Rückenlage und mäßigem Andrängen zweyer eingeöhlter und in die Vagina gebrachter Finger; ist der Bruch größer und an der hintern Scheidenwand herabgestiegen, so wird man für schwierigere Fälle die Lage, auf Knie und Ellenbogen gestützt, anordnen, immer aber dafür sorgen müssen, daß die Becken- gegend mehr als die Brustgegend der Kranken erhöht sey. Bey dieser Zurückbringung des Bruchs ist es übrigens, wie auch von Richter bemerkt wird, keinesweges hinlänglich, die Ge- schwulst selbst so lange zu drücken, bis sie verschwindet, son- dern, da sehr wohl Darmstücke in dem Bruchsackhalse (d. i. der Theil des Bruchsackes, welcher zwischen Gebärmutter und Mastdarm liegt) liegen bleiben, und, wenn demohnerachtet ein Pessarium eingelegt wird, heftige Kolikschmerzen veran- lassen können, so muß man, wenn es ein hinterer Mutter- scheidenbruch ist, die ganze hintere Fläche der Mutterscheide bis an den Muttermund herauf drücken und ausstreichen, bis man diese ganze Fläche völlig frei fühlt.
§. 526.
Was nun die Zurückhaltung des Bruchs betrifft, so pflegt diese immer etwas schwieriger zu seyn, und kann nur theils durch Vermeidung und Beseitigung der veranlassenden Ursachen, durch mehrere Tage streng beybehaltene horizontale Lage und Einbringung einer die Bruchöffnung hinlänglich com- primirende, in die Mutterscheide eingebrachte Vorrichtung er- halten werden. Für letzteren Behuf können indeß die gewöhn- lichen scheiben- oder ringförmigen Pessarien nicht empfohlen werden, da sie leicht Veranlassung zur Einklemmung dieser Brüche geben würden, man wählt vielmehr hierzu die cylin- derförmigen, welche man entweder bloß aus einem der Form und Weite der Vagina vollkommen angemessenen Stück Schwamm verfertigt, welches man sowohl mit Wachstaffent überziehen lassen kann, als dasselbe auch ohne Ueberzug, und mit ad- stringirenden Dekokten befeuchtet, einbringen läßt (wobey nur das öftere Einlegen und Herausnehmen unangenehm wird), oder man bedient sich dazu hohler elastischer Cylinder (z. B. des Pickel'schen Scheidencylinders), welche man entweder
Ruͤckenlage und maͤßigem Andraͤngen zweyer eingeoͤhlter und in die Vagina gebrachter Finger; iſt der Bruch groͤßer und an der hintern Scheidenwand herabgeſtiegen, ſo wird man fuͤr ſchwierigere Faͤlle die Lage, auf Knie und Ellenbogen geſtuͤtzt, anordnen, immer aber dafuͤr ſorgen muͤſſen, daß die Becken- gegend mehr als die Bruſtgegend der Kranken erhoͤht ſey. Bey dieſer Zuruͤckbringung des Bruchs iſt es uͤbrigens, wie auch von Richter bemerkt wird, keinesweges hinlaͤnglich, die Ge- ſchwulſt ſelbſt ſo lange zu druͤcken, bis ſie verſchwindet, ſon- dern, da ſehr wohl Darmſtuͤcke in dem Bruchſackhalſe (d. i. der Theil des Bruchſackes, welcher zwiſchen Gebaͤrmutter und Maſtdarm liegt) liegen bleiben, und, wenn demohnerachtet ein Peſſarium eingelegt wird, heftige Kolikſchmerzen veran- laſſen koͤnnen, ſo muß man, wenn es ein hinterer Mutter- ſcheidenbruch iſt, die ganze hintere Flaͤche der Mutterſcheide bis an den Muttermund herauf druͤcken und ausſtreichen, bis man dieſe ganze Flaͤche voͤllig frei fuͤhlt.
§. 526.
Was nun die Zuruͤckhaltung des Bruchs betrifft, ſo pflegt dieſe immer etwas ſchwieriger zu ſeyn, und kann nur theils durch Vermeidung und Beſeitigung der veranlaſſenden Urſachen, durch mehrere Tage ſtreng beybehaltene horizontale Lage und Einbringung einer die Bruchoͤffnung hinlaͤnglich com- primirende, in die Mutterſcheide eingebrachte Vorrichtung er- halten werden. Fuͤr letzteren Behuf koͤnnen indeß die gewoͤhn- lichen ſcheiben- oder ringfoͤrmigen Peſſarien nicht empfohlen werden, da ſie leicht Veranlaſſung zur Einklemmung dieſer Bruͤche geben wuͤrden, man waͤhlt vielmehr hierzu die cylin- derfoͤrmigen, welche man entweder bloß aus einem der Form und Weite der Vagina vollkommen angemeſſenen Stuͤck Schwamm verfertigt, welches man ſowohl mit Wachstaffent uͤberziehen laſſen kann, als daſſelbe auch ohne Ueberzug, und mit ad- ſtringirenden Dekokten befeuchtet, einbringen laͤßt (wobey nur das oͤftere Einlegen und Herausnehmen unangenehm wird), oder man bedient ſich dazu hohler elaſtiſcher Cylinder (z. B. des Pickel’ſchen Scheidencylinders), welche man entweder
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Ruͤckenlage und maͤßigem Andraͤngen zweyer eingeoͤhlter und
in die Vagina gebrachter Finger; iſt der Bruch groͤßer und
an der hintern Scheidenwand herabgeſtiegen, ſo wird man fuͤr
ſchwierigere Faͤlle die Lage, auf Knie und Ellenbogen geſtuͤtzt,
anordnen, immer aber dafuͤr ſorgen muͤſſen, daß die Becken-
gegend mehr als die Bruſtgegend der Kranken erhoͤht ſey. Bey
dieſer Zuruͤckbringung des Bruchs iſt es uͤbrigens, wie auch
von Richter bemerkt wird, keinesweges hinlaͤnglich, die Ge-
ſchwulſt ſelbſt ſo lange zu druͤcken, bis ſie verſchwindet, ſon-
dern, da ſehr wohl Darmſtuͤcke in dem Bruchſackhalſe (d. i.
der Theil des Bruchſackes, welcher zwiſchen Gebaͤrmutter und
Maſtdarm liegt) liegen bleiben, und, wenn demohnerachtet
ein Peſſarium eingelegt wird, heftige Kolikſchmerzen veran-
laſſen koͤnnen, ſo muß man, wenn es ein hinterer Mutter-
ſcheidenbruch iſt, die ganze hintere Flaͤche der Mutterſcheide
bis an den Muttermund herauf druͤcken und ausſtreichen, bis
man dieſe ganze Flaͤche voͤllig frei fuͤhlt.
§. 526.
Was nun die Zuruͤckhaltung des Bruchs betrifft, ſo
pflegt dieſe immer etwas ſchwieriger zu ſeyn, und kann nur
theils durch Vermeidung und Beſeitigung der veranlaſſenden
Urſachen, durch mehrere Tage ſtreng beybehaltene horizontale
Lage und Einbringung einer die Bruchoͤffnung hinlaͤnglich com-
primirende, in die Mutterſcheide eingebrachte Vorrichtung er-
halten werden. Fuͤr letzteren Behuf koͤnnen indeß die gewoͤhn-
lichen ſcheiben- oder ringfoͤrmigen Peſſarien nicht empfohlen
werden, da ſie leicht Veranlaſſung zur Einklemmung dieſer
Bruͤche geben wuͤrden, man waͤhlt vielmehr hierzu die cylin-
derfoͤrmigen, welche man entweder bloß aus einem der Form
und Weite der Vagina vollkommen angemeſſenen Stuͤck Schwamm
verfertigt, welches man ſowohl mit Wachstaffent uͤberziehen
laſſen kann, als daſſelbe auch ohne Ueberzug, und mit ad-
ſtringirenden Dekokten befeuchtet, einbringen laͤßt (wobey nur
das oͤftere Einlegen und Herausnehmen unangenehm wird),
oder man bedient ſich dazu hohler elaſtiſcher Cylinder (z. B.
des Pickel’ſchen Scheidencylinders), welche man entweder
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 397. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/417>, abgerufen am 24.11.2024.
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