Im Allgemeinen ist zu bemerken, daß Vorfälle der Gebär- mutter bey Personen, welche noch nie geboren haben, über- haupt selten vorkommen und fast nie sehr bedeutend sind, daß ferner schlaffer, phlegmatischer Habitus, ein weites und wenig geneigtes Becken, und namentlich alles, was den Tonus der Geburtstheile schwächt, zu dieser regelwidrigen Lage disponirt. Hierher gehören öfters wiederkehrende bedeu- tende Blutungen, Leukorrhöe, der Gebrauch von Kohlentö- pfen, zu warmen örtlichen oder allgemeinen Bädern, unzeitige Geburten und überhaupt zu bald auf einander folgende Wo- chenbetten.
§. 476.
Im je größeren Maaße nun diese disponirenden Mo- mente Statt gefunden haben, um so leichter wird durch die jetzt namhaft zu machenden Gelegenheitsursachen die Krank- heit selbst zu Stande kommen. Hierhin gehören aber Un- achtsamkeit und zu zeitiges Aufstehen im Wochenbett (eine der häufigsten Veranlassungen zu Vorfällen), heftiges Pressen während der Geburt selbst, vorzüglich bey nicht hinlänglich eröffnetem Muttermunde, oder bey dem Abgange der Nach- geburt, oder endlich beym Stuhlgange in den ersten Tagen des Wochenbettes. Ferner anstrengendes, öfter wiederkehren- des Erbrechen, oder Husten, anhaltender Durchfall mit star- kem Tenesmus, anstrengende Arbeit, das Heben schwerer Lasten, Springen u. dgl., durch welche Momente zuweilen sogar plötzlich und ohne vorhergegangene wesentliche Dispo- sition ein Gebärmuttervorfall zu Stande kommen kann, wel- cher indeß dann auch um so stärkere Zufälle hervorzubringen pflegt und zu Entstehung von Entzündung, Fieber, Schwin- del u. s. w. Veranlassung geben kann. Endlich kann auch durch den Druck von unzweckmäßigen Kleidungsstücken, zu weit herabragenden und zu fest anliegenden Schnürbrüsten, oder durch Druck von abnormen Vergrößerungen benachbarter Theile, also bey Ausartungen der Eyerstöcke, der Gebärmuttervorfall zu Stande kommen. *)
*) M. s. einen merkwürdigen Fall, wo ein großer, späterhin durch
Im Allgemeinen iſt zu bemerken, daß Vorfaͤlle der Gebaͤr- mutter bey Perſonen, welche noch nie geboren haben, uͤber- haupt ſelten vorkommen und faſt nie ſehr bedeutend ſind, daß ferner ſchlaffer, phlegmatiſcher Habitus, ein weites und wenig geneigtes Becken, und namentlich alles, was den Tonus der Geburtstheile ſchwaͤcht, zu dieſer regelwidrigen Lage disponirt. Hierher gehoͤren oͤfters wiederkehrende bedeu- tende Blutungen, Leukorrhoͤe, der Gebrauch von Kohlentoͤ- pfen, zu warmen oͤrtlichen oder allgemeinen Baͤdern, unzeitige Geburten und uͤberhaupt zu bald auf einander folgende Wo- chenbetten.
§. 476.
Im je groͤßeren Maaße nun dieſe disponirenden Mo- mente Statt gefunden haben, um ſo leichter wird durch die jetzt namhaft zu machenden Gelegenheitsurſachen die Krank- heit ſelbſt zu Stande kommen. Hierhin gehoͤren aber Un- achtſamkeit und zu zeitiges Aufſtehen im Wochenbett (eine der haͤufigſten Veranlaſſungen zu Vorfaͤllen), heftiges Preſſen waͤhrend der Geburt ſelbſt, vorzuͤglich bey nicht hinlaͤnglich eroͤffnetem Muttermunde, oder bey dem Abgange der Nach- geburt, oder endlich beym Stuhlgange in den erſten Tagen des Wochenbettes. Ferner anſtrengendes, oͤfter wiederkehren- des Erbrechen, oder Huſten, anhaltender Durchfall mit ſtar- kem Tenesmus, anſtrengende Arbeit, das Heben ſchwerer Laſten, Springen u. dgl., durch welche Momente zuweilen ſogar ploͤtzlich und ohne vorhergegangene weſentliche Dispo- ſition ein Gebaͤrmuttervorfall zu Stande kommen kann, wel- cher indeß dann auch um ſo ſtaͤrkere Zufaͤlle hervorzubringen pflegt und zu Entſtehung von Entzuͤndung, Fieber, Schwin- del u. ſ. w. Veranlaſſung geben kann. Endlich kann auch durch den Druck von unzweckmaͤßigen Kleidungsſtuͤcken, zu weit herabragenden und zu feſt anliegenden Schnuͤrbruͤſten, oder durch Druck von abnormen Vergroͤßerungen benachbarter Theile, alſo bey Ausartungen der Eyerſtoͤcke, der Gebaͤrmuttervorfall zu Stande kommen. *)
*) M. ſ. einen merkwuͤrdigen Fall, wo ein großer, ſpaͤterhin durch
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><divn="7"><divn="8"><divn="9"><divn="10"><p><pbfacs="#f0387"n="367"/>
Im Allgemeinen iſt zu bemerken, daß Vorfaͤlle der Gebaͤr-<lb/>
mutter bey Perſonen, welche noch nie geboren haben, uͤber-<lb/>
haupt ſelten vorkommen und faſt nie ſehr bedeutend ſind,<lb/>
daß ferner ſchlaffer, phlegmatiſcher Habitus, ein weites und<lb/>
wenig geneigtes Becken, und namentlich alles, was den<lb/>
Tonus der Geburtstheile ſchwaͤcht, zu dieſer regelwidrigen<lb/>
Lage disponirt. Hierher gehoͤren oͤfters wiederkehrende bedeu-<lb/>
tende Blutungen, Leukorrhoͤe, der Gebrauch von Kohlentoͤ-<lb/>
pfen, zu warmen oͤrtlichen oder allgemeinen Baͤdern, unzeitige<lb/>
Geburten und uͤberhaupt zu bald auf einander folgende Wo-<lb/>
chenbetten.</p></div><lb/><divn="10"><head>§. 476.</head><lb/><p>Im je groͤßeren Maaße nun dieſe disponirenden Mo-<lb/>
mente Statt gefunden haben, um ſo leichter wird durch die<lb/>
jetzt namhaft zu machenden Gelegenheitsurſachen die Krank-<lb/>
heit ſelbſt zu Stande kommen. Hierhin gehoͤren aber Un-<lb/>
achtſamkeit und zu zeitiges Aufſtehen im Wochenbett (eine<lb/>
der haͤufigſten Veranlaſſungen zu Vorfaͤllen), heftiges Preſſen<lb/>
waͤhrend der Geburt ſelbſt, vorzuͤglich bey nicht hinlaͤnglich<lb/>
eroͤffnetem Muttermunde, oder bey dem Abgange der Nach-<lb/>
geburt, oder endlich beym Stuhlgange in den erſten Tagen<lb/>
des Wochenbettes. Ferner anſtrengendes, oͤfter wiederkehren-<lb/>
des Erbrechen, oder Huſten, anhaltender Durchfall mit ſtar-<lb/>
kem <hirendition="#aq">Tenesmus,</hi> anſtrengende Arbeit, das Heben ſchwerer<lb/>
Laſten, Springen u. dgl., durch welche Momente zuweilen<lb/>ſogar ploͤtzlich und ohne vorhergegangene weſentliche Dispo-<lb/>ſition ein Gebaͤrmuttervorfall zu Stande kommen kann, wel-<lb/>
cher indeß dann auch um ſo ſtaͤrkere Zufaͤlle hervorzubringen<lb/>
pflegt und zu Entſtehung von Entzuͤndung, Fieber, Schwin-<lb/>
del u. ſ. w. Veranlaſſung geben kann. Endlich kann auch<lb/>
durch den Druck von unzweckmaͤßigen Kleidungsſtuͤcken, zu weit<lb/>
herabragenden und zu feſt anliegenden Schnuͤrbruͤſten, oder durch<lb/>
Druck von abnormen Vergroͤßerungen benachbarter Theile, alſo<lb/>
bey Ausartungen der Eyerſtoͤcke, der Gebaͤrmuttervorfall zu<lb/>
Stande kommen. <notexml:id="note-0387"next="#note-0388"place="foot"n="*)">M. ſ. einen merkwuͤrdigen Fall, wo ein großer, ſpaͤterhin durch</note></p></div><lb/></div></div></div></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[367/0387]
Im Allgemeinen iſt zu bemerken, daß Vorfaͤlle der Gebaͤr-
mutter bey Perſonen, welche noch nie geboren haben, uͤber-
haupt ſelten vorkommen und faſt nie ſehr bedeutend ſind,
daß ferner ſchlaffer, phlegmatiſcher Habitus, ein weites und
wenig geneigtes Becken, und namentlich alles, was den
Tonus der Geburtstheile ſchwaͤcht, zu dieſer regelwidrigen
Lage disponirt. Hierher gehoͤren oͤfters wiederkehrende bedeu-
tende Blutungen, Leukorrhoͤe, der Gebrauch von Kohlentoͤ-
pfen, zu warmen oͤrtlichen oder allgemeinen Baͤdern, unzeitige
Geburten und uͤberhaupt zu bald auf einander folgende Wo-
chenbetten.
§. 476.
Im je groͤßeren Maaße nun dieſe disponirenden Mo-
mente Statt gefunden haben, um ſo leichter wird durch die
jetzt namhaft zu machenden Gelegenheitsurſachen die Krank-
heit ſelbſt zu Stande kommen. Hierhin gehoͤren aber Un-
achtſamkeit und zu zeitiges Aufſtehen im Wochenbett (eine
der haͤufigſten Veranlaſſungen zu Vorfaͤllen), heftiges Preſſen
waͤhrend der Geburt ſelbſt, vorzuͤglich bey nicht hinlaͤnglich
eroͤffnetem Muttermunde, oder bey dem Abgange der Nach-
geburt, oder endlich beym Stuhlgange in den erſten Tagen
des Wochenbettes. Ferner anſtrengendes, oͤfter wiederkehren-
des Erbrechen, oder Huſten, anhaltender Durchfall mit ſtar-
kem Tenesmus, anſtrengende Arbeit, das Heben ſchwerer
Laſten, Springen u. dgl., durch welche Momente zuweilen
ſogar ploͤtzlich und ohne vorhergegangene weſentliche Dispo-
ſition ein Gebaͤrmuttervorfall zu Stande kommen kann, wel-
cher indeß dann auch um ſo ſtaͤrkere Zufaͤlle hervorzubringen
pflegt und zu Entſtehung von Entzuͤndung, Fieber, Schwin-
del u. ſ. w. Veranlaſſung geben kann. Endlich kann auch
durch den Druck von unzweckmaͤßigen Kleidungsſtuͤcken, zu weit
herabragenden und zu feſt anliegenden Schnuͤrbruͤſten, oder durch
Druck von abnormen Vergroͤßerungen benachbarter Theile, alſo
bey Ausartungen der Eyerſtoͤcke, der Gebaͤrmuttervorfall zu
Stande kommen. *)
*) M. ſ. einen merkwuͤrdigen Fall, wo ein großer, ſpaͤterhin durch
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/387>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.