch zuweilen mit augenblicklich heftigen Symptomen begleitet, doch bald durch zweckmaͤßige Huͤlfe zur Ordnung ruͤckfuͤhrbar, pflegt die unvollkommne Menſtruation wegen uͤberwiegender Arterien- thaͤtigkeit zu ſeyn.
§. 181.
Was die einzelnen Formen der unvollkommnen Men- ſtrualfunktion betrifft, ſo kann uͤber ſie allein eine beſondere Beſtimmung des Krankheitsverlaufs und der Prognoſe nicht Statt finden, in wiefern ſie nur als aͤußere Zeichen der oben erwaͤhnten urſaͤchlichen Zuſtaͤnde angeſehen werden duͤrfen, und man alſo z. B. nicht ſagen kann, daß die ſpaͤrliche Men- ſtruation an und fuͤr ſich leichter oder ſchwerer heilbar ſey als die ſeltene, oder die mißfarbige, oder die ſchmerzhafte; wogegen es ſich jedoch von ſelbſt ergiebt, daß bey allen die- ſen Zuſtaͤnden die Heilung um ſo eher zu erwarten ſteht, je weniger eingewurzelt und verjaͤhrt, oder wohl gar durch erb- liche Anlagen begruͤndet, dieſelben erſcheinen.
§. 182.
Wir kommen nun zu den Mitteln, welche die Kunſt darbietet, um die Heilung des Krankheitszuſtandes, welcher durch unvollkommne Menſtruation ſich aͤußert, zu bewerkſtel- ligen, und muͤſſen hier wieder zwei Erinnerungen voraus- ſenden, erſtens daß man, bevor man an eine ſolche Heilung denke, ſtets erwaͤge, ob die in einem gegebenen Falle be- merkte zu ſparſame oder ſonſt unvollkommene Menſtruation hier auch wirklich krankhaft genannt werden duͤrfe, oder nicht
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><divn="7"><divn="8"><divn="9"><p><pbfacs="#f0156"n="136"/>
Geſammtbefinden aber durch ſeinen kraͤftigern Stand je-<lb/>
nen oͤrtlichen Mangel bald zu heben verſpricht, der Krank-<lb/>
heitsverlauf kuͤrzer und die Prognoſe guͤnſtiger ſeyn muͤſſe,<lb/>
als wo bey einer durch ſcrofuloͤſe Dispoſition, ungeordnete<lb/>
Diaͤt, geſchlechtliche Ausſchweifungen untergrabenen Conſtitu-<lb/>
tion der normale periodiſche Blutandrang gegen das Sexual-<lb/>ſyſtem Hinderniſſe findet, und nun, ſich gegen andere Or-<lb/>
gane wendend, die bedeutendſten Beſchwerden, ſowohl durch<lb/>
Congeſtionen als durch Nervenzufaͤlle herbeygefuͤhrt hat. Am<lb/>
leichteſten endlich voruͤbergehend, und, wenn auch zuweilen<lb/>
mit augenblicklich heftigen Symptomen begleitet, doch bald<lb/>
durch zweckmaͤßige Huͤlfe zur Ordnung ruͤckfuͤhrbar, pflegt<lb/>
die unvollkommne Menſtruation wegen uͤberwiegender Arterien-<lb/>
thaͤtigkeit zu ſeyn.</p></div><lb/><divn="9"><head>§. 181.</head><lb/><p>Was die einzelnen Formen der unvollkommnen Men-<lb/>ſtrualfunktion betrifft, ſo kann uͤber ſie allein eine beſondere<lb/>
Beſtimmung des Krankheitsverlaufs und der Prognoſe nicht<lb/>
Statt finden, in wiefern ſie nur als aͤußere Zeichen der oben<lb/>
erwaͤhnten urſaͤchlichen Zuſtaͤnde angeſehen werden duͤrfen, und<lb/>
man alſo z. B. nicht ſagen kann, daß die ſpaͤrliche Men-<lb/>ſtruation an und fuͤr ſich leichter oder ſchwerer heilbar ſey<lb/>
als die ſeltene, oder die mißfarbige, oder die ſchmerzhafte;<lb/>
wogegen es ſich jedoch von ſelbſt ergiebt, daß bey allen die-<lb/>ſen Zuſtaͤnden die Heilung um ſo eher zu erwarten ſteht, je<lb/>
weniger eingewurzelt und verjaͤhrt, oder wohl gar durch erb-<lb/>
liche Anlagen begruͤndet, dieſelben erſcheinen.</p></div><lb/><divn="9"><head>§. 182.</head><lb/><p>Wir kommen nun zu den Mitteln, welche die Kunſt<lb/>
darbietet, um die <hirendition="#g">Heilung</hi> des Krankheitszuſtandes, welcher<lb/>
durch unvollkommne Menſtruation ſich aͤußert, zu bewerkſtel-<lb/>
ligen, und muͤſſen hier wieder zwei Erinnerungen voraus-<lb/>ſenden, erſtens daß man, bevor man an eine ſolche Heilung<lb/>
denke, ſtets erwaͤge, ob die in einem gegebenen Falle be-<lb/>
merkte zu ſparſame oder ſonſt unvollkommene Menſtruation<lb/>
hier auch wirklich krankhaft genannt werden duͤrfe, oder nicht<lb/></p></div></div></div></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[136/0156]
Geſammtbefinden aber durch ſeinen kraͤftigern Stand je-
nen oͤrtlichen Mangel bald zu heben verſpricht, der Krank-
heitsverlauf kuͤrzer und die Prognoſe guͤnſtiger ſeyn muͤſſe,
als wo bey einer durch ſcrofuloͤſe Dispoſition, ungeordnete
Diaͤt, geſchlechtliche Ausſchweifungen untergrabenen Conſtitu-
tion der normale periodiſche Blutandrang gegen das Sexual-
ſyſtem Hinderniſſe findet, und nun, ſich gegen andere Or-
gane wendend, die bedeutendſten Beſchwerden, ſowohl durch
Congeſtionen als durch Nervenzufaͤlle herbeygefuͤhrt hat. Am
leichteſten endlich voruͤbergehend, und, wenn auch zuweilen
mit augenblicklich heftigen Symptomen begleitet, doch bald
durch zweckmaͤßige Huͤlfe zur Ordnung ruͤckfuͤhrbar, pflegt
die unvollkommne Menſtruation wegen uͤberwiegender Arterien-
thaͤtigkeit zu ſeyn.
§. 181.
Was die einzelnen Formen der unvollkommnen Men-
ſtrualfunktion betrifft, ſo kann uͤber ſie allein eine beſondere
Beſtimmung des Krankheitsverlaufs und der Prognoſe nicht
Statt finden, in wiefern ſie nur als aͤußere Zeichen der oben
erwaͤhnten urſaͤchlichen Zuſtaͤnde angeſehen werden duͤrfen, und
man alſo z. B. nicht ſagen kann, daß die ſpaͤrliche Men-
ſtruation an und fuͤr ſich leichter oder ſchwerer heilbar ſey
als die ſeltene, oder die mißfarbige, oder die ſchmerzhafte;
wogegen es ſich jedoch von ſelbſt ergiebt, daß bey allen die-
ſen Zuſtaͤnden die Heilung um ſo eher zu erwarten ſteht, je
weniger eingewurzelt und verjaͤhrt, oder wohl gar durch erb-
liche Anlagen begruͤndet, dieſelben erſcheinen.
§. 182.
Wir kommen nun zu den Mitteln, welche die Kunſt
darbietet, um die Heilung des Krankheitszuſtandes, welcher
durch unvollkommne Menſtruation ſich aͤußert, zu bewerkſtel-
ligen, und muͤſſen hier wieder zwei Erinnerungen voraus-
ſenden, erſtens daß man, bevor man an eine ſolche Heilung
denke, ſtets erwaͤge, ob die in einem gegebenen Falle be-
merkte zu ſparſame oder ſonſt unvollkommene Menſtruation
hier auch wirklich krankhaft genannt werden duͤrfe, oder nicht
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/156>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.