Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite

entweder die Kranke noch gar keine Beschwerden davon em-
pfindet, oder das Uebel noch nicht mit vollkommner Sicher-
heit zu erkennen ist, selten ausgeführt werden. Was dagegen
die Paracenthese betrifft, so wird sie insgemein zwar bey die-
ser Art der Wassersucht mehr widerrathen, als empfohlen; da
es indeß keinesweges an Beyspielen fehlt, wo durch dieselbe
theils das Uebel wirklich geheilt, *) theils doch das Leben der
Kranken auf viele Jahre gefristet worden ist, so verdient die-
selbe sicher häufiger als bisher geschehen, in Anwendung ge-
zogen zu werden, und möchte auch wohl der Eröffnung durch
den Schnitt, von welcher nur allzuleicht, wie P. Frank
bemerkt, Fisteln zurückbleiben, vorgezogen werden. Rathsam
möchte es indeß seyn, nach gemachter Paracentese die Canüle
einige Zeit liegen zu lassen, um so eine adhäsive Entzündung
der Wände des Sackes zu veranlassen und dadurch die radi-
cale Heilung zu bewerkstelligen. -- Noch ist zu erwähnen,
daß man auch vorgeschlagen hat, die Paracentese des Eyer-
stocks durch die Vagina zu verrichten. Da indeß häufig das
wassersüchtige Ovarium zu sehr aus der Höhle des kleinen
Beckens sich hervorhebt, und daher zuweilen von der Vagina
aus kaum zu erreichen seyn dürfte, da ferner hierbey auch
Verletzung beträchtlicher Gefäße leicht Statt finden könnte,
so darf diese Operation wohl nur auf die wenigen Fälle ein-
geschränkt werden, wo die fluctuirende Geschwulst tief in das
Scheidengewölbe sich herabdrängt und die Fluctuation inner-
lich deutlicher als äußerlich fühlbar ist.


*) S. P. Frank epitome de curand. hom. morb. Lib. VI. p. I.
p.
476.

entweder die Kranke noch gar keine Beſchwerden davon em-
pfindet, oder das Uebel noch nicht mit vollkommner Sicher-
heit zu erkennen iſt, ſelten ausgefuͤhrt werden. Was dagegen
die Paracentheſe betrifft, ſo wird ſie insgemein zwar bey die-
ſer Art der Waſſerſucht mehr widerrathen, als empfohlen; da
es indeß keinesweges an Beyſpielen fehlt, wo durch dieſelbe
theils das Uebel wirklich geheilt, *) theils doch das Leben der
Kranken auf viele Jahre gefriſtet worden iſt, ſo verdient die-
ſelbe ſicher haͤufiger als bisher geſchehen, in Anwendung ge-
zogen zu werden, und moͤchte auch wohl der Eroͤffnung durch
den Schnitt, von welcher nur allzuleicht, wie P. Frank
bemerkt, Fiſteln zuruͤckbleiben, vorgezogen werden. Rathſam
moͤchte es indeß ſeyn, nach gemachter Paracenteſe die Canuͤle
einige Zeit liegen zu laſſen, um ſo eine adhaͤſive Entzuͤndung
der Waͤnde des Sackes zu veranlaſſen und dadurch die radi-
cale Heilung zu bewerkſtelligen. — Noch iſt zu erwaͤhnen,
daß man auch vorgeſchlagen hat, die Paracenteſe des Eyer-
ſtocks durch die Vagina zu verrichten. Da indeß haͤufig das
waſſerſuͤchtige Ovarium zu ſehr aus der Hoͤhle des kleinen
Beckens ſich hervorhebt, und daher zuweilen von der Vagina
aus kaum zu erreichen ſeyn duͤrfte, da ferner hierbey auch
Verletzung betraͤchtlicher Gefaͤße leicht Statt finden koͤnnte,
ſo darf dieſe Operation wohl nur auf die wenigen Faͤlle ein-
geſchraͤnkt werden, wo die fluctuirende Geſchwulſt tief in das
Scheidengewoͤlbe ſich herabdraͤngt und die Fluctuation inner-
lich deutlicher als aͤußerlich fuͤhlbar iſt.


*) S. P. Frank epitome de curand. hom. morb. Lib. VI. p. I.
p.
476.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <div n="9">
                        <p><pb facs="#f0431" n="411"/>
entweder die Kranke noch gar keine Be&#x017F;chwerden davon em-<lb/>
pfindet, oder das Uebel noch nicht mit vollkommner Sicher-<lb/>
heit zu erkennen i&#x017F;t, &#x017F;elten ausgefu&#x0364;hrt werden. Was dagegen<lb/>
die Paracenthe&#x017F;e betrifft, &#x017F;o wird &#x017F;ie insgemein zwar bey die-<lb/>
&#x017F;er Art der Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;ucht mehr widerrathen, als empfohlen; da<lb/>
es indeß keinesweges an Bey&#x017F;pielen fehlt, wo durch die&#x017F;elbe<lb/>
theils das Uebel wirklich geheilt, <note place="foot" n="*)">S. <hi rendition="#aq">P. <hi rendition="#g">Frank</hi> epitome de curand. hom. morb. Lib. VI. p. I.<lb/><hi rendition="#i">p</hi>.</hi> 476.</note> theils doch das Leben der<lb/>
Kranken auf viele Jahre gefri&#x017F;tet worden i&#x017F;t, &#x017F;o verdient die-<lb/>
&#x017F;elbe &#x017F;icher ha&#x0364;ufiger als bisher ge&#x017F;chehen, in Anwendung ge-<lb/>
zogen zu werden, und mo&#x0364;chte auch wohl der Ero&#x0364;ffnung durch<lb/>
den Schnitt, von welcher nur allzuleicht, wie P. <hi rendition="#g">Frank</hi><lb/>
bemerkt, Fi&#x017F;teln zuru&#x0364;ckbleiben, vorgezogen werden. Rath&#x017F;am<lb/>
mo&#x0364;chte es indeß &#x017F;eyn, nach gemachter Paracente&#x017F;e die Canu&#x0364;le<lb/>
einige Zeit liegen zu la&#x017F;&#x017F;en, um &#x017F;o eine adha&#x0364;&#x017F;ive Entzu&#x0364;ndung<lb/>
der Wa&#x0364;nde des Sackes zu veranla&#x017F;&#x017F;en und dadurch die radi-<lb/>
cale Heilung zu bewerk&#x017F;telligen. &#x2014; Noch i&#x017F;t zu erwa&#x0364;hnen,<lb/>
daß man auch vorge&#x017F;chlagen hat, die Paracente&#x017F;e des Eyer-<lb/>
&#x017F;tocks durch die Vagina zu verrichten. Da indeß ha&#x0364;ufig das<lb/>
wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;u&#x0364;chtige Ovarium zu &#x017F;ehr aus der Ho&#x0364;hle des kleinen<lb/>
Beckens &#x017F;ich hervorhebt, und daher zuweilen von der Vagina<lb/>
aus kaum zu erreichen &#x017F;eyn du&#x0364;rfte, da ferner hierbey auch<lb/>
Verletzung betra&#x0364;chtlicher Gefa&#x0364;ße leicht Statt finden ko&#x0364;nnte,<lb/>
&#x017F;o darf die&#x017F;e Operation wohl nur auf die wenigen Fa&#x0364;lle ein-<lb/>
ge&#x017F;chra&#x0364;nkt werden, wo die fluctuirende Ge&#x017F;chwul&#x017F;t tief in das<lb/>
Scheidengewo&#x0364;lbe &#x017F;ich herabdra&#x0364;ngt und die Fluctuation inner-<lb/>
lich deutlicher als a&#x0364;ußerlich fu&#x0364;hlbar i&#x017F;t.</p>
                      </div>
                    </div><lb/>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[411/0431] entweder die Kranke noch gar keine Beſchwerden davon em- pfindet, oder das Uebel noch nicht mit vollkommner Sicher- heit zu erkennen iſt, ſelten ausgefuͤhrt werden. Was dagegen die Paracentheſe betrifft, ſo wird ſie insgemein zwar bey die- ſer Art der Waſſerſucht mehr widerrathen, als empfohlen; da es indeß keinesweges an Beyſpielen fehlt, wo durch dieſelbe theils das Uebel wirklich geheilt, *) theils doch das Leben der Kranken auf viele Jahre gefriſtet worden iſt, ſo verdient die- ſelbe ſicher haͤufiger als bisher geſchehen, in Anwendung ge- zogen zu werden, und moͤchte auch wohl der Eroͤffnung durch den Schnitt, von welcher nur allzuleicht, wie P. Frank bemerkt, Fiſteln zuruͤckbleiben, vorgezogen werden. Rathſam moͤchte es indeß ſeyn, nach gemachter Paracenteſe die Canuͤle einige Zeit liegen zu laſſen, um ſo eine adhaͤſive Entzuͤndung der Waͤnde des Sackes zu veranlaſſen und dadurch die radi- cale Heilung zu bewerkſtelligen. — Noch iſt zu erwaͤhnen, daß man auch vorgeſchlagen hat, die Paracenteſe des Eyer- ſtocks durch die Vagina zu verrichten. Da indeß haͤufig das waſſerſuͤchtige Ovarium zu ſehr aus der Hoͤhle des kleinen Beckens ſich hervorhebt, und daher zuweilen von der Vagina aus kaum zu erreichen ſeyn duͤrfte, da ferner hierbey auch Verletzung betraͤchtlicher Gefaͤße leicht Statt finden koͤnnte, ſo darf dieſe Operation wohl nur auf die wenigen Faͤlle ein- geſchraͤnkt werden, wo die fluctuirende Geſchwulſt tief in das Scheidengewoͤlbe ſich herabdraͤngt und die Fluctuation inner- lich deutlicher als aͤußerlich fuͤhlbar iſt. *) S. P. Frank epitome de curand. hom. morb. Lib. VI. p. I. p. 476.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/431
Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 411. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/431>, abgerufen am 18.07.2024.