2. Blutfluß der nicht schwangern Gebärmutter (Haemorrhagia uteri, Metrorrhagia).
§. 349.
Ein Organ, gleich der Gebärmutter, zu dessen norma- ler Verrichtung so häufige Blutausscheidungen gehören, dessen Reichthum an Gefäßen so groß ist, dessen Gefäße vorzüglich in Venen besiehen, deren Ausdehnbarkeit noch überdies so außerordeutlich ist, muß schon dadurch auch die Anlage zu bedeutenden krankhaften Blutergießungen erhalten. Vermehrt wird indeß diese Anlage, je mehr dieses Organ bereits an Aufnahme und Ausscheidung beträchtlicher Blutmassen gewöhnt ist, welches denn im Uterus um so mehr der Fall ist, je häufigere Schwangerschaften und Geburten Statt gehabt ha- ben und je schlaffer dadurch seine Gefäße, ja sein ganzes Parenchyma, geworden sind. -- Eben hierin liegt denn auch der Grund davon, daß namentlich zur Zeit der normal auf- geregten Gefäßthätigkeit selbst, also vorzüglich während der Menstruation, Schwangerschaft, Geburt und Wochenperiode die heftigsten Blutergießungen vorkommen, nächst diesen Pe- rioden aber dann, wenn durch krankhafte Bildung der Uterus vergrößert, aufgelockert und sonst verändert ist. Die Bluter- gießungen übrigens, welche den erstern Zuständen angehören, bleiben von den gegenwärtigen Betrachtungen natürlich aus- geschlossen.
§. 350.
Die Eintheilung der hier zu betrachtenden Metrorrhagie angehend, so ist diese Krankheit verschieden 1) der Quan- tität des Blutflusses nach, und zwar vom tropfen- weisen Abgange(Stillicidum sanguinis) bis zum Blut- sturz(Haemorrhagia), worüber jedoch zu bemerken ist, daß die Quantität an und für sich keinesweges ein Urtheil über die Wirkung des Blutflusses auf den Körper, welcher daran leidet, begründet, indem natürlich eine und dieselbe Blut-
2. Blutfluß der nicht ſchwangern Gebaͤrmutter (Haemorrhagia uteri, Metrorrhagia).
§. 349.
Ein Organ, gleich der Gebaͤrmutter, zu deſſen norma- ler Verrichtung ſo haͤufige Blutausſcheidungen gehoͤren, deſſen Reichthum an Gefaͤßen ſo groß iſt, deſſen Gefaͤße vorzuͤglich in Venen beſiehen, deren Ausdehnbarkeit noch uͤberdies ſo außerordeutlich iſt, muß ſchon dadurch auch die Anlage zu bedeutenden krankhaften Blutergießungen erhalten. Vermehrt wird indeß dieſe Anlage, je mehr dieſes Organ bereits an Aufnahme und Ausſcheidung betraͤchtlicher Blutmaſſen gewoͤhnt iſt, welches denn im Uterus um ſo mehr der Fall iſt, je haͤufigere Schwangerſchaften und Geburten Statt gehabt ha- ben und je ſchlaffer dadurch ſeine Gefaͤße, ja ſein ganzes Parenchyma, geworden ſind. — Eben hierin liegt denn auch der Grund davon, daß namentlich zur Zeit der normal auf- geregten Gefaͤßthaͤtigkeit ſelbſt, alſo vorzuͤglich waͤhrend der Menſtruation, Schwangerſchaft, Geburt und Wochenperiode die heftigſten Blutergießungen vorkommen, naͤchſt dieſen Pe- rioden aber dann, wenn durch krankhafte Bildung der Uterus vergroͤßert, aufgelockert und ſonſt veraͤndert iſt. Die Bluter- gießungen uͤbrigens, welche den erſtern Zuſtaͤnden angehoͤren, bleiben von den gegenwaͤrtigen Betrachtungen natuͤrlich aus- geſchloſſen.
§. 350.
Die Eintheilung der hier zu betrachtenden Metrorrhagie angehend, ſo iſt dieſe Krankheit verſchieden 1) der Quan- titaͤt des Blutfluſſes nach, und zwar vom tropfen- weiſen Abgange(Stillicidum sanguinis) bis zum Blut- ſturz(Haemorrhagia), woruͤber jedoch zu bemerken iſt, daß die Quantitaͤt an und fuͤr ſich keinesweges ein Urtheil uͤber die Wirkung des Blutfluſſes auf den Koͤrper, welcher daran leidet, begruͤndet, indem natuͤrlich eine und dieſelbe Blut-
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2.
Blutfluß der nicht ſchwangern Gebaͤrmutter
(Haemorrhagia uteri, Metrorrhagia).
§. 349.
Ein Organ, gleich der Gebaͤrmutter, zu deſſen norma-
ler Verrichtung ſo haͤufige Blutausſcheidungen gehoͤren, deſſen
Reichthum an Gefaͤßen ſo groß iſt, deſſen Gefaͤße vorzuͤglich
in Venen beſiehen, deren Ausdehnbarkeit noch uͤberdies ſo
außerordeutlich iſt, muß ſchon dadurch auch die Anlage zu
bedeutenden krankhaften Blutergießungen erhalten. Vermehrt
wird indeß dieſe Anlage, je mehr dieſes Organ bereits an
Aufnahme und Ausſcheidung betraͤchtlicher Blutmaſſen gewoͤhnt
iſt, welches denn im Uterus um ſo mehr der Fall iſt, je
haͤufigere Schwangerſchaften und Geburten Statt gehabt ha-
ben und je ſchlaffer dadurch ſeine Gefaͤße, ja ſein ganzes
Parenchyma, geworden ſind. — Eben hierin liegt denn auch
der Grund davon, daß namentlich zur Zeit der normal auf-
geregten Gefaͤßthaͤtigkeit ſelbſt, alſo vorzuͤglich waͤhrend der
Menſtruation, Schwangerſchaft, Geburt und Wochenperiode
die heftigſten Blutergießungen vorkommen, naͤchſt dieſen Pe-
rioden aber dann, wenn durch krankhafte Bildung der Uterus
vergroͤßert, aufgelockert und ſonſt veraͤndert iſt. Die Bluter-
gießungen uͤbrigens, welche den erſtern Zuſtaͤnden angehoͤren,
bleiben von den gegenwaͤrtigen Betrachtungen natuͤrlich aus-
geſchloſſen.
§. 350.
Die Eintheilung der hier zu betrachtenden Metrorrhagie
angehend, ſo iſt dieſe Krankheit verſchieden 1) der Quan-
titaͤt des Blutfluſſes nach, und zwar vom tropfen-
weiſen Abgange (Stillicidum sanguinis) bis zum Blut-
ſturz (Haemorrhagia), woruͤber jedoch zu bemerken iſt,
daß die Quantitaͤt an und fuͤr ſich keinesweges ein Urtheil
uͤber die Wirkung des Blutfluſſes auf den Koͤrper, welcher
daran leidet, begruͤndet, indem natuͤrlich eine und dieſelbe Blut-
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/292>, abgerufen am 22.11.2024.
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