Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite

an den Wänden derselben noch verhärtetes Zellgewebe, oder
krankhafte Gefäße sich vorfinden; auch diese müssen dann hin-
weggenommen werden, und nun erst schreitet man zum Schluß
der Wunde. In Fällen, wo es möglich war, den Grund
derselben von allem Krankhaften zu reinigen, und keine Un-
terbindung von Gefäßen nöthig war, zieht man sodann die
Wunde durch Heftpflasterstreifen zusammen, bewirkt durch das
Mittel einer starken Compresse und umgelegte Binden das
Andrücken der Haut an den Grund der Wunde, und sucht
so die schnelle Vereinigung zu bewerkstelligen; außerdem wird
es nöthig, die Wunde mit Charpie anzufülleu und die Hei-
lung durch Eiterung zu Stande zu bringen.

§. 598.

Ist nun aber der Skirrhus irgend von beträchtlichem
Umfange, so thut man auf jeden Fall besser, sogleich die
ganze Brust hinwegzunehmen, *) welches dann noch unerlaß-
licher wird, wenn bereits Krebs eingetreten ist, oder wenig-
stens die Brust in ihrem ganzen Umfange verhärtet ist, ja
zuweilen müssen hierbey sogar, wenn gleichzeitig schon eine
oder mehrere Achseldrüsen verhärtet sind (ein Fall, in welchem
freylich zuweilen das Uebel schon allzusehr überhand genom-
men hat und mitunter die Operation gar nicht mehr erlaubt),
auch diese mit hinweggenommen werden; obwohl man auch
berechtigt ist, da, wo etwa diese Achseldrüsen sehr tief lie-
gen und die Operation derselben deßhalb sehr gefährlich er-
scheint, zuvörderst die Ausrottung der Brust allein zu unter-
nehmen, und unter allgemeiner zweckmäßiger Behandlung dann
abzuwarten, ob vielleicht die mitunter (wie durch einige
von Richter angeführte Fälle erwiesen wird) nur consensuell
angeschwollenen Drüsen sich von selbst zertheilen, dahingegen

*) Richter (Anfangsgr. d. Wundarznk. 4r Bd. S. 416.) macht es
sogar wahrscheinlich, daß der Schmerz hierbey nicht viel größer sey,
als bey bloßer Exstirpation. Ueberhaupt verdient hierüber die ganze
treffliche Abbandlung Richters a. a. O. nachgelesen zu werden.

an den Waͤnden derſelben noch verhaͤrtetes Zellgewebe, oder
krankhafte Gefaͤße ſich vorfinden; auch dieſe muͤſſen dann hin-
weggenommen werden, und nun erſt ſchreitet man zum Schluß
der Wunde. In Faͤllen, wo es moͤglich war, den Grund
derſelben von allem Krankhaften zu reinigen, und keine Un-
terbindung von Gefaͤßen noͤthig war, zieht man ſodann die
Wunde durch Heftpflaſterſtreifen zuſammen, bewirkt durch das
Mittel einer ſtarken Compreſſe und umgelegte Binden das
Andruͤcken der Haut an den Grund der Wunde, und ſucht
ſo die ſchnelle Vereinigung zu bewerkſtelligen; außerdem wird
es noͤthig, die Wunde mit Charpie anzufuͤlleu und die Hei-
lung durch Eiterung zu Stande zu bringen.

§. 598.

Iſt nun aber der Skirrhus irgend von betraͤchtlichem
Umfange, ſo thut man auf jeden Fall beſſer, ſogleich die
ganze Bruſt hinwegzunehmen, *) welches dann noch unerlaß-
licher wird, wenn bereits Krebs eingetreten iſt, oder wenig-
ſtens die Bruſt in ihrem ganzen Umfange verhaͤrtet iſt, ja
zuweilen muͤſſen hierbey ſogar, wenn gleichzeitig ſchon eine
oder mehrere Achſeldruͤſen verhaͤrtet ſind (ein Fall, in welchem
freylich zuweilen das Uebel ſchon allzuſehr uͤberhand genom-
men hat und mitunter die Operation gar nicht mehr erlaubt),
auch dieſe mit hinweggenommen werden; obwohl man auch
berechtigt iſt, da, wo etwa dieſe Achſeldruͤſen ſehr tief lie-
gen und die Operation derſelben deßhalb ſehr gefaͤhrlich er-
ſcheint, zuvoͤrderſt die Ausrottung der Bruſt allein zu unter-
nehmen, und unter allgemeiner zweckmaͤßiger Behandlung dann
abzuwarten, ob vielleicht die mitunter (wie durch einige
von Richter angefuͤhrte Faͤlle erwieſen wird) nur conſenſuell
angeſchwollenen Druͤſen ſich von ſelbſt zertheilen, dahingegen

*) Richter (Anfangsgr. d. Wundarznk. 4r Bd. S. 416.) macht es
ſogar wahrſcheinlich, daß der Schmerz hierbey nicht viel groͤßer ſey,
als bey bloßer Exſtirpation. Ueberhaupt verdient hieruͤber die ganze
treffliche Abbandlung Richters a. a. O. nachgeleſen zu werden.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <div n="9">
                        <div n="10">
                          <p><pb facs="#f0458" n="438"/>
an den Wa&#x0364;nden der&#x017F;elben noch verha&#x0364;rtetes Zellgewebe, oder<lb/>
krankhafte Gefa&#x0364;ße &#x017F;ich vorfinden; auch die&#x017F;e mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en dann hin-<lb/>
weggenommen werden, und nun er&#x017F;t &#x017F;chreitet man zum Schluß<lb/>
der Wunde. In Fa&#x0364;llen, wo es mo&#x0364;glich war, den Grund<lb/>
der&#x017F;elben von allem Krankhaften zu reinigen, und keine Un-<lb/>
terbindung von Gefa&#x0364;ßen no&#x0364;thig war, zieht man &#x017F;odann die<lb/>
Wunde durch Heftpfla&#x017F;ter&#x017F;treifen zu&#x017F;ammen, bewirkt durch das<lb/>
Mittel einer &#x017F;tarken Compre&#x017F;&#x017F;e und umgelegte Binden das<lb/>
Andru&#x0364;cken der Haut an den Grund der Wunde, und &#x017F;ucht<lb/>
&#x017F;o die &#x017F;chnelle Vereinigung zu bewerk&#x017F;telligen; außerdem wird<lb/>
es no&#x0364;thig, die Wunde mit Charpie anzufu&#x0364;lleu und die Hei-<lb/>
lung durch Eiterung zu Stande zu bringen.</p>
                        </div><lb/>
                        <div n="10">
                          <head>§. 598.</head><lb/>
                          <p>I&#x017F;t nun aber der Skirrhus irgend von betra&#x0364;chtlichem<lb/>
Umfange, &#x017F;o thut man auf jeden Fall be&#x017F;&#x017F;er, &#x017F;ogleich die<lb/>
ganze Bru&#x017F;t hinwegzunehmen, <note place="foot" n="*)"><hi rendition="#g">Richter</hi> (Anfangsgr. d. Wundarznk. 4r Bd. S. 416.) macht es<lb/>
&#x017F;ogar wahr&#x017F;cheinlich, daß der Schmerz hierbey nicht viel gro&#x0364;ßer &#x017F;ey,<lb/>
als bey bloßer Ex&#x017F;tirpation. Ueberhaupt verdient hieru&#x0364;ber die ganze<lb/>
treffliche Abbandlung <hi rendition="#g">Richters</hi> a. a. O. nachgele&#x017F;en zu werden.</note> welches dann noch unerlaß-<lb/>
licher wird, wenn bereits Krebs eingetreten i&#x017F;t, oder wenig-<lb/>
&#x017F;tens die Bru&#x017F;t in ihrem ganzen Umfange verha&#x0364;rtet i&#x017F;t, ja<lb/>
zuweilen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en hierbey &#x017F;ogar, wenn gleichzeitig &#x017F;chon eine<lb/>
oder mehrere Ach&#x017F;eldru&#x0364;&#x017F;en verha&#x0364;rtet &#x017F;ind (ein Fall, in welchem<lb/>
freylich zuweilen das Uebel &#x017F;chon allzu&#x017F;ehr u&#x0364;berhand genom-<lb/>
men hat und mitunter die Operation gar nicht mehr erlaubt),<lb/>
auch die&#x017F;e mit hinweggenommen werden; obwohl man auch<lb/>
berechtigt i&#x017F;t, da, wo etwa die&#x017F;e Ach&#x017F;eldru&#x0364;&#x017F;en &#x017F;ehr tief lie-<lb/>
gen und die Operation der&#x017F;elben deßhalb &#x017F;ehr gefa&#x0364;hrlich er-<lb/>
&#x017F;cheint, zuvo&#x0364;rder&#x017F;t die Ausrottung der Bru&#x017F;t allein zu unter-<lb/>
nehmen, und unter allgemeiner zweckma&#x0364;ßiger Behandlung dann<lb/>
abzuwarten, ob vielleicht die <hi rendition="#g">mitunter</hi> (wie durch einige<lb/>
von <hi rendition="#g">Richter</hi> angefu&#x0364;hrte Fa&#x0364;lle erwie&#x017F;en wird) nur con&#x017F;en&#x017F;uell<lb/>
ange&#x017F;chwollenen Dru&#x0364;&#x017F;en &#x017F;ich von &#x017F;elb&#x017F;t zertheilen, dahingegen<lb/></p>
                        </div>
                      </div>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[438/0458] an den Waͤnden derſelben noch verhaͤrtetes Zellgewebe, oder krankhafte Gefaͤße ſich vorfinden; auch dieſe muͤſſen dann hin- weggenommen werden, und nun erſt ſchreitet man zum Schluß der Wunde. In Faͤllen, wo es moͤglich war, den Grund derſelben von allem Krankhaften zu reinigen, und keine Un- terbindung von Gefaͤßen noͤthig war, zieht man ſodann die Wunde durch Heftpflaſterſtreifen zuſammen, bewirkt durch das Mittel einer ſtarken Compreſſe und umgelegte Binden das Andruͤcken der Haut an den Grund der Wunde, und ſucht ſo die ſchnelle Vereinigung zu bewerkſtelligen; außerdem wird es noͤthig, die Wunde mit Charpie anzufuͤlleu und die Hei- lung durch Eiterung zu Stande zu bringen. §. 598. Iſt nun aber der Skirrhus irgend von betraͤchtlichem Umfange, ſo thut man auf jeden Fall beſſer, ſogleich die ganze Bruſt hinwegzunehmen, *) welches dann noch unerlaß- licher wird, wenn bereits Krebs eingetreten iſt, oder wenig- ſtens die Bruſt in ihrem ganzen Umfange verhaͤrtet iſt, ja zuweilen muͤſſen hierbey ſogar, wenn gleichzeitig ſchon eine oder mehrere Achſeldruͤſen verhaͤrtet ſind (ein Fall, in welchem freylich zuweilen das Uebel ſchon allzuſehr uͤberhand genom- men hat und mitunter die Operation gar nicht mehr erlaubt), auch dieſe mit hinweggenommen werden; obwohl man auch berechtigt iſt, da, wo etwa dieſe Achſeldruͤſen ſehr tief lie- gen und die Operation derſelben deßhalb ſehr gefaͤhrlich er- ſcheint, zuvoͤrderſt die Ausrottung der Bruſt allein zu unter- nehmen, und unter allgemeiner zweckmaͤßiger Behandlung dann abzuwarten, ob vielleicht die mitunter (wie durch einige von Richter angefuͤhrte Faͤlle erwieſen wird) nur conſenſuell angeſchwollenen Druͤſen ſich von ſelbſt zertheilen, dahingegen *) Richter (Anfangsgr. d. Wundarznk. 4r Bd. S. 416.) macht es ſogar wahrſcheinlich, daß der Schmerz hierbey nicht viel groͤßer ſey, als bey bloßer Exſtirpation. Ueberhaupt verdient hieruͤber die ganze treffliche Abbandlung Richters a. a. O. nachgeleſen zu werden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/458
Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 438. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/458>, abgerufen am 21.11.2024.